Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Wes?«
»Ich verdächtige jeden.«
»Aber Sie lassen nicht sämtliche Alibis prüfen.«
Er fuhr sich müde mit einer Hand über den Nacken. »Jenna, es gibt Dinge, über die ich mit Ihnen nicht reden kann.«
»Hier geht es um mein Leben , Carter. Um das Leben meiner Mädchen ! Sie sollten mir wirklich lieber sagen, was los ist.«
»Das werde ich. Bald.«
Sie ließ sich nicht beschwichtigen. Trat dicht vor ihn und blickte energisch zu ihm auf. »Ich habe ein Recht, es zu wissen. Wie kommen Sie darauf, dass Wes mit der Sache zu tun haben könnte? Wes ist Rindas Bruder!«
»Und ich kenne ihn, solange ich denken kann. Ich arbeite nach dem Ausschlussverfahren.«
»Und wie das?«
Er presste die Lippen aufeinander, und seine Augen glitzerten düster. »Ich werde es Ihnen erklären, bald schon, okay? Aber ich darf Ihnen nichts sagen, was die Ermittlungen gefährden könnte.«
»Augenblick mal, Carter. Sie können nicht einfach eine Bombe wie diese hier platzen lassen und mich dann um Geduld bitten. Nicht angesichts dessen, was hier vorgeht. Also, wieso Wes?«
Er zögerte, sog seine Schnurrbartspitzen zwischen die Lippen und fluchte. »Ach, zum Teufel! Sie haben ein Recht, es zu erfahren.«
»Verdammt richtig!«
»Aber alles kann ich Ihnen nicht sagen. Ich will die Ermittlungen auf keinen Fall gefährden.«
»Natürlich nicht, aber lassen Sie mich wenigstens nicht im Dunkeln tappen.«
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Zum einen hat er mehr Videos und DVDs von Ihren Filmen gekauft oder ausgeliehen als irgendwer sonst in der Stadt.«
»Und?«, fragte sie, war jedoch insgeheim betroffen. Die Vorstellung, dass Wes Allen sie zu Hause völlig privat immer und immer wieder betrachtete, war ihr unbehaglich, aber das wäre im Fall jedes anderen Bekannten wohl genauso. Nicht dass sie sich der Rollen, die sie gespielt hatte, schämte – für sie war die Schauspielerei nichts weiter als ein Beruf. Aber ihr war klar, dass nicht jeder das so sah und dass ihre Filme durchaus dazu missbraucht werden konnten, verderbte Fantasien zu nähren.
»Und er sucht Ihre Fanseiten auf. Oft sogar.«
»Das tun viele.« Wieder überkam sie dieses unbehagliche Gefühl, und sie erinnerte sich, wie oft Wes sich ihr im Theater auf Tuchfühlung genähert hatte. »Ich könnte mir vorstellen, dass das Interesse an meiner Arbeit hier in der Stadt zugenommen hat, seit ich hier wohne. Sodass viele Exemplare ausgeliehen oder verkauft werden.«
»Aber Wes Allen scheint Ihr eifrigster Kunde zu sein – Ihr größter Fan. Wir wollen nur ausschließen, dass er der Täter ist.«
Sie dachte an all die Gelegenheiten, bei denen sie mit Wes Allen zusammen gewesen war. Wie nahe er ihr immer kam. Wie oft er ihre Schulter, ihren Arm berührte. Freundschaftlich? Interessiert? Oder besessen? »Ich kann es einfach nicht glauben«, flüsterte sie, doch ein Teil von ihr akzeptierte im Grunde längst, was Carter angedeutet hatte, und zwar der Teil, der schuld daran war, dass es ihr säuerlich in die Kehle stieg.
»Sie brauchen gar nichts zu glauben. Noch nicht. Ich lasse nur Vorsicht walten«, entgegnete er, doch ihr fielen sein verbissenes Gesicht und das entschlossene Funkeln in seinen Augen auf. Er war überzeugt davon, dass Wes irgendwie in der Sache drinsteckte. »Sie sollten jetzt schlafen«, sagte Carter, als habe er gerade erst bemerkt, wie müde Jenna war.
»Und Sie?«
»Machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken.«
»Klar.« Sie hob die Hand und strich mit einem Finger über seine unrasierte Wange. »Sie sehen völlig fertig aus.«
»Das fasse ich als Kompliment auf.«
»Genau. Recht so«, spottete sie.
Jenna wusste, dass sie oben niemals würde schlafen können. Das Fingerabdruck-Pulver überall, die unheimlichen Erinnerungen … Sie brachte es nicht einmal über sich, ihr Zimmer zu betreten. Deshalb schloss sie die Türen zu allen Zimmern im Obergeschoss, holte Kissen und Bettdecken aus dem Wäscheschrank und ging damit zurück ins Arbeitszimmer. Sie warf Carter ein Kissen und einen handbestickten Bezug zu. »Nur für alle Fälle.« Dann trat sie durch die Fenstertüren ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa nieder. Carter durchsuchte ein letztes Mal das Haus – sie hörte seine Schritte, während er jedes Zimmer und jedes Kämmerchen in Augenschein nahm – und gesellte sich schließlich wieder zu ihr. Er setzte sich in einen üppig gepolsterten Sessel und legte den Stiefelabsatz auf einen Polsterschemel.
»Ruhen Sie sich aus«,
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