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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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bis Augen fallen heraus und Kopf ist leer wie hohle Kalebasse… «
    Anders als ihr aufgeregter Angestellter hatte Charlotte kaum ein Auge für die Springböcke, Elefanten und Giraffen, die diesen so sehr begeisterten. » Auf dem nächsten Bahnhof steigst du aus und kaufst uns etwas zu essen. Ich gebe dir das Geld. Und Johannes Kigobo wird eine kleine Runde mit Simba machen… «
    Sie waren gegen neun Uhr morgens in den Zug gestiegen, jetzt war es schon nach zwölf, doch der längere Teil des Weges lag noch vor ihnen. Die Fahrt erschien ihr eintönig, kein Vergleich mit der wunderschönen Landschaft, durch die die Usambara-Bahn führte. Die Strecke der Zentralbahn begann in Daressalam und folgte dem alten Karawanenweg in Richtung Tabora durch flaches Land. Man sah lichte Wälder, Buschwerk, Schirmakazien, manchmal die gespenstische Form eines uralten Baobab-Baumes, an den Flüssen wuchsen dichte Mangroven. Die Savanne begann sich wieder grau zu färben, hie und da waren noch grüne Inseln um einzelne Wasserlachen verblieben, die jetzt jedoch eine nach der anderen austrockneten. Vögel hockten auf diesen Inseln, staksten durch das Gras und bewegten bei jedem Schritt die rot-weißen Köpfe vor und zurück. Einmal sah sie einen Marabu, jenen buckligen grauen Gesellen, der Ähnlichkeit mit einem verstaubten Bibliothekar hatte.
    » Wenn Johannes Kigobo mit Simba auf Bahnhof läuft, er muss Hund gut festhalten « , schwatzte Jonas Sabuni in kindlicher Schadenfreude. » Simba ist viel hungrig auf Samosa. «
    Charlotte lehnte sich müde auf der hölzernen Bank zurück und blickte dabei ungeduldig aus dem Fenster, ob nicht endlich in der Ferne ein Gebäude in Sicht kam. Die nächste Station, Ruvu, konnte nur ein kleiner Flecken sein, ein rasch hochgezogenes, flaches Bahnhofsgebäude mit Wellblechdach, dazu höchstens noch einige Lagerschuppen. In der Nähe gab es mehrere Eingeborenendörfer, deren Bewohner ebenfalls von der Bahnlinie profitierten. Vor allem die Frauen, die den Reisenden gern Lebensmittel verkauften und so ein wenig Geld verdienen konnten.
    Wie langsam die Bahn doch vorankam, dachte Charlotte. Sie kroch förmlich über die Schienen und musste immer wieder Wasserläufe überqueren, was die Fahrt zusätzlich verzögerte. Schon eine Weile vor den Brücken begann die Lokomotive zu fauchen und zu pfeifen und drosselte das Tempo, um gemächlich über die hölzernen Brückenkonstruktionen zu rollen. Erst eine ganze Weile danach nahm sie wieder Fahrt auf.
    » Da ist Bahnhof, bibi Johanssen! « Aufgeregt deutete Jonas Sabuni aus dem Zugfenster. » Viel Frauen, viel lecker Maisfladen und Mangofrucht! «
    Trotz der energischen Bemühungen seines Freundes schlief Johannes Kigobo weiter, so dass Charlotte den Hund selbst ausführen musste. Simba nahm die Zugfahrt gelassen. Er hob das Bein an der Wand des Bahnhofsgebäudes und markierte zur Sicherheit noch einige Akazien der Umgebung. Die schwarzen Frauen mit den lecker duftenden Fladen ignorierte er vollständig. Dafür unternahm er einen missglückten Versuch, zwei Hühner zu fangen, die ein Mitreisender in einem geflochtenen Käfig am Bahnsteig abgestellt hatte.
    Charlotte wurde während der Weiterfahrt von bohrenden Kopfschmerzen gequält. Kein Wunder– es zog fürchterlich im Wagen, außerdem herrschte das übliche laute Stimmengewirr aus Deutsch, Englisch und Suaheli. Sie war froh, rechts und links von ihren beiden Begleitern sowie dem großen Hund vor ihren Füßen umringt zu sein, so hatten andere Mitreisende keine Gelegenheit, sie anzusprechen. Nur ein junger Deutscher mit einem nagelneuen Tropenhelm beugte sich vor und fragte neugierig, ob sie die Sisalplantage bei Ruvu kenne, als sie jedoch verneinte, wandte er sich jemand anderem zu.
    Kurz vor Sonnenuntergang stiegen sie endlich in Morogoro aus dem Zug. Charlotte fühlte sich krank und fiebrig. Die hellen Gebäude des Ortes schienen unter einer rötlichen Staubglocke zu liegen, nur undeutlich waren die bläulichen Umrisse des Gebirges in der Ferne zu erkennen. Die Uluguru-Berge sollten bis zu zweitausend Meter hoch sein– eine Landschaft, die dem Usambara-Gebirge an Schönheit gewiss ebenbürtig war. Doch jetzt, da Charlotte mit dröhnendem Schädel und schmerzenden Gliedern auf dem Bahnsteig stand, erschienen ihr die dunklen Erhebungen wie eine Schar hässlicher Drachenleiber, die jenseits von Morogoro auf sie warteten.
    Es gab nur einen einzigen Gasthof im Ort, der Zimmer vermietete, doch diese waren so eng,

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