Sanfte Eroberung
ungewöhnlich ernst. »Ich bin sicher, dass du eine Menge Spaß haben wirst. Der Paarungstanz ist das vergnüglichste Spiel der Welt. «
Lily äußerte nur mimisch ihren Widerspruch.
»Wollen Sie jetzt schon Ihr Wort brechen?«, fragte Claybourne provozierend.
Ja, lautete Lilys instinktive Antwort. »Nein, das will ich nicht«, gab sie laut zurück und reckte ihr Kinn, als sie seinen amüsierten Blick sah. »Seien Sie lieber nicht zu zuversichtlich, My Lord! Ihnen wird bald offensichtlich werden, dass Sie mich nicht zur Frau wollen.«
»Das bezweifle ich sehr. Aber ich werde Sie gewiss nicht noch einmal unterschätzen.«
Mit diesen Worten trat er auf sie zu, nahm ihre Hand und hauchte ihr einen sehr zahmen Kuss auf die Fingerspitzen. Trotzdem hielt Lily den Atem an, reichte doch die zarteste Berührung, um ein Kribbeln auf ihrer Haut auszulösen.
Womöglich beging sie einen schwerwiegenden Fehler, dachte sie erschrocken.
Leider waren nun die Fronten geklärt, das Spiel eröffnet, und Lily hatte nicht vor, Lord Claybourne den Sieg zu schenken.
Fünftes Kapitel
Ich bin fest entschlossen, deiner Lordschaft zu zeigen, dass ich viel zu unabhängig bin, um als deine Braut in Betracht zu kommen.
Lily an Fanny
Der Verrat ihres Freundes Basil Eddowes machte ihr immer noch zu schaffen, und so suchte Lily ihn früh am nächsten Morgen vor seinem Sprachunterricht auf. Sie nahm an, dass er ihre Gesellschaft absichtlich mied, denn den Abend zuvor war er weder zum Dinner erschienen noch hinterher zum Tee im Salon. Und als Basil auf Lilys Klopfen hin seine Tür öffnete, bestätigte seine schuldbewusste Miene ihren Verdacht.
»Jetzt sei mir bitte nicht böse, Lily! «, flehte er.
»Aber warum sollte ich dir böse sein? «, fragte sie süßlich. »Etwa weil du mir unbeschreiblichen Schaden zugefügt hast, indem du meine persönlichen Geheimnisse einem Fremden anvertrautest? «
Unglücklich strich er sich das dichte blonde Haar aus der Stirn. Groß und schlaksig, in seinem üblichen dunklen Gehrock und mit der Brille auf der Nase, sah Basil ganz wie ein klassischer Gelehrter aus. Daran änderte auch sein unzähmbarer Schopf nichts. Vielmehr verliehen ihm die blonden Strähnen, die ihm immerfort in die Stirn fielen, etwas Liebenswertes und machten seine hagere Gestalt weicher.
Basil besaß einen wachen Verstand, aber leider wenig Geschick im Umgang mit Menschen, und genau in diesem Mangel bestand momentan das Problem, wie Lily fand. »Ich hätte dich einer derartigen Niedertracht nie für fähig gehalten, Basil.«
»Aber ich hoffte, dir einen Gefallen zu tun! «
»Was für einen Gefallen? «, wollte sie wissen.
»Na ja, dir eine angemessene Alternative zu dem Leben aufzeigen, das du führst. Ich wollte nicht, dass du in Fannys Fußstapfen trittst.«
»Basil!«, schimpfte sie verärgert. Seine Wut und Enttäuschung darüber, dass Fanny sich für ihr Gewerbe entschieden hatte, hatte er nie überwunden. Aber deshalb sollte er noch lange nicht auf den Gedanken kommen, dass Lily dasselbe Leben anstrebte. »Du weißt, dass ich nicht vorhabe, eine Mätresse zu werden. «
»Trotzdem solltest du nicht in einem Haus wie diesem wohnen, wo du fortwährend den finsteren Seiten der Natur ausgesetzt bist.«
»Du wohnst selbst hier! «
»Ja, aber ich bin ein Mann, keine vornehme junge Dame.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich dachte, du unterstützt mich darin, den Mieterinnen zu helfen, Basil.«
»Was ich offensichtlich auch tue, aber als Lord Claybourne erklärte, er wolle um dich werben, schien es mir eine günstige Schicksalsfügung. Die Aussicht, dass du eine Marquise wirst, ist zu glänzend, als dass du sie verwerfen darfst. Mir ist nicht gleichgültig, wie es dir ergeht, Lily.«
Sie hörte seine echte Sorge heraus, weshalb Lily auf eine spitze Erwiderung verzichtete. Trotz seiner unerwünschten Einmischung konnte sie ihm nicht böse sein. Sie waren seit Kindertagen engste Freunde.
Dem Wesen nach ähnelte Basil eher ihrer Schwester Roslyn, denn auch er vergrub seine Nase gern in Büchern. Aber er war außerdem Lilys treuester Gefährte gewesen, mit ihr auf Bäume geklettert, wie ein Wilder mit ihr über Land galoppiert und hatte sich aufopferungsvoll mit ihr um die Tiere auf dem Loring-Anwesen gekümmert. Und bei ihren jugendlichen Eskapaden war er ihr unfreiwilliger Komplize gewesen.
»Ich weiß ja, dass dir mein Wohl am Herzen liegt, Basil«, fuhr sie nun sanfter fort. »Und du weißt, dass es mir nicht
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