Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
fort. Wo sie gelegen hatte, war nur schmutziger Schnee, der sich um einen Grabstein auftürmte.
Voller Entsetzen las Jenna die Inschrift:
Cassandra Lynn Kramer, meine geliebte Tochter.
Was! Ihr Herz hämmerte so heftig, dass es schmerzte. Cassie? Nein!
»Nein, nein, nein!«, schrie sie, begann zu hyperventilieren, und Tränen strömten über ihr Gesicht …
Jenna schlug die Augen auf.
Sie lag in völliger Dunkelheit, während der Albtraum sich in den finstersten Winkel ihres Unterbewusstseins verflüchtigte. »Mein Gott«, flüsterte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen.
Sie war zu Hause.
In ihrem Bett.
In Sicherheit.
Ihr Puls und ihr Atem beruhigten sich. Und dann spürte sie es. Da war etwas. Finster und bösartig … als hätte jemand vor ihrem Bett gestanden und zugesehen, wie sie sich verzweifelt in ihrem Albtraum wand. Doch das war unmöglich; wahrscheinlich spielte ihre Einbildung ihr einen Streich, die Überbleibsel des grotesken Traums, der ihr Blut gefrieren ließ. Ihre Haut prickelte vor Angst, und sie horchte angestrengt auf flaches Atmen oder das Scharren eines Schuhs auf dem Fußboden. Sie hörte nichts Außergewöhnliches, nur das Heulen des Windes unter den Giebeln und das Ächzen von altem Holz, das sich auf den gefrorenen Grundmauern setzte.
Trotzdem fühlte sie eine Veränderung in der Atmosphäre. Etwas stimmte nicht, sie nahm einen kühlen Hauch wahr – etwas Lebendes bewegte sich im Haus.
Tu dir das nicht an , ermahnte sie sich, schlüpfte leise unter der Bettdecke hervor und griff nach dem Bademantel, den sie über das Fußende geworfen hatte. Mit wild klopfendem Herzen tastete sie sich in den Flur hinaus und stieg im schwachen Schimmer des Nachtlichts die wenigen Stufen zum nächsten Stock hinunter, wo sie den Holzfußboden kalt unter den Füßen spürte und die Luft grundlos aufgerührt zu sein schien.
Cassies Schlafzimmertür stand einen Spalt offen, drinnen flackerte bläuliches Licht. Leise schob Jenna die Tür auf und sah ihre Tochter fest schlafend im Bett. Cassies Gesicht wirkte unschuldig weich und faltenlos im blassblauen Licht des stummen Fernsehers. Der Friede, den der Schlaf mit sich brachte, hatte Kummer und Sorgen ihres Teenagerlebens aus ihren Zügen gelöscht.
So weit, so gut, dachte Jenna, atmete langsam und leise aus und ging geräuschlos weiter zum Zimmer ihrer Jüngsten. Behutsam öffnete Jenna die Tür. Am Fußende des Bettes hob Critter seinen zottigen Kopf. Er wedelte mit dem Schwanz, während Allie im Schlaf schmatzte, sich auf die andere Seite wälzte und tiefer unter die Bettdecke kroch.
Alle waren in Sicherheit.
Nichts Böses trieb sich hier herum.
»Jenna?«
Um ein Haar hätte sie die Kontrolle über ihre Blase verloren.
Keuchend fuhr sie herum und sah Jake Turnquist. Da er auf der Treppe stand, waren nur Kopf und Schultern sichtbar. »Ist alles in Ordnung?«
Natürlich nicht. Sieht es etwa so aus? »Ja … nein … Ich glaube schon.« Sie strich sich das Haar aus den Augen und versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen, während sie rasch auf ihn zuging. Im Flüsterton sagte sie: »Ich habe schlecht geträumt. Von Lynnetta. Und als ich aufgewacht bin, hatte ich das Gefühl, dass jemand in meinem Zimmer war, an meinem Bett stand und mich ansah.«
»Vielleicht haben Sie gehört, wie ich reingekommen bin.«
»In mein Zimmer?« Sie stutzte.
»Nein. Ich war unten. Heute Nacht haben die Batterien in meiner Taschenlampe den Geist aufgegeben, und ich hatte keinen Ersatz. Ich weiß, dass Sie im Vorratsraum Batterien aufbewahren, und wollte mir welche holen. Vielleicht haben Sie mich gehört, als ich die Hintertür öffnete.«
»Kann sein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinab. »Aber das glaube ich eigentlich nicht. Ich glaube … O Gott, verliere ich den Verstand?«, sagte sie und wurde sich bewusst, dass sie sich nicht erinnern konnte, wann sie das letzte Mal gut und ohne Unterbrechung geschlafen hatte. Ihre Nerven waren überreizt, sie stand kurz vor einem Zusammenbruch. »Das wird’s sein; ich verliere den Verstand.«
»Das glaube ich nicht. Es heißt doch, man könne nicht verrückt sein, solange man sich diese Frage stellt. Kommen Sie mit nach unten«, sagte er matt. »Wenn es Sie beruhigt, patrouilliere ich noch einmal um das Grundstück.«
»Danke«, erwiderte sie. Sie spürte seinen Unwillen, als er sich aufmachte, um seine Runde zu gehen.
Im Arbeitszimmer schaltete Jenna den
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