Sanft kommt der Tod
»Und ich musste sie beinahe fesseln, damit sie nicht heute Abend hierher zum Sender kommt. Weil es einfach zu kalt ist, um mit einem Baby unterwegs zu sein. Also nehmen Sie sich gefälligst die Zeit, um sie zu besuchen, ja?«
»Also gut. Okay.«
»Ich schwöre Ihnen, Belle ist das süßeste Baby aller Zeiten.« Trina richtete sich wieder auf, drückte ihre Daumen in Eves Nacken, glitt hinab auf ihre Schultern und stellte missbilligend fest: »Sie sind wieder mal total verspannt. «
Eve machte einfach die Augen zu.
Sie hörte, dass Mercy - hechel, hechel, hechel - wiederkam und gleich wieder verschwand. Hörte leises Schnipsen und Summen, während Trina irgendwas mit ihren Haaren machte, und zuckte zusammen, als die Rücklehne des Stuhls plötzlich nach hinten wegkippte.
»Entspannen Sie sich, okay? Wenn Sie nachher nicht gut aussehen, stehe ich nämlich auch nicht gut da.«
»Das wäre natürlich schlimm.« Wieder machte Eve die Augen zu. Es war nur ein einziger Abend, erinnerte sie sich, und den würde sie ganz sicher überstehen. Verglichen mit ihrem gesamten Leben war er vollkommen bedeutungslos.
Trina drückte sanft an ihrem Kiefer, ihren Schläfen, ihrem Nacken, ihrer Schulterpartie herum, bis Eve dank der sanften Akupressur und weil sie einfach hundemüde war, in einem kurzen Schlaf versank.
Dann wurde sie von leisen Stimmen sowie einem leichten Kribbeln im Gesicht wieder geweckt.
Sie konnte riechen, dass er in der Nähe war. Ehe ihr Kopf klar genug war, um den Klang und Rhythmus seiner Stimme zu erkennen, roch sie ihn bereits.
»Gleich bin ich fertig«, erklärte Trina ihm. »Ihre Klamotten sind okay - ich nehme also an, Sie haben sie ausgesucht -, aber ich sehe mir trotzdem noch die anderen Sachen an, die Sie mitgebracht haben. Vielleicht ist ja noch was Besseres dabei.«
»Ich ziehe mich bestimmt nicht um«, murmelte Eve.
»Sie ist wieder wach.« Trina richtete die Rückenlehne wieder auf und drehte den Stuhl um hundertachtzig Grad, sodass Eve statt in den Spiegel in Roarkes Augen sah.
»Morgen«, sagte er, nahm ihre Hand und strich mit seinem Daumen über ihren Handrücken. »Du wirkst erstaunlich ausgeruht.«
»Ich bewirke täglich irgendwelche Wunder«, verkündete Trina stolz. »Warten Sie, ich bürste nur noch schnell ihr Haar.« Sie schien zu bemerken, dass zwischen den beiden irgendetwas nicht in Ordnung war, denn nach einem kurzen Augenblick legte sie ihr Werkzeug aus der Hand. »Wissen Sie, das machen wir besser direkt vor Beginn der Sendung. Ich muss mich noch um ein paar andere Dinge kümmern und Nadine zurechtmachen. Gehen Sie einfach in den grünen Raum, er ist direkt auf der anderen Seite des Ganges rechts. Er ist wirklich hübsch.«
Sie nahm Eve den Umhang ab. »Wollen Sie noch einmal in den Spiegel sehen, bevor Sie gehen?«
Eve stand auf und blickte auf ihr Spiegelbild. Wie Trina ihr versprochen hatte, sah sie wie sie selber aus. Vielleicht ein bisschen aufgebrezelt, dachte sie, denn sowohl ihre Augen als auch ihre Lippen wiesen ungewohnte Farbe auf, aber wenigstens erkannte sie sich noch. Die Hundescheiße hatte Trina wirklich gut versteckt.
»Okay«, erklärte sie.
»Okay?« Trina stieß ein empörtes Schnauben aus. »Jetzt sehen Sie so aus, als ob Sie Urlaub gemacht hätten. Machen Sie ja keine Flecken auf die Jacke, denn ich glaube, sie wollen, dass Sie sie während der Sendung anbehalten.«
»Ich werde darauf achten, dass sie sich benimmt.« Wieder nahm Roarke Eves Hand und ging mit ihr in den grünen Raum hinüber, der in Wahrheit pfirsichfarben war.
Es gab einen riesengroßen Bildschirm an der Wand, auf dem das Programm des Senders lief, breite Sofas und bequeme Sessel in einem beruhigenden Meergrün sowie einen breiten Tresen, auf dem ein Tablett mit Obst, Käse und Crackern stand.
»Ich habe nicht erwartet, dass du kommst.«
Er zog eine Braue hoch. »Natürlich bin ich gekommen. Schließlich ist dies ein besonderer Abend.«
»Und du hast mir auch noch frische Kleider mitgebracht für den Fall, dass ich die Sachen verhunzt habe, mit denen ich aus dem Haus gegangen bin.«
»Das gehört zum Service dazu.«
»Ich dachte, dass du sauer auf mich bist.«
»Und ich dachte, du wärst sauer auf mich.« Jetzt nahm er ihre Hand und hob sie an seinen Mund. »Warum vergessen wir die Sache nicht einfach? Ich habe fast den ganzen Tag gegrübelt und bin es einfach leid.«
»Ich dachte, du hättest mir erzählt, dass die Iren gerne grübeln.«
»Oh, wir lieben es. Wir
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