Sankya
tun, als würde er nur schnell gehen und sich nicht auf zielloser Flucht befinden, tauchte ab in den Hof gegenüber, er vermutete dort einen Durchgang. Und so war es auch.
Zehn Minuten später, nach der Durchquerung mehrerer Höfe, dabei immer wieder auf dem Eis ausrutschend, wobei er auch einmal ordentlich hinfiel, vom Laufen aber noch immer nicht außer Atem, wusste Sascha mit geradezu tierischem Instinkt, dass man ihn nicht verfolgte.
Er nahm seine Mütze ab und warf sie weg, für alle Fälle. Wenn dieser Typ trotzdem die Miliz angerufen hat, hatte er als Merkmal sicherlich die Mütze genannt. Sie werden nach der Mütze suchen. Alles andere an ihm war ganz gewöhnlich. Dunkle Jacke, dunkle Jeans, dunkle Schuhe.
»Oder etwa nicht dunkel?« Sascha hob das Bein, schaute den Schuh an. »Feucht sind sie.«
Er holte das Portemonnaie hervor, nahm ein dickes Bündel Geld, wühlte noch weiter darin rum – irgendwelche Karten, Dokumente gab es keine, nicht einmal einen Führerschein. Er warf es in eine Pfütze, das Geld steckte er in die Tasche. Es hatte kaum Platz.
Er ging rasch auf den Platz, dort befand sich ein Taxistand, erinnerte sich Sascha. Auf dem Platz befanden sich noch Menschen, hauptsächlich Betrunkene. Die Leute drängten sich um die nächtlichen Buden. Sascha überquerte den Platz, nüchtern und klar, Richtung Taxis, die er auf der anderen Seite entdeckt hatte.
Langsam fuhr ein Streifenwagen der Miliz vorüber. Der Fahrer blickte an Sascha vorbei – auf die lärmenden Jugendlichen, die am Gehsteig standen. Sascha nahm seinen leichten Schritt ein wenig zurück, ließ den Streifenwagen passieren und ging ruhig weiter. Er rauchte nicht einmal. Jeder Herzschlag war direkt und ehrlich, alles war an seinem Platz, nicht eine Faser zitterte.
So viel Geld hatte Sascha noch nie in Händen gehalten, ja, nicht einmal vermutet, dass Leute solche Beträge in der Tasche tragen könnten. Wozu eigentlich? Kaufen sie sich nachts … Scheiße, was kann man dafür eigentlich kaufen? … Ein Sportrad bekommt man sicher dafür … Kauft man Rennräder nachts? Oder mit dem Taxi nach Sankt Petersburg fahren, um die Weißen Nächte anzuschauen? Wohin mit so viel Geld? Wie gibt man das aus?
Er teilte das Geld in drei Teile. Einen Teil brachte er Posik.
»Das ist die gemeinsame Kasse, Posik«, sagte Sascha. »Kauf dir eine Jacke und Stiefel – das ist ein Auftrag von Nega. Für den Rest schick ihm Pakete. Solange es reicht. Wenn es zu Ende geht, sag mir Bescheid.«
Posik war sehr ernst.
»Wenn etwas passiert, holt mich«, bat er.
»Gut«, antwortete Sascha.
»Wenn du mich nicht rufst, werde ich selbst etwas … unternehmen.«
»Ich werde dich rufen.«
Den anderen Teil beschloss er der Mutter zu geben, aber nicht alles auf einmal, um sie nicht misstrauisch zu machen.
»Woher ist das?«, fragte sie erfreut und mit ein wenig Angst in der Stimme, auch wenn sie nur einen Bruchteil dessen, was ihr eigentlich zustand, erhalten hatte.
»Gestohlen«, gab Sascha so aufrichtig zur Antwort, dass es die Mutter nicht glaubte.
»Ist das wirklich wahr?«
»Du brauchst Stiefel«, sagte Sascha und ging aus der Küche. Er log die Mutter nie an, und auch jetzt wollte er nicht lügen.
Den Rest versteckte er – nicht für sich selbst, sondern einfach so, für die Zukunft. Dass es für ihn selbst wäre, daran hätte er nicht einmal gedacht, er brauchte es nicht.
Er nahm sich nur einen knisternden Schein, ging Wodka kaufen, gleich drei Flaschen und eine Stange Zigaretten. Er trank nie alleine, in der leeren Wohnung.
»Und jetzt werde ich trinken …« – Sascha schaute die Flasche mit fröhlichen Augen an. Er schnitt sich eine riesige Salzgurke auf, machte drei Spiegeleier, kochte eine Käsewurst. Er saß in der Küche, wippte mit dem Bein. Als hätte er vor, etwas wahnsinnig Wichtiges zu unternehmen.
Er spürte, dass alles, was in der letzten Zeit innerlich geschmerzt hatte, ausgebrannt war. Ab jetzt würde an dieser Stelle nichts mehr brennen. Es blieb nur noch, ein wenig zu trinken, um den Rest der Wunde ganz abzutöten.
Und er trank. Anschließend aß er eine Gurke, schloss die Augen fest und zufrieden.
»Jetzt. Wird. Mir. Gut.«, sagte er sich. »Und ganz ruhig.«
Er kaute an den Eiern, zerstach das Würstchen mit der Gabel in widerliche Stücke. Nach dem zweiten Gläschen begann er die Brocken und die kalt gewordenen Spiegeleier liebevoll zu betrachten, er wollte ihnen zuzwinkern, biss krachend in die Gurke und kniff
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