Sandra die Detektivin in Jeans
doch nicht so, als ob er dir leid täte. Er hat dich doch rausgeekelt... Hallo?“
Anscheinend hatte sich Frau Siegmund vom Privatapparat aus eingeschaltet. Ingo legte den Hörer auf.
„Ich finde es schlimm, das mit deinem Vater“, sagte Sandra.
„Er ist nicht mein Vater, sondern der zweite Mann meiner Mutter. Und was ich für ihn empfinde, hast du ja gerade gehört“, erwiderte Ingo.
„Das verstehe ich nicht. Ich meine, daß er euch nicht leid tut. Hat er euch schikaniert?“ fragte Sandra.
„Ich mag ihn nicht“, erwiderte Ingo kurz angebunden und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
„Ja, aber warum?“ begann Sandra.
Doch Ingo unterbrach sie. „Komm, Mädchen! Ich habe keine Lust, mich über den Siegmund zu unterhalten.“ Er musterte Sandra. „Wie alt bist du?“
„Vier... Fünfzehn. Was soll ich jetzt machen?“
Ingo überging ihre Frage. „Hast du einen Freund?“
Sandra zog heftig die Luft ein. Der Junge ging ja ran! „Vielleicht?“ meinte sie achselzuckend.
Ingo lachte. „Also: ja! Aber vielleicht brauchst du mal Abwechslung? Gib die Suppentassen rüber.“ Er musterte Sandra, die sich nach dem Geschirr in einem der oberen Regale reckte, und pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Nicht die blauen, die weißen sind für die Fleischbrühe. Na, wie steht‚s damit?“ fragte er, auf sein Angebot zurückkommend.
„Wenn‚s soweit ist, lasse ich es dich wissen“, erwiderte Sandra hochmütig.
„Wo bleibt die Brühe?“ reklamierte Maria lautstark an der Durchreiche.
„Kommt! Reg dich ab!“ schnauzte ihr Bruder zurück.
Sandra lief zu den Brotkörbchen.
Ingo brachte das Tablett mit der Fleischbrühe.
Sie trafen sich an der Durchreiche und prallten fast aufeinander.
Sandra versuchte Ingo auszuweichen. Doch er kam ihr zuvor und drückte Sandra mit seinem Körper gegen die Ablage der Durchreiche.
Sandra wurde steif vor Abwehr und heiß vor Empörung.
Die Rückkehr von Frau Siegmund, die im selben Moment die Tür öffnete, veranlaßte Ingo, von Sandra abzulassen.
„Los, los!“ drängte die Wirtin. „Wir müssen das Essen aufstellen! Ingo, übernimm den Tresen. Maria schafft das nicht allein.“
„Ich habe noch nicht gefrühstückt“, protestierte Ingo.
„Du kannst zwischendurch etwas essen“, bestimmte seine Mutter. Sie öffnete den Backofen und zog die Fleischpfanne heraus, um den Braten zu begießen.
Ingo drehte sich an der Tür um. „Wann kommt Tante Martha?“
„Überhaupt nicht. Gerd wäre es nicht recht. Und ich will es auch nicht.“
„Und wer soll die Arbeit machen?“ fragte Ingo empört.
„Du und Maria. Ihr wart doch sonst immer der Meinung, wir kämen ohne Gerd gut zurecht“, erwiderte seine Mutter, und ihre Stimme klang bitter.
„Aber damals war Tante Martha da.“
„Tante Martha half mir in der Küche, und für die bin ich verantwortlich. Im Lokal beschäftigten wir einen teuren Lohnkellner, bis Gerd kam, und den werdet ihr jetzt ersetzen.“ Frau Siegmund klappte die Backofentür zu und erhob sich. „Komm, Sandra, ich zeige dir, wo die Kartoffeln lagern“, sagte sie und öffnete die Tür zum Flur.
Sandra fand, daß sie an diesem ersten Morgen schon eine ganze Menge erfahren hatte. Es waren ihrer Meinung nach wichtige Einzelheiten, die darauf hindeuteten, daß Gerd Siegmund mehr Feinde hatte, als die Kriminalpolizei ahnte.
Doch leider blieb es vorerst dabei, denn Sandra erhielt keine Gelegenheit, sich mit den Gästen im Lokal zu unterhalten.
Sandras Arbeitsbereiche waren die Küche und die Privaträume. Und hier war sie so ausgelastet und beschäftigt, daß sie kaum Zeit zum Verschnaufen fand.
In der Küche unterstützte sie Frau Siegmund beim Anrichten der Bestellungen. Sie schälte Kartoffeln, putzte Gemüse, spülte Töpfe und füllte und leerte die Geschirrspülmaschine. In den Privaträumen half sie Frau Siegmund beim Bettenmachen, räumte auf und wischte Staub.
Die groben Putzarbeiten erledigte eine Stundenhilfe täglich von sechs bis acht Uhr früh.
Sandras Arbeitszeit endete um 15 Uhr.
Frau Siegmund schlug zunächst vor, daß Sandra um 9 Uhr morgens anfangen, um 14 Uhr nach Hause gehen, und nach einer Pause von drei Stunden erneut von 17 - 20 Uhr für die Zubereitung des Abendessens zur Verfügung stehen sollte. Das war auch die Diensteinteilung von Tante Martha und später von Therese gewesen.
Doch das gefiel Sandra nicht.
Sie dürfe abends nicht arbeiten, und ihre Mutter sei vor allem dagegen, daß Sandra sich so spät
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