Sanft kommt der Tod
»Wer sind Sie?«
»Ich bin Elizabeth Blackburn, und wer, zum Teufel, sind Sie?«
»Lieutenant Dallas von der New Yorker Polizei. Ich habe Mrs Foster soeben über den Tod von ihrem Ehemann informiert.«
»Er ist ... was? Craig. Oh, grundgütiger Jesus. Lissy.«
Vielleicht war es die Verwendung ihres Kosenamens oder die Trauer, die in der Stimme ihrer Chefin lag, aber Lissette glitt einfach zu Boden, und Elizabeth lief eilig durch den Raum, kniete sich neben sie und nahm sie in den Arm.
»Craig. Mein Craig.«
»Es tut mir leid. Lissy, Lissy, es tut mir furchtbar leid. Hatte er einen Unfall?«, fragte sie Eve.
»Wir müssen mit Mrs Foster über die Todesumstände sprechen.«
»In Ordnung, in Ordnung. Mein Büro liegt hinten rechts, am Ende des Korridors. Ich werde sie zu Ihnen bringen, sobald sie wieder laufen kann. Aber, um Gottes willen, sie braucht ein paar Minuten Zeit. Warten Sie einfach in meinem Büro.«
Sie ließen Lissette in den Armen ihrer Chefin in dem Konferenzzimmer zurück und ernteten eine Reihe neugieriger Blicke aus den anderen Büros, niemand aber sagte einen Ton, bis Eve durch die Tür des Eckbüros am Ende des Ganges trat.
In diesem Augenblick kam eine junge, brünette Frau wie ein Springteufel auf sie zugeschossen und kreischte beinahe hysterisch: »Entschuldigung! Das ist Ms Blackburns Büro.«
»Wo wir auf sie warten sollen.« Zum dritten Mal zog Eve ihre Dienstmarke hervor. »Fahren Sie also ruhig mit Ihrer Arbeit fort.«
In Elizabeths Büro gab es einen hochmodernen Arbeitsplatz, ein bequemes Sofa, zwei hübsch geformte Stühle und ein wahrhaft beeindruckendes Blumenarrangement auf dem kleinen Tisch, der vor dem nach Süden zeigenden Fenster stand.
»Falls sie diese Reaktion gespielt hat«, setzte Peabody mit nachdenklicher Stimme an, »dann hat sie echt Talent.«
»Das ist gar nicht so schwer, wenn man lange genug übt. Aber ja, ihre Bestürzung wirkte echt. Gehen Sie los, bevor die beiden kommen, und suchen jemanden, der Ihnen ihren Schreibtisch zeigt. Ich will wissen, was sie dort alles hat.«
»Bin schon unterwegs.«
Auf dem Weg zum Fenster blieb Eve vor dem Schreibtisch stehen, sah ihn sich genauer an und entdeckte ein gerahmtes Foto von einem heranwachsenden Mädchen, einen Monitor, auf dem irgendein Schriftstück aufgerufen worden war, einen zu einer Pyramide aufgetürmten Haufen Memo-Würfel sowie eine Akte, die, als sie sie aufschlug, die künstlerische Vorlage für ein Disketten-Cover enthielt.
Hinter den großen Fenstern fielen noch immer dünne, nasse Schneeflocken auf die Straßen der Stadt. Ein Luftbus mit einer Handvoll unglücklicher Passagiere rumpelte an ihr vorbei.
Sie persönlich quälte sich lieber durch den elenden Verkehr auf den rutschigen Straßen, dachte sie und drehte sich um, als Peabody wieder den Raum betrat.
»Nicht viel, aber für mehr hätte sie auch keinen Platz. Akten, Memos, Notizen zu aktuellen Projekten. Außerdem ein Hochzeitsfoto von sich und dem Opfer in einem wirklich hübschen Rahmen. Wette, das war ein Hochzeitsgeschenk. Ein paar Schnappschüsse von ihm oder ihnen beiden an der Wand über dem Schreibtisch. Oh, und ein kleiner Stapel Anzeigen und Bilder aus Einrichtungszeitschriften. Das dürfte es so ungefähr gewesen sein.«
»Okay. Wir geben ihr noch eine Minute, dann kehren wir in das Konferenzzimmer zurück. Danach geht's noch kurz in die Pathologie. Ich will wissen, was Craig Foster genau getötet hat.«
Sie brauchten nicht zurückzugehen, denn ein paar Sekunden später kam Lissette, schwer auf Elizabeth gestützt, herein.
»Setz dich«, wies Elizabeth sie an. »Ich setze mich neben dich. Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel eingeflößt«, sagte sie zu Eve und reckte, ehe Eve auch nur den Mund aufmachen konnte, herausfordernd das Kinn. »Und denken Sie am besten nicht mal dran, mir deshalb Vorhaltungen zu machen. Sie hat etwas gebraucht. Es war ein leichtes Mittel, weshalb sie auch weiter mit Ihnen sprechen kann.«
»Sind Sie ihre Chefin oder ihre Anwältin?«
»Ich übernehme die Funktion, in der sie mich augenblicklich braucht.«
»Sind Sie sich ganz sicher?« Lissettes Stimme klang rau und enthielt den grauenhaften Schmerz, der mit der schwindenden Hoffnung verbunden war. »Sind Sie sich völlig sicher, dass ein Irrtum ausgeschlossen ist? Dass wirklich Craig der Tote ist?«
Peabody, die ihre Stärken kannte, trat entschlossen vor die Couch, auf der Lissette neben ihrer Chefin saß. »Es tut mir sehr leid. Aber wir
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