Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
vermutete, dass er durchaus gut aussehen könnte, wenn er mal lächelte. Na ja, dazu würde es wohl kaum kommen. Und wenn, dann höchstens bei einer anderen Frau.
Carter nickte. »Ich will nur, dass sie objektiv bleibt.«
»Hey!«, mischte sich Rinda ein. »Ihr müsst nicht über mich reden, als wäre ich gar nicht da!«
»Ich käme nicht im Traum auf die Idee«, beteuerte Carter.
Jenna hätte beinahe gegrinst. Also hatte er doch Humor. Aber darum ging es jetzt nicht. »Hören Sie zu, Sheriff, ich weiß, Sie sind ein viel beschäftigter Mann«, sagte sie und hob das Kinn, um ihr Gegenüber besser betrachten zu können. »Ich glaube, die einfachste Lösung wäre die, dass ich die fehlenden Sachen einfach durch andere ersetze, die ich noch zu Hause habe.« Rinda schien Einwände erheben zu wollen, doch Jenna fuhr unbeeindruckt fort. »Und dieses Mal werden wir sie in einem Schrank einschließen, zu dem niemand außer Rinda den Schlüssel besitzt.«
»Aber das Kleid und die Armbänder und …«
»Vielleicht tauchen sie wieder auf«, sagte Jenna. »Wenn nicht, kommen wir auch ohne sie zurecht. Ich habe noch ein Kleid, das infrage kommen könnte, und jede Menge Modeschmuck.«
Rinda fuhr sich mit steifen Fingern durchs Haar. »O Gott, Jenna, das alles ist mir ganz entsetzlich peinlich.«
»Aber es geht hier nicht um Leben und Tod.«
Carter biss die Zähne zusammen, als hätte sie ihn irgendwie beleidigt. »Diebstahl ist und bleibt ein Verbrechen. Ich werde in der Stadt mit Sergeant Winkle reden. Er soll jemanden herschicken. Und jetzt schaue ich mich erst mal hier um.« Er wandte sich Rinda zu. »Zeig mir, wo die betreffenden Sachen verstaut waren.«
Berühmtheiten , dachte er später, als er die Straße zum Café überquerte. Wem nützen die? Er hatte seiner Freundin gegenüber seine Pflicht erfüllt und einen von tausend Gefallen vergolten, die er Rinda noch schuldete, doch mit dem Fall des fehlenden schwarzen Etuikleides der Jenna Hughes hatte er nichts mehr am Hut. Verdammt, was für eine Zeitverschwendung. Dabei schien das »Opfer« seine Hilfe nicht einmal zu wünschen. Er hatte sie in den vergangenen anderthalb Jahren ein paar Mal von ferne gesehen, sie jedoch nie offiziell kennen gelernt. Nach dieser Begegnung erstaunte ihn nun nicht einmal so sehr, dass sie so zierlich war, sondern vielmehr, was für eine starke Persönlichkeit sich hinter dieser zarten Statur verbarg. Damit hatte er nicht gerechnet.
Dort im Theater hatte sie nichts von den paranoiden Hollywoodallüren oder dem fordernden Prinzessinnengehabe gezeigt, die seiner Meinung nach typisch waren. Während ihrer Unterredung hatte er sie als ganz und gar vernünftig erlebt, ein bisschen reizbar und starrsinnig und so, als sei ihr in keiner Weise bewusst, dass sie auch ohne sichtbares Make-up zum Sterben schön war. Sie schien nicht einmal übermäßig beleidigt wegen des Bußgeldes. Auch wenn ihm das natürlich völlig gleichgültig war. Er stieg über einen von Sand und Kies gesprenkelten Schneehaufen, ein Hinweis darauf, dass der Schneepflug hier vorbeigefahren war. Gott, es war kalt. Und kein Ende absehbar. Der Wetterbericht sagte vielmehr voraus, dass noch mit weitaus Schlimmerem zu rechnen sei. Man munkelte sogar, dass die Wasserfälle gefrieren würden.
Daran wollte er nun wirklich nicht denken, und schon gar nicht an das letzte Mal, als die Wasserkaskaden zu Eis erstarrt waren und die Tragödie ihren Lauf nahm. Vor seinem inneren Auge sah er David, sah, wie seine Füße auf einer blanken Eisfläche abrutschten … Carter verscheuchte das Bild energisch aus seinem Kopf und spürte dabei die eiskalte Angst, die diese Erinnerung stets begleitete. Er blickte zum Himmel auf, in den unablässigen Schneefall, und hoffte, das Wetter möge umschlagen, bevor die Eiskletter-Idioten in die Gegend einfielen und ihre Eispickel und Seile und Krampen auspackten, um die gefrorenen Fälle hinaufzusteigen.
Sein Handy klingelte, und er trat unter die Markise des Canyon Cafés, um den Anruf anzunehmen. Es handelte sich um eine weitere Meldung über ein Fahrzeug, das von der Straße abgekommen war. Ein Streifenpolizist befand sich bereits am Ort des Geschehens und kümmerte sich um alles. Keine Verletzten, nur ein geschockter Fahrer und ein Chevy Impala mit Totalschaden.
Carter klappte sein Handy zu. Insgeheim freute er sich, dass sein Handy, während er sich im Theater umgesehen hatte, dreimal geklingelt hatte – zweifellos hatten sowohl Rinda als auch
Weitere Kostenlose Bücher