Sanfte Eroberung
ihnen nach, deren füllige Gestalt es ihr unmöglich machte, mit den jungen Männern mitzuhalten.
Lilys Arme und Beine ermüdeten, doch zum Glück befand sie sich bald in flacherem Wasser, wo sie Grund unter den Füßen fühlte. Sich aufrichten zu wollen, gestaltete sich hingegen als sinnloses Unterfangen. Sie hatte ihre Schuhe verloren und mit den Strümpfen fand sie keinen Halt im sandigen Schlamm. Und selbst als sie es endlich geschafft hatte, kam sie sich vor, als würde sie schwere Ketten hinter sich herziehen, während sie aus dem See watete.
Einmal fiel sie beinahe, und an einer Stelle, an der das Wasser noch hüfthoch war, trat sie auf etwas Scharfkantiges, das ihr in die Zehen schnitt. Auf ihren Schmerzensschrei hin gab Heath einen verärgerten Laut von sich.
»Das reicht! «, entschied er, hob sie hoch und trug sie das letzte Stück bis zum Ufer.
Sie quiekte wütend, war aber leider gezwungen, sich an ihn zu klammern, während er energisch durch das Wasser pflügte.
»Lass mich runter!«, schimpfte sie, als das Wasser nur noch knietief war.
»Das würde ich gern«, erwiderte er. »Du wiegst so viel wie ein gestrandeter Wal. «
Kaum hatte er es ausgesprochen, stolperte er auch schon und sank auf ein Knie. Obwohl er Lily mühelos hielt, die ihre Arme fester um seinen Hals schlang, stießen beide im Chor denselben Fluch aus.
Und gleichzeitig fiel ihnen auf, wie komisch die Situation war. Lachend sahen sie einander an.
Als er sich wieder mit ihr aufgerichtet hatte, wich ihrer beider Lachen einem atemlosen Lächeln.
»Du machst es einem verdammt schwer, den Helden zu spielen, meine Süße.«
Lily schmunzelte. »Von Held kann gar keine Rede sein! Hättest du meine Hutbänder nicht gelöst, wären wir jetzt nicht durchnässt.«
Bis sie das Ufer erreichten, waren die anderen bereits dort.
Die atemlose Winifred sprach als Erste. »Wie wunder-voll von Ihnen, My Lord! Sie haben ihr das Leben gerettet. «
»Das ist entschieden zu viel des Lobes, My Lady«, widersprach er lächelnd.
»Oh ja!«, fügte Lily hinzu. »Ich würde sagen, ich war nicht ganz unbeteiligt an meiner Rettung.«
Er grinste ihr zu, während Winifred den Kopf schüttelte. »Ach, aber das war ziemlich romantisch! «
Lily ignorierte ihre Freundin und wandte sich an Heath. »Lass mich jetzt bitte runter, My Lord. Du warst bereits hinreichend ritterlich für einen Tag.«
Er tat wie ihm geheißen. Sobald Lily jedoch stand, verzog sie das Gesicht vor Schmerz, denn der grobe Untergrund bohrte sich unangenehm in ihre Fußsohlen.
Winifred bemerkte es. »Lily, du kannst nicht ohne Schuhe zum Haus zurückgehen.«
»Ich habe auch nicht vor, zu deinem Haus zu gehen, Winifred. Ich gehe nach Danvers Hall, wo ich mir trockene Kleider anziehen kann. «
Plötzlich wanderte ein Strahlen über ihrer Ladyschaft Gesicht. »Ja, selbstverständlich musst du dich zu Hause umkleiden. Ich besitze ja keine Kleider, die dir passen könnten. Und Sie müssen sie begleiten, Lord Claybourne. Sie brauchen ebenfalls trockene Sachen, und Lord Danvers sollte reichlich Auswahl in seiner Garderobe haben. «
Lily wollte widersprechen, nur waren sie beide tropfnass, und ihr wurde kalt.
Ohnehin kam Heath ihr zuvor. »Meine Kutsche bringt uns nach Danvers Hall, Lady Freemantle. Wir gehen gleich zu den Stallungen, so dass die übrigen Gäste nicht gestört werden. «
Winifred nickte froh, ehe sie Lily sorgenvoll musterte. »Ich sollte einen Diener schicken, der Decken holt ... «
»Ich habe welche in meiner Kutsche«, beruhigte Heath sie. »Bitte verzeihen Sie, dass wir Sie so überstürzt verlassen müssen, My Lady.«
Mit einer Verbeugung zu ihrer Gastgeberin hob er Lily hoch, ohne auf ihre Empörung zu achten, und ging mit großen Schritten in Richtung Stallhof.
Lily wusste, dass jede Widerrede vergebens wäre, trotzdem schalt sie ihn, sobald sie außer Hörweite waren. »Du nutzt Winifreds Ehrgeiz als Ehestifterin schamlos aus!«
»Das mag stimmen, doch sind die konventionellen Methoden der Brautwerbung bei dir fruchtlos, folglich muss ich jede Chance ergreifen, die sich mir bietet.«
Hmpf!, machte Lily. »Du kannst unmöglich wie Winifred glauben, diese Farce sei romantisch! «
»Nein, das ist sie gewiss nicht. Du siehst aus wie eine ertrunkene Ratte.«
Lily gab sich alle Mühe, indigniert dreinzublicken. »Also, erst ein Wal, jetzt eine Ratte. Wie überaus schmeichelhaft von dir! «
Er schmunzelte. »Komplimente weißt du gemeinhin nicht zu schätzen, wie
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