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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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getan, das weiß ich nur zu gut. Und ich hatte nicht die Kraft, es zu verhindern. Mein Gott– vielleicht wäre unser Kind noch am Leben, wenn wir in Afrika geblieben wären… «
    » Wie kannst du so etwas behaupten! «
    Seine Selbstvorwürfe bekümmerten sie, aber zugleich war sie zornig auf ihn. Die Dinge hatten sich nun einmal so entwickelt– was nutzte es, Schuld auf sich zu nehmen und trostlose Mutmaßungen anzustellen?
    » Hör zu, George « , sagte sie mit mühsam erzwungener Ruhe. » Ich habe Afrika freiwillig verlassen, niemand hat mich dazu gezwungen, auch du nicht. Es war richtig, nach Deutschland zu reisen, denn hier hast du Verbindungen geknüpft, deine Erfahrungen eingebracht, und wer weiß, ob die momentane Kehrtwende nicht zu einem kleinen Teil auch deiner publizistischen Arbeit zu verdanken ist… «
    Sie hatte sich in Rage geredet und hielt nun für einen Augenblick inne, um die Wirkung ihrer Worte zu prüfen. Es lag ein schwacher, ironischer Zug um seinen Mund, doch seine Augen waren mit großem Ernst auf sie gerichtet.
    » Gut, es ist mir schwergefallen, die Plantage zu verkaufen « , fuhr sie fort. » Aber ich hatte meine Entscheidung getroffen, und du hättest mich nicht zurückhalten können, selbst wenn du es versucht hättest. Hast du das verstanden? Du bist nicht für mein Handeln verantwortlich, selbst dann nicht, wenn es aus Liebe zu dir geschieht! «
    Er war nicht fähig zu antworten, doch die Ironie um seinen Mund war nun verschwunden. Er starrte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal, forschend, staunend, mit aufkommender Bewunderung.
    » Und noch etwas « , erklärte sie energisch. » Falls du dich entschließen solltest, doch an dieser Expedition teilzunehmen, dann werde ich dich begleiten. Wir werden Elisabeth solange in der Missionsstation bei Klara unterbringen und später entscheiden, wie und wo wir leben werden. «
    Das war zu viel. Aus der Bewunderung wurde Heiterkeit, er begann zu lachen, übermütig und unendlich erleichtert zugleich.
    » Du willst mich sogar begleiten? Du verrückte Person, du! «
    » Glaubst du etwa, ich lasse dich… «
    Sie konnte nicht weitersprechen, denn er hatte sie trotz aller Gegenwehr in seine Arme gerissen und presste sie an sich.
    » Wie kannst du dich nur an einen so wankelmütigen Menschen wie mich hängen? « , flüsterte er ihr ins Ohr. » Ein windiger Bursche, ein unzuverlässiger Kerl ohne Prinzipien, der dich in die Irre führt… «
    » Das ist meine Entscheidung, George Johanssen. Du musst gleich morgen telegraphieren, versprich mir das, ja? Wann will der Herzog von Mecklenburg aufbrechen? Im Frühjahr? Ach du meine Güte– Klara wird wieder einmal behaupten, der Herr habe ihre Gebete erhört… George, so pass doch auf, jetzt hast du mir einen Knopf abgerissen… «

Teil II

März 1907
    Am Morgen war der Atlantik noch eine blaugrüne, leicht wogende Fläche gewesen, kleine Wellen verschäumten zu Gischt, wenn der Bug des Dampfers sie durchschnitt, in der Ferne sah man die grauweißen Felsen der bretonischen Küste. Dann erwachte das Ungeheuer tief unten auf dem Grund des Ozeans, es regte sich, bäumte sich auf, brüllte und peitschte die See mit seinem mächtigen Schweif.
    Wie ein Spielzeug wurde die Feldmarschall emporgehoben, auf die schäumende Kuppe der Woge getragen, um von dort in die Finsternis des Wellentals hinabzustürzen. Der Bug des Dampfers bohrte sich tief ins graugrüne Meer, schwer schlug die See über das Vordeck, und selbst den erfahrenen Seeleuten war bang, ob nicht die nächste Welle ihre Fahrt für immer beenden würde.
    Die Zustände an Bord waren entsetzlich. Im Salon der ersten Klasse rutschten Möbelstücke durch die Räume und schlugen splitternd gegeneinander, aus den Regalen fielen trotz der Halterungen Flaschen und Gläser und zerschellten im allgemeinen Durcheinander. Niemand kümmerte sich darum, die Stewards hatten alle Hände voll zu tun, die seekranken Passagiere zu versorgen, die sich verzweifelt an ihre Betten klammerten, um nicht hinausgeschleudert zu werden. Vielen war so elend, dass sie nur noch sterben wollten, in die kalten Wogen sinken, nichts mehr wissen, nichts mehr spüren, nur endlich von diesen Qualen erlöst sein. Oben auf der Brücke und unten im Maschinenraum kämpfte die Besatzung währenddessen verzweifelt gegen die harte See. Den Kurs zu halten war Illusion, wichtig war nur, die Angriffe des aufgewühlten Ozeans heil zu überstehen.
    Charlotte zählte zu den wenigen Passagieren,

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