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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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sogar die Marktfrauen hatten sich nach ihr erkundigt, als sie krank gewesen war, und auch die Nachbarn hatten ihr Mitgefühl ausgedrückt.
    » Wir sollten Weihnachtsgeschenke besorgen, es ist höchste Zeit… «
    » Natürlich, das hätte ich fast vergessen… «
    Georges Zustimmung klang allzu begeistert, um ehrlich zu sein. Bei den wenigen Besuchen in Leer hatte Charlotte bald bemerkt, dass ihr Mann zwar nach wie vor seinen Zauber auf die Verwandtschaft ausübte, wenn sie jedoch am Abend heimfuhren, erschien er ihr abgespannt und froh, Grete Dirksens enges Häuschen endlich verlassen zu können. Er liebte diese Familientreffen nicht und absolvierte sie nur ihr zuliebe. Doch auch sie selbst fühlte sich bei diesen Besuchen zunehmend unwohler, die Freude des ersten Wiedersehens nach zehnjähriger Abwesenheit war längst verflogen, jeder war mit sich selbst beschäftigt. Ettje sorgte sich um ihren Mann, der immer noch kränkelte, Paul und Antje drehten jeden Groschen zweimal um, und einzig die Großmutter ließ immer wieder anfragen, wann sie denn zu Besuch kämen. Freilich ging es ihr vor allem darum, die Enkelin zu sehen. Gegenbesuche in Emden hatte es bisher nur einen einzigen gegeben, gleich im Sommer, als alle auf das neue Domizil in der Osterstraße neugierig gewesen waren. Auch Menna hatte sich damals angekündigt, doch Charlotte hatte ihr telegraphiert, sie sei mit so vielen Gästen überfordert, Menna solle doch einen anderen Termin wahrnehmen. Seitdem hatte sie zum Glück nichts mehr von der Cousine gehört.
    Ein warmes Familiennest hatte sie nicht gefunden, nicht mal ein lauwarmes, das Nest war kühl. Nur Elisabeth gefiel es nach wie vor in Leer, wo sie von der Großmutter nach Strich und Faden verwöhnt wurde und mit Ettjes Söhnen durch die Umgebung streifte.
    » Vielleicht lassen wir Elisabeth bei unserem Weihnachtsbesuch für ein paar Tage in Leer und holen sie später wieder ab « , schlug George vorsichtig vor.
    Charlotte begriff, dass er keine Lust hatte, in der engen Schlafkammer zu übernachten, und dieses Mal teilte sie seine Meinung. Das kleine Zimmer stimmte sie traurig, erinnerte es sie doch an die Zeit, als sie dort mit Klara geschlafen hatte. Ihre kleine Cousine Klara, die nun wohl schon in der Missionsstation in Usambara lebte, war die Einzige ihrer Verwandten, die immer vorbehaltslos zu ihr gehalten hatte. Klara hatte niemals Sehnsucht nach der Ferne verspürt, nur aus Anhänglichkeit an Charlotte war sie damals mit ihr nach Afrika ausgewandert. Und sie war dort geblieben, während Charlotte nun wieder in Deutschland lebte.
    Kurz vor den Feiertagen fiel zu Elisabeths großer Begeisterung ein wenig Schnee. Es waren dicke, feuchte Flocken, die langsam aus den Wolken sanken, kitzelnd an der Haut festklebten und bauschige Polster auf Dächern und Zäunen bildeten, am Boden aber bald wieder zu Wasser wurden. George trug das fertige Manuskript seines neuen Buchs eigenhändig zur Post und kehrte mit Schneeflocken an Hut und Mantel wieder zurück. In seiner Miene stand weder Stolz auf das abgeschlossene Werk noch Zufriedenheit, stattdessen erkannte Charlotte darin jene Unrast, die ihr schon früher an ihm aufgefallen war.
    » Nun werde ich vorerst nichts mehr zu tun haben « , stellte er mit einem schiefen Grinsen fest und griff nach der Zeitung.
    Sein Grinsen erschien ihr voller Selbstironie und hätte sie eigentlich stutzen lassen müssen, doch sie war ärgerlich auf ihn, denn er hatte das Originalmanuskript in einem Schreibbüro abschreiben lassen, anstatt ihr diese Arbeit zu überantworten.
    » Dann geht es dir ja wie mir. «
    Irritiert über ihren spitzen, fast angriffslustigen Ton ließ er die Zeitung sinken. Hatte er vielleicht geglaubt, ihre Tage seien ausgefüllt, nur weil sie sich um ihre Tochter kümmerte, ein wenig Klavier spielte und den Haushalt überwachte? War sie Marie, die niemals etwas anderes hatte tun wollen, als Kinder zu erziehen und ein großes Haus zu führen? Sie hatte ein Geschäft in Daressalam besessen und fünf Jahre lang eine Plantage geleitet.
    Eine Plantage, die sie nun verkauft hatte. Max von Rodens Lebenswerk führte ein anderer weiter. Sie, Charlotte, besaß nichts als das Geld auf der Bank, das sie eigentlich für ihre Tochter hatte anlegen wollen, wozu sie sich aber noch nicht hatte durchringen können.
    Sie begegnete Georges erschrockenem Blick, spürte plötzlich den Strudel unter der dünnen Eisdecke und die Angst, etwas unsagbar Wichtiges aufs Spiel zu

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