Sanfte Eroberung
ist die Gelehrte in unserer Familie, aber ich befasse mich gern mit Geschichte und Geografie.«
»Ich weiß einen wohlgebildeten Verstand zu schätzen«, erwiderte er gelassen.
Lily begriff, dass sie diesen Streit nicht gewinnen konnte, solange Claybourne Duldsamkeit vortäuschte. Sie schüttelte den Kopf. »Was Sie zu schätzen wissen und was nicht, ist unerheblich. Mir fehlt die Zeit, mich von Ihnen umwerben zu lassen denn das Unterrichten nimmt mich voll und ganz in Anspruch.«
»Ich werde Sie nicht bei Ihrer Arbeit stören. «
»Nein? Nun, das zu glauben, fällt mir schwer. «
»Wie Sie erwähnten, ist es für eine gute Sache.«
Sie lächelte frostig. »Dann verstehen Sie gewiss auch, warum ich keine Zeit habe, mich Ihren exzentrischen Launen zu fügen.«
Bis auf das teuflische Funkeln in seinen Augen wirkte er vollkommen ernst. »Es dürfte kaum als exzentrisch gelten, wenn ein Gentleman entscheidet, eine Dame zu ehelichen.«
»In Ihrem Fall durchaus. Sie sind der größte Schürzenjäger Englands.«
Der Marquess gab vor, schmerzlich zusammenzuzucken. »Ihr Vorwurf trifft mich hart, meine Teure. Ich bin kein Wüstling, obwohl ich gestehe, dass ich Frauen ausgesprochen gern mag.«
»Mich werden Sie nicht mögen. «
»Da täuschen Sie sich.«
»Ich habe nichts mit Ihren üblichen Eroberungen gemein.«
»Wohl wahr - Sie sind mehr Dorn als Rose. «
»Genau. Und ich bin sicher, dass Ihnen meine scharfe Zunge Unbehagen bereiten wird. Ich neige dazu, auszusprechen, was ich denke.«
»Wie erfreulich, sind mir doch affektierte, geistlose Damen ein Gräuel.« Claybourne verstummte kurz und sah sie an. »Aber in Ihrem Übereifer, Ihre negativen Eigenschaften aufzuzählen, vergessen Sie den enormen Vorteil, den Sie, Miss Loring, gegenüber allen anderen potenziellen Kandidatinnen aufweisen.«
»Ach ja? Und welcher wäre das? «
»Meine Vorliebe für Sie. Ich finde Sie wunderschön und faszinierend. «
Lily wandte ihre Augen gen Decke. Zugleich freute ein winziger Teil von ihr sich geradezu absurd über sein Kompliment.
Allein das reichte, um ihr ein spöttisches Stöhnen zu entlocken. »Wie auch immer. Diese ganze Diskussion ist sinnlos, My Lord. Ich habe einfach nicht den Wunsch, Sie zu heiraten.«
»Wie können Sie das wissen, solange Sie die Angelegenheit keiner echten Prüfung unterziehen? «
An dieser Stelle mischte Chantel sich in das Gespräch ein. »Ja, Lily, meine Liebe, überlege doch! Du wärst eine Marquise! «
Lily sprach betont ruhig, um die gutherzige Frau nicht zu verletzen. »Ich weiß, Chantel, doch bedeutet mir ein Titel nichts. Mir sind Rang und Vermögen seiner Lordschaft gleich.«
Der Marquess lachte kurz. »Was mich in meiner Wahl bestärkt. Sollten Sie mich heiraten, geschähe es um meinetwillen, nicht wegen meines Titels oder meines Vermögens. «
Nun hatte auch Fleur etwas zu sagen. »Lily, seine Lordschaft könnte der ideale Ehemann für dich sein.«
Lily drehte sich zu ihr. »Wollt ihr euch allen Ernstes auf seine Seite schlagen?«
»Nicht ganz, aber ich glaube, es könnte eine ebenbürtige Verbindung sein. Lord Claybourne ist ein leidenschaftlicher, wagemutiger Mann, dir sehr ähnlich. Und ich denke, du solltest ihm erlauben, dich einige Zeit zu umwerben. «
»Ja«, sprang Chantel ihr bei, »Lady Claybourne zu werden, kann enorme Vorteile für dich haben, Lily, auch wenn du sie in diesem Stadium deines Lebens nicht erkennst. «
»Aber Chantel, ich habe kein Verlangen nach einem Titel ! «
»Ich spreche hier nicht nur von dem Titel. Eine Frau braucht jemanden, der sie schützt und für sie sorgt. Wenn du älter wirst, wirst du froh sein, einen Ehemann und eine Familie zu haben. Du willst doch später nicht arm und einsam sein wie wir? «
Lily unterdrückte eine bissige Erwiderung. Zwar wusste sie, welche Sorgen die beiden Kurtisanen sich um ihre finanzielle Sicherheit machten, doch hatte sie nicht den Eindruck, sie wären einsam. Und selbst wenn, unterschieden die Lebensumstände der beiden Damen sich gravierend von Lilys. Sie hatte ihre Schwestern und gute Freundinnen, die verhinderten, dass sie sich einsam fühlte, und sie verfügte über ein bescheidenes Vermögen, das sie davor bewahrte, sich verkaufen zu müssen - in der Ehe oder auf sonstige Weise.
»Lily«, setzte Fleur noch einmal eindringlich an, »selbst wenn du seine Lordschaft im Moment noch nicht heiraten willst, solltest du seinem Werben eine Chance geben. Es geschieht nicht täglich, dass du einen
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