Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
doch«, sagte Allie.
Jenna rollte mit ihrem Stuhl rückwärts, damit sie an den untersten Treppenstufen vorbei in die Küche blicken konnte, wo Allie gerade Erdnussbutter auf ihr Muffin strich.
»Das mit den schwarzen und weißen Perlen, so ein Stretch-Teil.«
»Falsche Perlen«, berichtigte Cassie. Sie war in ihrem Zimmer gewesen, hatte ostentativ Ordnung in ihr übliches Chaos gebracht und trug jetzt in der einen Hand einen prall gefüllten Müllsack und in der anderen drei Teller und mehrere ineinander gestapelte Gläser.
»Ich glaube, es ist in meiner Schmuckschatulle, und die steht im Schrank.« Jenna klickte auf der Suche nach einem Sicherheitsdienst einen Link zu einer weiteren Website an.
»Nein, da ist es nicht. Da habe ich schon nachgesehen.«
»Bist du sicher?«
»Ja!«, brauste Allie auf, offenbar wütend, weil ihre Mutter ihr nicht glaubte. Sie waren alle ein bisschen gereizt, seit sie größtenteils im Haus festsaßen und darauf warteten, dass das Unwetter sich legte. Jennas Nerven waren angespannt, und Cassie schmollte, weil sie immer noch Hausarrest hatte. Ihr Telefongespräch mit ihrem Vater hatte auch keine Besserung gebracht; das Ergebnis war lediglich, dass Robert die gesamte Schuld auf Jenna schob, und Jenna hatte den Eindruck, dass sein Blutdruck proportional zum Druck in L.A. in die Höhe schoss. »So etwas hat mir jetzt wirklich gerade noch gefehlt«, hatte er Jenna wissen lassen, nachdem er kurz mit Allie gesprochen hatte. Jenna hatte Robert darauf hingewiesen, dass Cassies Verhalten nichts mit ihm zu tun habe, aber wie immer hatte er ihr das Wort im Mund umgedreht. Als sie auflegte, war sie frustrierter denn je. Selbst Allie, die sonst immer lachte und für alles zu begeistern war, wirkte gelangweilt und antriebslos. »Ich wollte es tragen, wenn ich zu Dani gehe.«
Als ob Dani Settler Wert auf Schmuck legte. Die Kleine war ein rechter Wildfang.
»Ich schau mal nach.« Jenna ging hinauf in ihr Zimmer und durchsuchte die Schmuckschatulle. Das Armband war nicht da. Sie sah noch in einer anderen, älteren Schatulle nach, die Accessoires enthielt, die sie kaum benutzte. Nichts. Wo war das verflixte Ding? Zuletzt hatte sie es gesehen, als sie selbst es als Haargummi benutzt hatte, doch sie wusste genau, dass sie es wieder in die Schatulle gelegt hatte. Natürlich hätten beide Mädchen es zwischenzeitlich »ausleihen« können, doch ihrer Meinung nach hätte das Armband in der Schatulle sein müssen. Hatte sie es nicht noch letzte Woche dort gesehen?
Ratlos durchsuchte sie die Schlafzimmer, sah nicht nur in den Zimmern der Mädchen rasch nach, sondern auch in den Gästezimmern im oberen Stockwerk. Sie ging sogar hinauf auf den Dachboden, wo Allie manchmal spielte. Keine Spur von dem Armband.
Na und? Es kam täglich vor, dass man irgendetwas verlegte. Trotzdem konnte sie ein leises Unbehagen nicht abschütteln. Wieder einmal handelte es sich bei dem verschwundenen Gegenstand um etwas, das sie in einem ihrer Filme getragen hatte – in diesem Fall als Marnie Sylvane in Summer’s End . Vielleicht hatte es nichts zu bedeuten, vielleicht aber doch. Sie ging zurück in ihr Schlafzimmer, drehte sich einmal um sich selbst, wobei sie sämtliche Regale und Fensterbänke, ihren Nachttisch, jede Oberfläche, auf der sie manchmal Dinge ablegte, einer Musterung unterzog, aber alles lag an seinem Platz, und das Armband war nicht zu sehen.
Sie erwog, ihre Reinigungskraft, Estella, anzurufen, unterließ es jedoch. Es war ja keine große Sache. Nun gut, ein weiteres Teil war verschwunden … Nein – verlegt, nicht verschwunden. Jenna würde es finden. Irgendwann. Sie setzte sich auf die Bettkante und versuchte, sich zu entspannen. Sie war viel zu überdreht, und hinter ihren Augen kündigten sich leise pochend Kopfschmerzen an.
Sie ging ins Bad, schluckte drei Ibuprofen mit einem Glas Wasser und begab sich zurück ins Schlafzimmer. Aus reiner Gewohnheit öffnete sie die Schublade ihres Nachttischchens und betrachtete die üblichen Dinge, die sie dort aufbewahrte: Kleingeld, eine Taschenlampe, eine kleine Packung Kleenex und das Taschenbuch, das sie gerade las. Dann blickte sie über das Bett hinweg auf den zweiten Nachttisch, den sie nie benutzte. Es war der gleiche wie der auf der Seite des Bettes, auf der sie schlief.
Natürlich war er leer, sagte sie sich, wälzte sich aber trotzdem über das Bett, zog die Schublade auf und spähte hinein.
Ihr Herz schien stillzustehen.
»Lieber Gott«,
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