Sanfter Mond über Usambara
zusammen, Simba drängte sich unter den Tisch und beschnüffelte ausgiebig die vielen Hosenbeine und auch die Röcke und Schuhe der beiden Frauen. Die Ältere kreischte auf, doch sie beruhigte sich sofort wieder und blieb stocksteif sitzen, als Charlotte ihr sagte, sie dürfe den Hund auf keinen Fall erschrecken.
» Mein Name ist Charlotte Johanssen… «
» Johanssen? Doch nicht etwa… Haben Sie etwas mit dem Arzt zu tun, der drüben im Gebirge verschwunden ist? « , erkundigte sich der blonde Sisalpflanzer.
» Das ist mein Mann. «
» Ihr… Mann? Großer Gott. Wollen Sie vielleicht nach ihm suchen? «
» Gewiss. Darum bin ich hier. «
Die Stimmung am Tisch schlug um. Man hatte sie als eine willkommene Abwechslung betrachtet, eine unkonventionelle, ausgesprochen hübsche Person, die möglicherweise leicht zu haben war, weshalb sonst hockte sie ganz allein hier im Gasthaus herum? Weiße Frauen, besonders gut aussehende, waren Mangelware in der Kolonie. Nun aber lagen die Dinge völlig anders.
» Das wird nicht einfach werden, Frau Johanssen « , meinte der junge Beamte Knappert mitfühlend. » Nicht einmal die Askari haben Ihren Mann gefunden. Gestern sind sie zurückgekommen, haben das halbe Dorf auseinandergenommen und eine Menge Schwarzer als Arbeiter rekrutiert… «
Auch der blonde Sisalpflanzer blickte sie mit seinen blassblauen Augen bekümmert an. Was für eine großartige Frau, schien er zu denken. Eine Frau, die mutig ganz allein durchs Land reiste, um ihren Ehemann zu suchen– so eine müsste man bei sich zu Hause haben… wenn man denn überhaupt eine Frau zum Heiraten fand…
» Ihr Mann war ein ungemein sympathischer Mensch, Frau Johanssen… ähm, meine natürlich: Ihr Mann ist ein ungemein sympathischer Mensch«, verbesserte er sich rasch. » Hier an diesem Tisch haben wir zusammengesessen, das ist jetzt vier oder fünf Wochen her… Du warst doch auch dabei, Josef… «
» Freilich « , nickte der schwarzbärtige Händler und starrte dabei auf seine Hände, die den Bierkrug umfassten. » Wir haben uns die Köpfe heiß geredet, es ging lustig zu bis spät in die Nacht. «
» Ein wirklich reizender Mann, der Dr. Johanssen « , mischte sich eine der beiden Frauen ein. » Er war so unterhaltsam und charmant. «
Sie war noch sehr jung und trug das blonde Haar zu einem losen Knoten am Hinterkopf geschlungen, aus dem sich immer wieder feine Strähnen lösten, die sie beständig hinter die Ohren strich.
Ja, dachte Charlotte, George konnte Menschen bezaubern, Männer wie Frauen. Dieses junge Ding hatte er auf jeden Fall in seinen Bann geschlagen. Verspürte sie etwa Eifersucht, in dieser Situation, da sie doch um sein Leben bangte? « Er ist ein bekannter Schriftsteller, nicht wahr? « , mischte sich der junge Beamte ins Gespräch. Er war schmächtig und hatte eines dieser Allerweltsgesichter, die man gleich wieder vergaß.
» Ja, wirklich « , fuhr er fort, wie um sich selbst zu bestätigen. » Dr. George Johanssen. Ich habe eines seiner Bücher gelesen und war sehr beeindruckt. «
» Er soll mit dem Herzog von Mecklenburg nach Ruanda gereist sein… «
Irgendjemand hatte ein Bier für Frau Dr. Johanssen bestellt, und der Sisalpflanzer drückte hastig die Zigarre im Aschenbecher aus, damit der Rauch sie nicht belästigte. Die blonde junge Frau flüsterte mit ihrem Sitznachbarn, und beide schauten mit verstohlenem Mitleid zu Charlotte hinüber. Charlotte spürte einen Stich ins Herz.
» Weiß vielleicht jemand von Ihnen etwas Genaueres über die Suchaktion der Askari? Was haben die Eingeborenen erzählt? Wieso war mein Mann dort nicht aufzufinden? «
Der Sisalpflanzer Gudensen und der Händler Gebauer wechselten Blicke, dann zuckten sie die Achseln und behaupteten, keine Ahnung zu haben, sie könne sich aber morgen in der boma, dem befestigten Gebäude, in dem die Verwaltung und die Truppe untergebracht seien, erkundigen. Sie begriff rasch, dass die beiden mehr wussten, als sie sagen wollten, was nichts Gutes zu bedeuten hatte. Schließlich entschloss sich der junge Horst Knappert, der ein anständiger Bursche zu sein schien, ihr eine Antwort zu geben
» Soweit mir zu Ohren kam, gnädige Frau, haben die Eingeborenen behauptet, er sei ihnen entflohen. Allerdings ist das leicht gesagt, denn es gibt keinen einzigen Beweis dafür. Bestimmt war das eine Lüge, genau wie die anderen Dinge, die sie behaupteten. Nun, so sind die Neger nun mal, vor allem, wenn sie Ausflüchte suchen… «
» Was
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