Sanft kommt der Tod
die aussahen, als wären sie die Eltern des winzigen Flügelwesens, das aus ihrer linken Augenbraue herauszuflattern schien.
Irgendwie beruhigend.
»Sie müssen unbedingt den Produzenten, den Regisseur und den technischen Leiter kennen lernen, und dann gehen wir direkt in Ihre Garderobe. Ich kann Ihnen alles besorgen, was Sie wollen. Ich stehe Ihnen während der gesamten Sendung zu Diensten und kann Ihnen alles holen, was Sie wollen - Kaffee, Tee, Wasser, Limo oder irgendeinen Saft. Nadine sagt, Sie fahren auf Kaffee ab. Jetzt schauen wir ganz kurz beim Regisseur herein.«
»Ich will aber nicht...«
Ehe sie den Satz jedoch beenden konnte, wurde sie bereits durch die Tür eines Büros geschubst und jemand drückte ihr die Hand, bevor es gleich weiter ins Nebenzimmer ging, wo sie noch einmal die Hand gedrückt bekam.
Es herrschte eine derartige Hektik, dass sie davon Kopfschmerzen bekam.
Dann schleifte Mercy sie hechelnd wie ein Zwergspitz auf Zeus weiter in die Garderobe, wo ein hell erleuchteter Spiegel über einem endlos langen Tresen hing, auf dem eine schwindelerregende Ansammlung von Töpfen, Tiegeln, Bürsten und seltsamen Geräten lag, die wie bösartige Folterwerkzeuge aussahen.
Aber noch schlimmer als der Gedanke, dass Job und Freundschaft sie dazu zwangen, im Fernsehen aufzutreten, noch schlimmer als Mercys Quasselei, noch schlimmer als das Wissen, dass die Töpfe und die Tiegel und die Folterinstrumente extra für sie dort lagen, war die Frau, die grinsend hinter einem schwarzen Stuhl mit einer hohen Rückenlehne stand.
»Oh, heilige Mutter Gottes.«
»Sie beide kennen sich, nicht wahr?«, plapperte Mercy unbekümmert weiter. »Trina, ich überlasse Lieutenant Dallas jetzt Ihren magischen Händen und hole ihr eine Tasse Kaffee. Nadine hat extra eine ganz spezielle Mischung für ihren Gast bestellt. Möchten Sie auch etwas?«
Trina, deren Haare einen schwarz-weißen Turm auf ihrem Schädel bildeten und deren Augen in einem überirdischen Grün erstrahlten, riss einen leuchtend blauen
Umhang von einem Haken an der Wand. »Ein Glas Wasser wäre gut. Ohne Kohlensäure.«
»Bin sofort wieder da!«
»Sie sehen wie Hundescheiße aus«, wandte Trina sich an Eve.
»Das Ganze ist einfach ein Albtraum. Am besten, ich kneife mir selber ins Gesicht, bis ich aufwache.«
»Sie haben auch so schon derart schwarze Ringe unter den Augen, als hätten Sie gerade eine wilde Prügelei gehabt. Aber das kriege ich problemlos hin.«
»Warum sind Sie hier? Warum ausgerechnet Sie?«
»Erstens, weil ich die Beste bin und weil Nadine das weiß und immer die Besten kriegen kann. Zweitens wegen Ihnen. Schließlich hat mich Nadine erst bei Ihnen kennen lernt.«
Trina schnalzte mit dem Umhang wie ein Matador mit seinem roten Tuch. »Aber sie ist wirklich nett.«
»Dann habe ich mir dieses Unglück also selber zuzuschreiben.«
»Sie haben wirklich Glück, dass ich hier bin. Weil ich, wie gesagt, die Beste bin und weil ich Sie kenne und anders als die meisten anderen dafür sorgen kann, dass Sie wie Sie selbst aussehen.«
»Ich sehe doch schon wie ich selber aus.«
»Nein, Sie sehen wie Hundescheiße aus. Aber irgendwo da drunter sind Sie selbst, und ich weiß, wie ich Sie finden kann. Außerdem muss ich Sie wegen der Kameras ein bisschen anmalen, aber wenn ich das mache, werden Sie nicht aussehen wie eine Straßendirne auf Kundenfang.«
Es gab nur eine Handvoll Menschen, vor denen Eve sich fürchtete. Trina gehörte eindeutig dazu. Als wäre ihr das klar, klopfte Trina grinsend auf die Rücklehne des Stuhls.
»Setzen Sie sich. Bevor Sie sich versehen, werden wir schon fertig sein.«
»Vergessen Sie nicht, dass ich bewaffnet bin.« Trotzdem nahm sie Platz. Denn sie hatte schließlich keine andere Wahl.
»Also, warum sehen Sie nicht so aus, als wären Sie gerade aus dem Urlaub zurückgekommen? Mavis hat erzählt, Sie und Roarke hätten ein paar Tage am Strand verbracht.« Sie fuhr mit den Fingern durch Eves Haar und runzelte die Stirn. »Die muss ich ein bisschen nachschneiden.«
»Gott. Oh Gott.«
Trina legte Eve einfach den Umhang um. »Und warum haben Sie Mavis und das süße Baby noch nicht wieder besucht, seit Sie aus dem Urlaub zurückgekommen sind?«
Das Gute an dem Umhang war, dass sie die Hände ringen konnte, ohne dass es jemand sah. »Ich hatte keine Zeit.«
»Ihre beste und älteste Freundin hat ein Kind bekommen.« Trina beugte ihren Kopf neben das Gesicht von Eve und blitzte sie böse im Spiegel an.
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