Sanft sollst du brennen
sie sich zurück und atmete tief durch.
Dylan blickte die Straße auf und ab. Passanten waren vor dem Regen unter Vordächer und in Hauseingänge geflüchtet. Zwei Pick-ups fuhren vorbei, aber die Fahrer blickten nicht in ihre Richtung. Für den Augenblick waren sie in Sicherheit.
Ein Streifenwagen fuhr vorbei und bog um die Ecke. Vor Smith & Wesson hielt er an.
Dylan startete den Motor. »Okay, lass uns losfahren.«
Kate achtete zuerst nicht darauf, wohin er fuhr, aber dann stellte sie fest, dass er nicht zum Highway abgebogen war. Als sie ihn darauf hinwies, nickte er nur.
Es kam ihr so vor, als ob er an jeder Ecke rechts oder links abbiegen würde. Bald schon verlor sie die Orientierung.
»Wohin fährst du?«
»Im Moment nirgendwohin. Ich vergewissere mich nur, dass uns niemand folgt.«
Rasch drehte sie sich um und blickte durch das Rückfenster. »Ich sehe niemanden.«
»Ich auch nicht.«
»Warum machst du dann …«
»Ich bin nur vorsichtig.«
Der Regen ließ bereits nach. Dylan hielt auf einem Parkplatz, der neben einem Baseballfeld lag. Die Sonne kam durch, und es wurde heiß und feucht. Dampf stieg vom Asphalt auf.
Dylan schnallte sich ab und lockerte seine Krawatte. Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus.
Kate wartete einen Moment. Dann sagte sie: »Dylan? Weißt du noch, dass ich zu dir gesagt habe, ich wüsste niemanden, der mich umbringen wollte?«
Er lächelte leise. »Ja, daran kann ich mich erinnern.«
»Ich glaube, jetzt könnte ich dir ein paar Namen verraten.«
26
Kate verstand es, immer die richtigen Worte im richtigen Augenblick zu finden. Und mit ihrem Lächeln durchbrach sie die Anspannung.
Dylan wusste, dass sie Angst haben musste. Sie war bereits durch die Hölle gegangen, weil jemand versucht hatte, sie zu töten, aber trotzdem ließ sie sich nicht unterkriegen. Sie war eine erstaunliche Frau.
Und er war ein hoffnungsloser Fall.
Ihr Onkel hatte Kate in eine sehr gefährliche Lage gebracht. Wissentlich oder unwissentlich hatte Compton MacKenna seinen Neffen mehr als achtzig Millionen Gründe geliefert, sich ihrer zu entledigen.
Allein der Gedanke, dass ihr jemand etwas antun könnte, machte ihn wütend. Und besorgt. Das war nicht gut. Überhaupt nicht gut. Er war mittlerweile in die ganze Sache gefühlsmäßig tief verstrickt. Fühlte sich viel zu sehr zu ihr hingezogen.
Kate musterte Dylan von der Seite. Er blickte finster durch die Windschutzscheibe.
»Dylan?«, setzte sie an.
»Ich werde nicht zulassen, dass jemand dir etwas antut.« Seine Stimme bebte, und Kate schloss daraus, dass er Bestätigung brauchte.
»Glaubst du etwa, ich mache mir Sorgen, du könntest mich nicht ausreichend beschützen, weil du im Dienst angeschossen worden bist?«
Mann, sie kapierte aber auch gar nichts. Beinahe hätte er laut aufgelacht.
»Ja, klar, das ist meine Hauptsorge.«
»Ich kenne deine Fähigkeiten«, sagte sie. »Und ich weiß, wie hervorragend du bist. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen.«
»Das freut mich«, erwiderte er trocken.
»Ich stecke wirklich tief in der Tinte, was?«, fragte sie.
»Ja.« Er nickte.
»Was meinst du, wie lange das alles dauert?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Das wusste sie natürlich, aber es war wichtig, dass die Ungewissheit endlich ein Ende nahm. Vorher würde sie nichts zustande bringen, weder privat noch beruflich.
Plötzlich wurde ihr klar, wie dumm diese Gedanken waren. Am allerwichtigsten war es, dass sie am Leben blieb.
Dylan ergriff sein Handy und öffnete die Tür.
»Ich rufe Nate an. Anderson hat ihm die Namen der Verwandten übermittelt und sie überprüfen lassen. Mittlerweile müsste er eigentlich etwas wissen. Du bleibst, wo du bist.«
Er ließ den Motor an, damit die Klimaanlage funktionierte.
Nate hatte Dylans Anruf schon erwartet. Er nahm beim ersten Läuten ab und teilte Dylan rasch mit, was er über die Brüder herausgefunden hatte.
»Ich fange mal mit dem jüngsten an, Ewan«, sagte er. »Er ist Bodybuilder und hat ein sehr reizbares Temperament. Er musste insgesamt schon dreimal wegen Körperverletzung vor Gericht erscheinen. Vor einem Jahr ist ein Mann wegen ihm auf der Intensivstation gelandet, einem anderen hat er den Kiefer zertrümmert, und einen Barkeeper schlug er zusammen, weil er ihn unterbrochen hatte. Seine Anwälte haben sich ganz schön anstrengen müssen, um ihn vor dem Gefängnis zu bewahren, und er schuldet ihnen größere Summen. Vor zwei Jahren wollte er mit ein paar Investoren
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