Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
um dem Kerl die Meinung zu sagen und Angaben zu seiner Versicherung zu verlangen, wurde sie mit Waffengewalt entführt, verschwand und wurde erst viel später wieder gefunden, vergewaltigt oder tot.
Keine Panik!
Jenna biss die Zähne zusammen.
Sie dachte an den anonymen Brief, an das Gefühl, beobachtet zu werden, das sich nicht abschütteln ließ, an den entsetzlichen Leichenfund in den Bergen und an die Frau aus der Stadt, die noch immer vermisst wurde.
Hör auf. Das da ist bloß ein blöder Halbwüchsiger – wahrscheinlich Josh mit den Widerlingen, die er seine Freunde nennt.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sah noch einmal in den Rückspiegel. Angst pulsierte in ihrem Blut. Halte durch. Sei schlau.
Doch der Kerl ließ nicht locker.
Sie gab Gas.
Er blieb hinter ihr.
Bäume und Wegweiser flogen vorbei.
Sie drosselte das Tempo.
Spürte einen Ruck.
Es ging ihr durch Mark und Bein.
»Nein!« Sie umklammerte das Steuer, aber der Jeep geriet bereits ins Schleudern.
O Gott!
Noch ein Auto, aus der entgegengesetzten Richtung. Jenna betätigte wie wild die Lichthupe, doch das entgegenkommende Fahrzeug fuhr vorbei. Wohin konnte sie sich wenden? Ganz gleich, wo sie abbog, er konnte ihr doch folgen. Nein, sie durfte nicht anhalten.
Rumms!
Er hatte sie wieder von hinten gerammt. Diesmal heftiger.
»Scheißkerl«, fluchte sie, als der Jeep sich zu drehen begann. Sie trat auf die Bremse, lenkte in die Schleuderbewegung und spürte, wie die Reifen wieder griffen. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen.
Denk nach, Jenna, denk nach. Willst du den Kerl, der dich hier verfolgt, zu dir nach Hause führen?
Das Büro des Sheriffs lag in der entgegengesetzten Richtung, und sie hatte nicht genug Benzin im Tank, um bis Troutdale zu fahren … O Gott … Sie war nicht mehr weit von der Zufahrt zu ihrem Haus entfernt, und das Handy befand sich im Wagen, aber für sie unerreichbar auf dem Boden vor dem Beifahrersitz neben dem Pizzakarton.
Aber der Blödmann hinter dir weiß nicht, dass du es fallen gelassen hast.
Sie konnte ihn hinters Licht führen. Vielleicht.
Obwohl sie sich sagte, sie müsse den Verstand verloren haben, betete sie doch, dass ihr Trick funktionieren möge. Sie nahm die rechte Hand vom Steuer und kramte in ihrer Handtasche. Ohne den Blick von der Straße zu lassen, ertastete sie den kleinen schwarzen Türöffner für das Garagentor, hielt ihn vor sich und tat, als drücke sie die Tasten auf einem Handy. Dann hielt sie sich das kleine Gerät ans Ohr. Mit etwas Glück konnte der Kerl mit seinen grellen Scheinwerfern sehen, was sie da tat, ohne zu erkennen, dass es nur vorgetäuscht war. Eine Hand am Steuer, nickte sie, bewegte die Lippen, erfand ein Gespräch und schwitze Blut und Wasser.
Vielleicht war der Kerl hinter ihr einfach nur ein miserabler Fahrer.
Und man hat schon Pferde kotzen sehen.
Sie blickte wieder in den Rückspiegel.
Bildete sie es sich nur ein, oder fuhr der Pick-up tatsächlich langsamer?
Bitte, lieber Gott.
Sie schluckte krampfhaft. Die Einmündung der Landstraße, die an ihrem Haus vorbeiführte, war nur noch eine Meile entfernt. Sie gab immer noch vor, ins Handy zu sprechen, während die Straße sich einen Hügel hinabschlängelte. Das Fahrzeug hinter ihr blieb noch weiter zurück. »Na also, du Scheißkerl. Hau ab«, sprach sie in den Türöffner. Noch eine letzte Kurve auf dieser Strecke, und der Jeep rutschte leicht, war jedoch gleich wieder auf Kurs.
Sie blickte in den Spiegel.
Nichts.
Keine Scheinwerfer.
Noch nicht.
Sie trat aufs Gas und rechnete jede Sekunde damit, das grelle Licht des Fahrzeugs wieder zu sehen.
Doch die Dunkelheit der Nacht hüllte sie ein.
Als sie bei der Einmündung der Landstraße anlangte, war sie allein.
Keine Scheinwerfer folgten ihr, und selbst als sie das Radio ausschaltete, hörte sie außer dem Motorengeräusch ihres Jeeps kein anderes Fahrzeug.
War ihr Verfolger irgendwo abgebogen?
Oder folgte er ihr ohne Licht?
Das ist doch lächerlich.
Trotzdem verursachte der Gedanke ihr eine Gänsehaut, und sie behielt den Rückspiegel angestrengt im Blick.
Hatte sie nicht vorhin vor dem Theater den Eindruck gehabt, dass jemand sie vom Glockenturm aus beobachtete? Konnte dieser verborgene Beobachter rasch aus dem Gebäude geschlüpft und ihr zu der Pizzeria gefolgt sein? Aber warum?
Um dich zu terrorisieren. Genauso wie mit dem Brief.
»Aber er ist weg«, sagte sie und merkte dann, dass sie laut mit sich selbst redete.
Weitere Kostenlose Bücher