Sanft kommt der Tod
ins Krankenhaus.«
»Es ist nicht Ihre Schuld«, wandte Mira sich an Eve, die einen U-Turn machte und dorthin zurückraste, woher sie gekommen war. »Falls diese Frau die Vorstellung, dass ihre Tochter gemordet hat, nicht mehr ertragen konnte und deswegen nicht mehr leben wollte, ist das eindeutig nicht Ihre Schuld.«
»Dass ich nicht damit gerechnet habe, dass das Kind sogar die eigene Mutter töten würde, ist ganz sicher meine Schuld. Falls Allika Straffo eine Handvoll Schlaftabletten intus hat, dann, weil dieses kleine Monsterkind sie ihr gegeben hat. Gottverdammt.«
Abermals trat sie das Gaspedal bis auf den Boden durch. »Wenn sie sich hätte umbringen wollen, hätte sie einen Abschiedsbrief geschrieben. Sie hätte ihr Kind beschützen wollen und einen Brief geschrieben, in dem sie die Morde auf sich nimmt. Denn wenn sie einfach aufgegeben hätte, wenn sie es nicht mehr ertragen hätte, hätte sie das Kind doch nicht vorher heimgerufen, damit es mit ansieht, wie die eigene Mutter stirbt.«
»Also ist Rayleen anscheinend klar geworden, dass Allika alles weiß und ihr deswegen gefährlich werden könnte. Durch die Überdosis Schlaftabletten war diese Gefahr gebannt. Ihre eigene Mutter.« Mira schüttelte den Kopf.
»Sie hat auch ihren kleinen Bruder, der einen Schlafanzug mit Füßen anhatte, am Weihnachtsmorgen die Treppe runtergeschubst. Da ist es nicht allzu weit hergeholt, dass sie ihrer eigenen Mom eine tödliche Dosis Pillen verpasst.«
»Was, falls Allika Straffo stirbt, vielleicht nie bewiesen werden kann. Und selbst wenn sie überlebt, sagt sie vielleicht nicht gegen die eigene Tochter aus.«
»Darauf verlässt sich sicher auch Rayleen. Nur, dass es so nicht laufen wird.«
Eve marschierte in das Chaos und das Elend der Parksider Ambulanz und sah sich zwischen den geschundenen, den blutenden und den gebrochenen Menschen um. Dann schnappte sie sich eine vorbeieilende Schwester und hielt ihr, um das Verfahren abzukürzen, ihre Dienstmarke vor das Gesicht. »Allika Straffo, Überdosis. Wo?«
»Behandlungszimmer drei. Aber auch mit Dienstmarke können Sie da jetzt nicht rein. Dr. Dimatto hat auch so schon alle Hände voll damit zu tun, ihr Leben zu retten, ohne dass sie jemand bei der Arbeit stört.«
Louise Dimatto, dachte Eve. Manchmal machten Freundschaften sich tatsächlich bezahlt.
»Aber Sie können dort rein. Also gehen Sie rein und sagen Louise, dass Dallas wissen muss, wie es der Patientin geht. Und wo ist das Kind? Die kleine Straffo?«
»Sie sitzt mit ihrer Kinderfrau im Warteraum. Der Vater wurde verständigt und ist unterwegs. Sie kennen Doktor D?«
»Ja, schon eine ganze Weile. Wo finde ich den Warteraum?«
»Kommen Sie mit.«
Als Bekannte von Louise wurden Eve Und Mira direkt zum Behandlungsraum geführt. In einer gegenüber einer doppelten Schwingtür gelegenen Nische kauerte Rayleen im Arm ihres Au-pairs.
Sie hatte rote, geschwollene Augen und ein vom Weinen fleckiges Gesicht. Gratuliere, dachte Eve. Die Theatergruppe hat sich tatsächlich gelohnt.
Cora entdeckte Eve zuerst, sofort stiegen ihr Tränen in die Augen und sie schluchzte: »Lieutenant Dallas. Es ... es geht um die gnädige Frau.«
Eve aber hatte nur Augen für Rayleen. Das Mädchen erstarrte und schmiegte sich noch enger an die Kinderfrau. Mich hast du hier nicht erwartet, stimmt's?
»Ich will nicht mit ihr reden. Ich will mit niemandem reden. Ich will nur meine Mami.«
»Ganz ruhig, Schätzchen. Mach dir keine Sorgen. Der Lieutenant ist nur hier, weil er versucht, zu helfen. Alle sind hier, um deiner Mom zu helfen. Keine Angst.«
Eve sah Mira an, und diese machte einen Schritt nach vorn.
»Rayleen, ich bin Dr. Mira. Ich weiß, du bist völlig durcheinander und hast vor allem große Angst.«
Rayleen schniefte, hob den Kopf und sah Mira an. »Sind Sie eine Ärztin? Werden Sie meine Mutter wieder gesund machen?« »Ja. Ich bin Ärztin, und ich kenne auch die Ärztin, die gerade deiner Mutter hilft. Sie ist sehr, sehr gut.« Mira ging vor der Kleinen in die Hocke und bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick.
Gut, fand Eve. Mira machte ihre Sache wirklich gut. Sie stellte sich nicht auf ihre Seite, sondern kehrte die einfühlsame, mütterliche Ärztin heraus. Während sie sich mit dem Mädchen unterhielt, sah Eve durch die Scheibe in der Tür des Behandlungsraums.
Drinnen sah es so aus, als pumpten sie etwas aus Allika heraus und anderes in sie hinein. Louise trug einen Kittel, hatte sich die blonden
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