Sanfter Mond über Usambara
mit Alkohol volllaufen zu lassen?
» Was für eine Bitte? «
» Ich will mit dem Bau der Kapelle anfangen. «
Charlotte war so verblüfft, dass sie zunächst nichts sagte. Diese verrückte Idee spukte also immer noch in seinem Kopf herum! Aber immerhin hatte er nicht die Absicht, die Plantage zu verlassen, was sie unendlich erleichterte.
» Ich kann einfach nicht begreifen, was Sie daran so begeistert « , erwiderte sie nach einer Weile gedehnt. » Es wird eine ziemliche Plackerei werden, und ich gebe meine Arbeiter nur dafür frei, wenn nichts Wichtigeres ansteht, aber… «
Gerührt stellte sie fest, dass er anfing, vor Freude über das ganze Gesicht zu strahlen. » Es ist schwer zu erklären « , sagte er und verscheuchte eine Fliege von seinem Ärmel. » Ein Mann tut so viele Dinge im Leben, aber nur weniges davon hat Bestand. Wenn ich es schaffe, diese Kapelle fertigzustellen, dann wird von Jeremy Brooks etwas auf dieser Erde zurückgeblieben sein. Finden Sie das sehr lächerlich? «
» Nein, gewiss nicht « , erwiderte sie zögernd. » Doch es klingt ein wenig pathetisch. Sagt man nicht, ein Mann sollte einen Baum gepflanzt, ein Haus gebaut und einen Sohn gezeugt haben? «
Er verzog das Gesicht, doch sie konnte nicht unterscheiden, ob es ein Grinsen oder ein schmerzlicher Ausdruck war.
» Sie haben recht « , bestätigte er und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. » Vielleicht gehört ja noch dazu, dass ein Mann eine Frau geliebt haben sollte. Eine, die seiner Liebe wert ist. «
Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern wandte sich an den alten Kerefu. Er solle ihm ein Maultier satteln, er wolle ins Gebirge reiten.
Charlotte seufzte, es war unschwer zu erraten, was er dort vorhatte.
Dennoch trug Jeremys Bitte dazu bei, dass auch die Abende rascher vergingen. Er saß nun wieder bei ihnen im Wohnzimmer, um sich mit Peter Siegel über die Einzelheiten des Baus abzusprechen. Der Missionar war voller Begeisterung, Klara verwöhnte Jeremy dankbar mit allerlei Leckerbissen, und Elisabeth, die dem Engländer bislang stets mit Skepsis begegnet war, schien nun ebenfalls Gefallen an ihm zu finden.
Dennoch vermisste Charlotte George. Er fehlte ihr, und es waren noch knappe zwei Wochen, bis die Expedition aus dem Zentralbahngebiet zurückkehren sollte. Am kommenden Montag wollte Charlotte mit Elisabeth abreisen, vorher würde sie ein Telegramm an ihre Angestellten in der Villa schicken, damit man auf ihre Ankunft vorbereitet war.
Am Sonntag, als auf der Plantage die Arbeit ruhte, ritt sie mit Jeremy und Peter Siegel zu dem Ort, an dem die Steine für die Kapelle gebrochen und in Form geschlagen werden sollten. Es war ein breites Tal, westlich von Neu-Kronau gelegen und von einem Flüsschen durchzogen. Urwald bedeckte weite Teile des Talgrundes, nur an einigen Stellen erhoben sich felsige Hügel, dort schien der Boden zu karg, um den Bäumen Nahrung zu geben. Zwischen allerlei dürrem Gestrüpp konnte man den kantigen grauen Fels erkennen, ein Stein, der sich nach Jeremys Ansicht bestens als Baumaterial für eine Kapelle eignete.
» Wir werden den Pfad verbreitern müssen, um einen Maultierkarren voranbringen zu können. «
Jeremys Finger deutete quer über den Urwald in östlicher Richtung. Es mochten von hier aus gut zehn Kilometer sein bis zu der Stelle, an der die Kapelle errichtet werden sollte. Weitaus schwieriger als der Ausbau des Pfades jedoch war, dass man zunächst bergab fahren musste, später aber eine heftige Steigung zu bewältigen hatte.
» Gott wird uns helfen « , behauptete Peter Siegel mit leuchtenden Augen.
Der Eingeborenenpfad war fast zu schmal für die Pferde, das letzte Stück mussten sie absteigen und die Tiere hinter sich herziehen. » Was sagen Sie nun? « , rief Jeremy voller Stolz, als sich vor ihnen der Wald lichtete.
Man sah jetzt den Bach, dessen Rauschen sie die ganze Zeit über begleitet hatte. Glitzernd strömte er über den flachen Fels, dahinter stieg das Gelände steil zu einem Hügel an, schrundig und zerklüftet ragte das Gestein zwischen den Gräsern hervor. Halb im Wasser, von kleinen Wirbeln umflossen, lag ein rechteckiger grauer Steinblock, der ganz offensichtlich von kundiger Hand zurechtgeschlagen worden war. Unweit der Stelle erblickte Charlotte mehrere Hämmer und Meißel aus ihrem Besitz.
» Der Grundstein ist schon fertig! «
Sie banden die Pferde fest und bewunderten diesen ersten Stein der zukünftigen Kapelle.
» Heben wir ihn heraus « ,
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