Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Versau jetzt nicht alles! Nicht jetzt. Hab Geduld. Alles läuft wie am Schnürchen. Perfekt.
Er mahnte sich zur Ruhe, griff langsam wieder nach der Zeitung und blätterte um. Dabei bemerkte er durch den Spalt zwischen den Café-Gardinen einen alten, zerbeulten Pick-up direkt vor dem Fenster. Sein Herz machte einen Satz, als er einen weiteren Blick wagte und Jenna Hughes am Steuer erkannte.
Es war Schicksal. Davon war er überzeugt. Sie war nur gekommen, um ihn an sein Ziel zu erinnern.
Er zitterte.
Sie war so nahe.
Sein Atem ging flach.
Ihr Pick-up hielt vor einer roten Ampel, und Jenna blickte starr geradeaus … Nein, sie schaute in den Rückspiegel, berührte mit dem Finger ihren perfekten Mundwinkel, als wollte sie ein bisschen überschüssigen Lippenstift abtupfen, und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße.
Er erbebte innerlich, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und hoffte im Stillen, sie möge sich in seine Richtung umdrehen, damit er ihr umwerfendes Gesicht sehen konnte. Ihr Profil war königlich. Klassisch. Doch er wollte ihr unbedingt in die Augen sehen.
Es sollte nicht sein.
Stattdessen wandte sie den Kopf in die entgegengesetzte Richtung, wodurch er kurz ihr glänzend schwarzes Haar bewundern konnte, bevor sie über die Kreuzung fuhr. Direkt hinter der Biegung setzte sie den Blinker und steuerte den Parkplatz des Theaters an.
Er lächelte innerlich, fühlte sich zutiefst befriedigt.
Er kannte die umgestaltete Kirche genauso gut wie sein eigenes Zuhause. Genauso gut wie Jennas Zuhause.
Das Blut rauschte ihm jetzt in den Ohren … Er hatte nicht damit gerechnet, sie zu sehen, und gewöhnlich plante er alles minutiös. Doch das hier … Diese Begegnung war so nahe gewesen, es musste Schicksal sein. Kismet.
Nachdem sie aus der Fahrerkabine des Pick-ups gestiegen war, hielt sie inne und blickte die Straße entlang.
Er konnte nicht widerstehen. Er legte Geld auf den Tresen – mehr als genug, um seine Rechnung zu bezahlen –, verließ hastig das Café und stapfte, gegen den Wind ankämpfend, in Richtung Theater.
In einer Gasse an der anderen Straßenseite blieb er im Schatten einer mächtigen Fichte stehen und sah zu, wie sie die Stufen zu dem Doppelportal hinaufstieg. Sie öffnete einen Türflügel. Bevor sie im Inneren des Theaters verschwand, warf er ihr eine Kusshand zu.
»Es dauert nicht mehr lange«, versprach er. Der eisige Wind riss ihm die geflüsterten Worte von den Lippen.
»Also, was haben wir?«, fragte Carter an BJ gewandt und ließ sich in dem Sessel neben seinem Schreibtisch nieder. Er zog seine Jacke aus und ärgerte sich dabei, dass die Begegnung mit Jenna Hughes ihm noch immer nicht ganz aus dem Kopf ging. Als hätte er nichts Wichtigeres zu tun.
»Was wir haben?«, wiederholte BJ und schüttelte den Kopf. »Nicht genug.« BJ hatte kurzes braunes, von roten Strähnchen durchzogenes Haar. Ihr Gesicht waren fein geschnitten, mit großen, dunkelbraunen Augen, denen kaum etwas entging. »Die Gerichtsmedizin ist noch mit der Leiche der Unbekannten beschäftigt. Der Zeitpunkt des Todes steht nach wie vor nicht fest, aber der Gerichtsmediziner glaubt, dass sie wohl in diesem Jahr gestorben ist – möglicherweise letzten Frühling, nach dem Grad der Verwesung und den Insektenlarven am Fundort zu urteilen und auch aufgrund der Tatsache, dass Tiere Leichenteile weggeschleppt haben. Einen ausführlichen Bericht bekommst du, sobald er vorliegt.«
Carter furchte die Stirn und tippte mit dem Radiergummi am Ende seines Bleistifts auf seinen unordentlichen Schreibtisch. »Ich habe mit der Stelle für Vermisstmeldungen in Salem gesprochen. Bislang keine Ergebnisse, aber sie arbeiten noch an einem Abgleich der körperlichen Merkmale unserer Unbekannten mit vermisst Gemeldeten der letzten paar Jahre.«
»Nur im Bereich des Bundesstaats?«
»Nein. Zuerst einmal bis zur Westküste, und ich habe auch mit den Behörden vor Ort gesprochen. Nur um sicher zu gehen. Bis jetzt: nada.« Carter spielte mit seinem Bleistift, drehte ihn zwischen den Fingern, eine nervöse Angewohnheit, seit er nicht mehr rauchte. Sie hatte sich bewährt, abgesehen von der düsteren Zeit, als Carolyn starb. Aus den Augenwinkeln sah er das letzte noch verbliebene Bild von ihr in seinem Büro: einen Schnappschuss von ihrem letzten Ausflug an die Küste. Das Foto steckte in einem Standrahmen aus Rosenholz. »Was ist mit der Todesursache?«
»Bisher unbekannt; die Gerichtsmedizin arbeitet noch
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