Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Crossing erst noch schlimmer werden. Sehr viel schlimmer.
Er schloss die Augen, spürte das Prickeln der Schneeflocken auf der nackten Haut. Winzige, eisige Kristalle, die kühlen sollten, stattdessen jedoch sein Blut erhitzten. Er hatte einen Steifen. Steinhart. Nackt stand er auf der kleinen Lichtung, umgeben von alten Fichten, deren Nadeln mit Eis und Schnee verkrustet waren. Der Wind fuhr heulend durch die schweren Zweige, und er spürte den Ruf. Den Drang.
Es war Zeit, zu töten.
Mit jeder kleinen Berührung der Flocken wurde der Drang stärker. Es pulsierte in seinen Adern, pochte in seinem Gehirn – diese Blutgier, die ihn nur im tiefsten Winter befiel.
Das ist meine Zeit , dachte er, und seine Gedanken rasten voraus zu all dem, was er geplant hatte. Ich lebe eigentlich nur, wenn Raureif die Straßen überzieht und Eiskristalle vom Himmel fallen.
Seit dem letzten Opfer war eine lange Zeit vergangen, fast ein Jahr. Aber jetzt war der richtige Moment gekommen.
Vor seinem inneren Auge sah er sie: Jenna Hughes. Dachte daran, wie er sie früher am Tag in der Stadt belauert hatte …
Die Frau seiner Träume.
Er war besessen von ihr.
Oh, wie er sie begehrte.
Die heutige Nacht würde perfekt sein.
Er schlug die Augen zum Himmel auf, sah zu, wie der Schnee fiel, hielt die Augen offen, sodass die eisigen kleinen Flocken seinen bloßen Augapfel trafen. Die Kälte brannte ein wenig.
Jenna – diese wunderschöne Frau, die schönste aller Frauen.
Doch der rechte Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Nicht für sie. Die Kälte war noch nicht bitter genug. Der Raureif überzog noch nicht die Bäume und Sträucher und Fensterscheiben. Nein, er war noch nicht bereit für sie.
Andere waren zuerst an der Reihe, mussten zuvor für sie geopfert werden.
Paris Knowlton.
Faye Tyler.
Marnie Sylvane.
Zoey Trammel.
Ein paar von denen, die ihr vorangehen sollten. Ganz gleich, wie schmerzlich er sich nach ihr sehnte, er würde sich zwingen zu warten.
Er wusste schon, wer als Nächste an der Reihe war, und sein Blut war so kalt, dass es ihm in den Adern zu gefrieren schien.
Er hatte sie bereits gefunden.
Sie war nicht perfekt.
Nicht wie Jenna.
Aber sie würde genügen.
Vorerst.
10. Kapitel
O kay, Mädchen, wir haben den Jeep zurück«, rief Jenna auf dem Weg zur Küche. Sie stellte drei volle Einkaufstüten auf den Tresen und zog ihre Jacke aus. Dass die Heimfahrt über die vereisten Straßen trotz des Allradantriebs nervenaufreibend gewesen war, erwähnte sie nicht. »Cassie? Allie?«, rief sie, als niemand antwortete. Mitten in der Küche blieb sie stehen, spürte, wie der Schnee in ihrem Haar schmolz. »Allie?«
Warum fühlte sich das Haus so leer an?
Sie hastete die Treppe hinauf, rechnete damit, Cassie mit Kopfhörern in den Ohren in ihrem Zimmer anzutreffen, doch das Zimmer war leer, das Bett nicht gemacht. »Cassie? Allie?« Sie eilte am Bad vorbei weiter zu Allies Zimmer, das jedoch ebenfalls leer war. Der Fernseher lief ohne Ton, Allies Gameboy lag auf dem zerwühlten Kissen.
Keine Panik. Sie müssen hier sein. Wo sollten sie denn hin? Draußen tobt ein Schneesturm.
»Hey, Leute, das ist nicht witzig!«, rief sie, lief die hintere Treppe hinunter und sah im Büro, im Essbereich und im Wohnzimmer nach. »Allie! Cassie!«
Am Kamin blieb sie stehen und lauschte, hörte jedoch nichts als das Heulen des Windes. Sie fragte sich, wie lange sie noch Licht haben würden.
Wo ist der Hund?
Die feinen Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf. »Critter?«
Keine Antwort. Das Haus war leer.
All die Sorgen der letzten zwei Tage ballten sich zusammen. Angst verkrampfte ihre Eingeweide. Hatte sie nicht gespürt, dass irgendetwas nicht stimmte? Hatte sie nicht das Gefühl gehabt, beobachtet, sogar verfolgt zu werden? Und jetzt die Mädchen … o Gott.
Reiß dich zusammen, Jenna. Sie sind hier. Irgendwo. Such weiter.
Ein Motorengeräusch ließ sie aufhorchen, und sekundenlang überkam sie Erleichterung. Anscheinend waren die beiden mit jemandem weggefahren, so musste es sein, und wer immer es war – wahrscheinlich Josh –, brachte sie jetzt zurück. Cassie hatte vermutlich angenommen, sie würden vor Jennas Rückkehr wieder zu Hause sein und nicht ertappt werden. Allie hatten sie mitgenommen, damit sie nichts ausplauderte.
Und der Hund? Warum sollten sie Critter mitnehmen?, dachte Jenna, bereits auf dem Weg nach draußen.
Wahrscheinlich Cassies Idee, sagte sie sich, erkannte dann jedoch, dass der
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