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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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rufen sollte, denn Hamunas Schreiben richteten sich meist an ihren Liebling, die kleine Tochter der bibi Roden, die sie so schmerzlich vermisste. Doch die fremde, seltsam verschnörkelte Schrift hielt sie davon ab.
    An meine liebe bibi Roden, meine gute Herrin, die immer für uns alle gesorgt hat. Wir sind in großem Unglück und ohne Hilfe, weinen jeden Tag nach unserer guten Herrin, die uns verlassen hat. Böse Menschen, besessen von sheitani, haben uns heimgesucht. Brachten uns Feuer mitten in der Nacht, das hat zwei Schuppen und alle Sisalballen gefressen. Bwana Jacob und bwana Willi haben den Sisal retten wollen, wir alle haben Wasser getragen und in die Flammen geschüttet– aber das Feuer war groß. Es hat vielen von uns Wunden und Blasen gemacht. Sadalla hat arge Schmerzen an Händen und Beinen, aber bwana Willi ist von den Flammen noch in der Nacht gestorben und seine Seele hinauf zu Gott gestiegen. Nun hat bwana Jacob große Trauer, er kann nicht essen und will auch nicht reden. Die Geister wollen ihn mit sich fortziehen, dorthin, wo bwana Willi ist, und wir wissen nicht mehr, wie wir unserem guten Herrn helfen können. Wir sind allein, und es gibt niemanden, der uns sagt, was wir tun sollen.
    Meine gute bibi Roden, es ist Zeit, dass du zu uns zurückkommst. Wir werden tanzen vor Freude, wenn du wieder bei uns bist und auch meine kleine Herrin mitbringst.
    Hamuna, Sadalla, Kapande Mtitima
    Das war es. Gütiger Gott– das waren die Geschehnisse, die Jacob Götz so verändert hatten und die er in seiner tiefen Verzweiflung nicht einmal hatte schildern können. Willi Guckes, der freundliche, fleißige Bursche, der Jacob so nahestand und der zum Entsetzen der Schwarzen bei der Arbeit meist ein Lied vor sich hin pfiff– Willi war bei diesem schrecklichen Brand ums Leben gekommen. Wie groß musste Jacobs Schmerz über den Verlust des Freundes sein– waren die beiden doch unzertrennlich gewesen. Jacob schien über dem Unglück den Verstand verloren zu haben und nicht länger fähig, die Plantage zu leiten.
    Charlotte warf die Decke zurück und setzte sich auf. Es musste etwas geschehen. Jemand musste Jacob helfen, die Verwaltung der Plantage übernehmen, die Arbeiter einteilen, schauen, was nach dem Brand noch zu retten war. Auch an Geld würde es fehlen, scheinbar war die gesamte Ernte verbrannt. Aber wie sollte sie hier in Deutschland einen fähigen Verwalter finden? Jemand, der das Land kannte, der wusste, wie man eine Plantage leitete, die richtigen Entscheidungen traf…
    » George! Ich muss zurück nach Ostafrika… Nur für kurze Zeit, bis ich die Dinge auf meiner Plantage geordnet habe… «
    Sie wusste selbst, dass sie Unsinn redete, dennoch hastete sie auf ihn zu und streckte ihm aufgeregt die Briefe entgegen. George fuhr erschrocken hoch und sprang von seinem Stuhl auf.
    » Um Himmels willen! Charlotte! «
    Charlottes Ohren brausten wie das aufgewühlte Meer und der Wind, der draußen an der Ankerkette zerrte. Sie sah, wie George auf sie zuging, doch seine Bewegungen erschienen ihr ungewöhnlich langsam und schwankend, dann begriff sie, dass sie es war, unter der der Boden wankte. Schließlich gaben ihre Beine nach, die Dielen schienen sich zu öffnen, und sie stürzte metertief in eine lärmende, pochende Finsternis.
    » Mama! Mama! So wach doch auf! Mama! «
    » Keine Angst, Elisabeth. Sie ist schon wieder zu sich gekommen. «
    Langsam schlug Charlotte die Augen auf und blinzelte. Über ihr hing ein goldener Kronleuchter mit hellgrünen Papierschirmchen. Woher kannte sie den? Richtig, sie hatte ihn selbst gekauft, er hing in ihrem Schlafzimmer. In dem gemieteten Haus in Emden. Jemand stützte ihren Kopf und hielt ihr ein Glas an die Lippen, sie schluckte klares kaltes Wasser. Jetzt erkannte sie Georges bärtiges Gesicht, den forschenden Blick seiner ernsten grauen Augen. Neben ihm stand Elisabeth, tief erschrocken und zugleich vorwurfsvoll.
    » Mama, ich habe gedacht, du bist tot! «
    » Was für ein Unsinn, Elisabeth. Ich war nur einen Augenblick… nicht bei mir. «
    Elisabeth streichelte ihr mit warmer, klebriger Hand über die Wange. Zärtlich und beschwichtigend, als müsse sie ihre Mutter trösten.
    » Ich weiß schon, Mama. George hat es mir erklärt. Das kommt alles nur von dem dummen kleinen Bruder. Ich wünschte mir, du würdest kein Kind bekommen… «
    » Warte nur, bis es auf der Welt ist, dann wirst du anders darüber denken. Außerdem kann es genauso gut eine kleine Schwester

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