Sanfter Mond über Usambara
nicht über ihre Heirat erbaut gewesen, schließlich war der Bräutigam nur Schreinermeister und dazu noch fünfzehn Jahre älter als sie. Aber sie habe an ihm festgehalten.
» Wir sind vor fünf Jahren hierhergekommen. Mein Gott– ich hätte nicht geglaubt, dass es so hart sein könnte. Wir hatten nicht einmal ein Haus, nur eine Hütte aus Zweigen und Lehm, wie sie die Eingeborenen bauen. Das Schlimmste waren die Ratten, die überall herumliefen und alles anknabberten. Als unser Ältester geboren wurde, hat mir eine Schwarze geholfen, der Arzt kam erst drei Tage später zu uns… «
Charlotte hörte geduldig zu. Karl Manger schien kein zärtlicher Ehemann gewesen zu sein, er hatte seiner jungen Frau eine Menge zugemutet. Erst vor zwei Jahren hatte er ein festes Haus aus Ziegeln erbauen lassen, und als seine Frau einige wenige Möbelstücke und Geschirr aus dem Besitz ihrer Eltern schicken ließ, war er wütend über die hohen Frachtkosten gewesen. Ihre Mitgift gab er allein für das Gedeihen der Plantage aus, kaufte teure Gerätschaften, Sämereien, Vieh und Zugtiere, bezahlte die Löhne der Arbeiter.
» Zuerst haben wir das Land von der Ostafrikanischen Gesellschaft gepachtet, das kostete nicht viel. Dafür hatten wir die Auflage, jährlich mindestens fünfzig Hektar zu kultivieren; wer ein Viertel des gepachteten Landes kultiviert hatte, durfte es von der Gesellschaft kaufen. Mein Mann war ehrgeizig– er konnte die Pflanzung schon im vergangenen Jahr erwerben. Viele andere Pflanzer brauchen dafür weitaus länger und kaufen auch nur einen Teil des Landes. Dabei ist der Preis eigentlich spottbillig, drei Rupien pro Hektar… «
Das war nicht viel, der Verkauf eines Zentners Kartoffeln erbrachte schon sieben Rupien, das entsprach nach deutscher Währung ungefähr neun Mark. Dennoch hatte sich Karl Manger bei einem Geldverleiher in Tanga verschuldet– er hatte den Besitz unbedingt sein Eigen nennen wollen, obgleich die Mitgift seiner Frau schon aufgebraucht war. In einem Jahr habe er das Geld leicht verdient, hatte er behauptet. Zwar trugen die Kaffeebäume erst nach sieben Jahren die ersten Früchte, doch er hatte sich auf die Ackerfrüchte verlassen. Dann hatte ihm die Kartoffelfäule einen Strich durch die Rechnung gemacht.
» Er nimmt schrecklich hohe Zinsen, dieser widerliche Mensch. Es muss ein Jude sein– ach, liebe Charlotte, diese Leute sind das Verderben der Menschheit. «
Die Tür knarrte, und ein kleiner Junge lugte scheu durch den Spalt. Als Charlotte ihm zulächelte, schob er die Tür ganz auf und lief zu seiner Mutter.
» Willi heult « , meldete er und sah verlangend auf die blinkenden Gläser mit Limonade.
» Will auch. «
Er bekam einen Tonbecher– das schöne Kristall war nicht für Kinderhände bestimmt–, dann schickte Ida Manger die schwarze Angestellte nach oben, um nach dem Jüngsten zu sehen.
» Sie sind faul, die Schwarzen « , seufzte sie. » Alles muss man ihnen auftragen, nie kommen sie von selbst auf die Idee, mit anzupacken. Mein Mann war oft jähzornig, hat sie geprügelt und bestraft, aber geholfen hat es wenig. Sie kennen weder Treue noch Pflichtbewusstsein– stellen Sie sich vor, die Burschen sind einfach weggelaufen, und wir standen ohne Arbeiter da… «
Karl Manger schien in der Tat ein hartherziger Mensch gewesen zu sein, sinnierte Charlotte, auch wenn man nicht schlecht über einen Toten denken sollte. » Ich kann gut verstehen, wie Ihnen jetzt zumute ist, Ida. Sehen Sie, mich traf vor sieben Jahren das gleiche Schicksal… «
Sie erzählte von Max, der die Plantage am Kilimandscharo mit so viel Energie und Optimismus geführt hatte und ganz plötzlich aus dem Leben gerissen wurde. Max von Roden und Karl Manger hatten außer ihrem frühen Tod nicht viel gemeinsam, doch das erwähnte sie nicht.
» Und was haben Sie getan, als Sie unversehens allein mit dem Besitz dastanden? «
» Ich habe mich damals entschlossen, die Pflanzung weiterzuführen. «
Ida Manger blickte sie voller Bewunderung an, dann fing sie geschickt den Tonbecher auf, den ihr Sohn gerade von der Tischkante schob. Von oben war jetzt lautes Gebrüll zu hören, sogar Schnapsi, der schläfrige Löwenhund, zuckte mit den Ohren, ohne seinen Kopf von Charlottes Schuhen zu nehmen. » Aber wie haben Sie das geschafft? «
» Zuerst war es schwer. Später fand ich zwei tüchtige Verwalter… «
Ida Manger schüttelte mutlos den Kopf. Es gehe alles drunter und drüber, sie habe nicht einmal die
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