Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
der Staatspolizei telefoniert und gebeten, sie möchten sich mit Jennas Mobilfunk-Anbieter in Verbindung setzen. Er hatte die leise Hoffnung, dass sie und Cassie ihre Handys noch bei sich trugen und über die GPS-Chips zu orten wären. Außerdem hatte er Polizisten angefordert, die Harrison Brennan, Travis Settler, Hans Dvorak und Ron Falletti überprüfen sollten – zwei Männer, mit denen sie ausgegangen war, ihren Vorarbeiter und ihren Personal Trainer. Sie alle kannten ihren Tagesablauf. Von Wes Allens Überprüfung hatte er abgesehen, denn der hockte nach den Aussagen eines Deputys auf seinem Lieblingsbarstuhl im Lucky Seven, dem Lokal, das dank eines Generators auch bei Stromausfall geöffnet blieb.
Und die Zeit verstrich unaufhaltsam.
»Ich hätte normalerweise gar nicht so schnell hier sein können«, erklärte Jacobosky an Carter gewandt, »aber wir hatten gerade auf der anderen Seite vom Hood River zu tun. Sieht aus, als kämen wir heute Nacht nicht mehr nach Portland zurück. Die Straßen sind nicht passierbar.«
»Da haben wir wohl Glück gehabt.«
»Wenn Sie es so sehen wollen. Für mich wäre es eher Glück, in einem Wintersportort beim Après-Ski an einem Feuer zu sitzen und Glühwein oder Grog zu trinken. Aber das hier käme natürlich gleich an zweiter Stelle – eine Übernachtung in einer Stadt, in der der Strom ausgefallen ist und die über nur sehr wenige Hotels verfügt«, erklärte sie trocken. »Also, wo befindet sich die erste Leiche?«
»In der Scheune.« Carter informierte sie und führte ihre Gruppe zum Mordschauplatz in der Scheune.
»O mein Gott«, sagte Merline leise, als sie den Strahl ihrer Taschenlampe über die Blutlache und die verschmierten Fuß- und Pfotenabdrücke auf dem Holzboden wandern ließ. Dann blickte sie hinauf zu Turnquists sterblichen Überresten. »Sieht aus, als hätte ihm jemand aufgelauert. Gut vorbereitet. Bewaffnet. Hat ihm wahrscheinlich die Kehle durchgeschnitten, ihn an einem Seil über den Querbalken hochgezogen und ihn dann ausgeweidet. Das ist meine inoffizielle Meinung, damit das klar ist. Die endgültige Aussage kommt von der Gerichtsmedizin.« Sie ließ den Lichtstrahl an Turnquists Rumpf hinabgleiten. »Ein sauberer Schnitt, vermutlich mit einer Art Jagdmesser, vielleicht sogar mit einem Skalpell. Wenn man sich ansieht, wie fachmännisch er den Leichnam ausgenommen hat, war es bestimmt nicht das erste Mal für ihn.« Sie richtete den Lichtstrahl auf die Eingeweide, die aufgehäuft neben einem alten Futterbehälter lagen. »Nett«, spottete sie. »Das sollte besser weggeräumt werden, bevor die Ratten sich darüber hermachen.«
»Ein Jäger«, bemerkte Carter und betrachtete den blutigen Haufen. Was für ein Psychopath war zu so etwas fähig?
»Wenn nicht, hätte er zumindest Talent dazu«, stellte sie fest und rümpfte angewidert die Nase. »Vielleicht jemand mit einer militärischen Ausbildung. Darauf würde ich tippen.« Sie hob den Blick. »Okay, Leute, sperrt die ganze Scheune ab. Am besten halten wir alle, einschließlich des verdammten Hundes, von der Scheune fern, bis wir zumindest die Fußabdrücke gesichtet und sonstige Indizien sichergestellt haben.« Sie notierte sich etwas auf ihrem Klemmbrett.
»Es gibt noch eine weitere Leiche, nicht wahr?«, fragte sie.
»Hier entlang.« Gemeinsam stapften sie, die Kragen hochgeschlagen, die Hände tief in den Taschen vergraben, durch den Schnee am Grenzzaun entlang bis zu einer Stelle, an der der Schnee niedergetrampelt und zerwühlt war. Inzwischen hatte sich bereits wieder eine Decke von Neuschnee darüber gelegt. Sie stiegen über den Zaun und gingen zwischen eisverkrusteten Bäumen hindurch zu dem Pick-up. Die Tür stand offen, die Innenbeleuchtung glomm nur noch schwach, die Lichtwarnung, das einzige Geräusch außer dem ständigen Windrauschen, piepte langsam und leise.
Josh lag auf dem Rücken. Sein Kopf war zur Seite gekippt und hing über die Sitzkante hinab. Schnee und Eis bedeckten sein Gesicht, verbargen jedoch nicht den tiefen roten Schnitt unter seinem Kinn. Sein dünner Kinnbart und die lang ausgezogenen Koteletten waren blutverkrustet, seine Haut gespenstisch weiß.
Merline stieß die Luft zwischen den Zähnen aus. »Ein Junge. Hat jemand seine Eltern angerufen?«
»Noch nicht«, erwiderte Carter, musterte den Pick-up und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die Kampfspuren am Boden gleiten. Der Schnee war zertrampelt, und Joshs Blut rann vom Sitz herab über das
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