Sanft kommt der Tod
Redaktionsassistentin in diesem Verlag, kann also von Glück reden, dass man mir einen Schreibtisch überlassen hat. Worum geht's?«
Eve wandte sich an die Frau am Empfang. »Ich brauche einen Raum. Ein Büro, ein Konferenzzimmer, einen Pausenraum, was immer. Nur will ich ihn jetzt sofort.«
»Natürlich, selbstverständlich. Das Konferenzzimmer ist augenblicklich nicht belegt. Sie können ...«
»Fein.« Eve blickte wieder auf Lissette. »Lassen Sie uns gehen.«
»Würden Sie mir vielleicht endlich sagen, was Sie von mir wollen? Ich habe einen Termin mit meiner Chefin, und zwar ... oh Gott, in zehn Minuten. Sie hasst es, wenn man nicht pünktlich ist. Falls Sie sich einbilden, Sie könnten einem kleinen Licht wie mir eine Story andrehen, vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
Sie bahnte sich einen Weg durch ein Labyrinth aus Schreibtischen und schmalen Gängen, an Büros mit winzig kleinen Fenstern und Eckräumen mit Aussichten, für die man einen Mord begehen würde, vorbei.
»Hören Sie, ich hätte nicht so über Sergeant Kowoski reden sollen. Vielleicht war die Musik wirklich ein bisschen zu laut. Mein Mann und ich haben rumgealbert und getan, als wären wir in einem heißen Club. Vielleicht waren wir ein bisschen angetrunken und deshalb etwas zu laut. Ich hoffe, dass es deshalb keinen Ärger gibt.«
Der Konferenzraum war mit einem großen Tisch, zwölf Stühlen, langen Tresen an den beiden Seitenwänden sowie zwei großen Bildschirmen an den Tischenden bestückt.
»Können wir vielleicht schnell machen? Ich möchte wirklich nicht zu spät zu meinem Termin kommen.« »Bitte setzen Sie sich.«
»Das ist einfach lächerlich.« Sie atmete hörbar aus, ließ sich auf einen der Stühle fallen, sprang dann aber sofort wieder auf und bedachte Eve mit einem alarmierten Blick. »Oh, Gott. Ist etwas mit meiner Mutter? Hatte sie einen Unfall? Ist Maman etwas passiert?«
»Nein.«
Wie sagte man jemandem, dass der Mensch, von dem er sicher annahm, dass er abends nach der Arbeit zu Hause auf ihn warten würde, weder heute noch an irgendeinem anderen Abend jemals wieder käme? Am besten sagte man es schnell und sprach nicht lange drum herum.
»Mrs Foster, es geht um Ihren Mann.«
»Um Craig? Er ist noch in der Schule.«
»Es tut mir leid, aber Ihr Mann ist tot.«
»Wie können Sie so etwas Schreckliches behaupten? Das ist schrecklich und gemein. Ich möchte, dass Sie gehen. Ich werde die Polizei verständigen - die richtige Polizei - und Sie verhaften lassen.«
»Mrs Foster, meine Partnerin und ich sind die richtige Polizei, und wir sind wegen des Todes Ihres Mannes hier. Er ist heute gegen zwölf Uhr dreißig gestorben.«
»Natürlich nicht. Das ist er nicht. Zu der Zeit war er in der Schule. Da hat er seine Mittagspause, und er hat mir kurz nach zwölf noch eine Mail geschickt. Er ist in der Schule, montags um diese Zeit ist er bei einer Besprechung seiner Fakultät. Es geht ihm gut.«
Sie fing an zu keuchen, und noch während sie mit einer Hand nach der Tischplatte tastete, weil ihre Beine ihren Dienst versagten, wich ihr alle Farbe aus dem Gesicht.
»Sie sollten sich setzen, Mrs Foster«, riet Peabody ihr sanft. »Es tut uns wirklich leid.«
»Nein. Nein. Gab es einen Anschlag? Gab es einen Anschlag auf die Schule? Oh, mein Gott. Ist er verletzt? Ist Craig verletzt?«
»Er ist tot«, erklärte Eve ihr tonlos. »Es tut mir furchtbar leid.«
»Aber er ... aber er ... vielleicht irren Sie sich ja. Sie müssen sich ganz einfach irren. Am besten rufe ich ihn an. Dann werden Sie ja sehen. Ja, am besten rufe ich ihn an. Nur, dass er in seiner montäglichen Teambesprechung ist. Da ist sein Handy immer aus.« Sie stieß sich von der Tischplatte ab und richtete sich schwankend auf. »Also fahren wir einfach hin. Fahren in die Schule und zu Craig. Ich brauche meinen Mantel. Ich hole nur schnell meinen Mantel.«
Sie sah sich suchend um. »Ich bin einfach dumm. Während eines Moments wusste ich nicht mehr, wo ich bin. Ich brauche ... was ist?«
»Setzen Sie sich, Mrs Foster.«
»Nein, wir müssen los. Zur Schule. Wir müssen ...« Sie zuckte zusammen, denn im selben Augenblick klopfte es an der Tür, und eine rot gekleidete Blondine kam herein.
»Ich würde gern erfahren, was hier vor sich geht. Lissette?«
»Elizabeth.« Lissette hatte den trüben Blick der Schlafwandler ... und Hinterbliebenen. »Komme ich zu spät zu der Besprechung?«
»Peabody.« Eve nickte in Richtung von Lissette und ging auf die Blondine zu.
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