Sankya
bringen.
»Was soll ich ihnen denn Besonderes sagen?«, ertönte plötzlich eine unerwartet klare Stimme in Saschas Innerem, und das ganze Chaos hatte ein Ende.
»Ich weiß nichts«, sagte er mit Nachdruck.
Der Falsche sprang zu ihm.
»Steh auf«, sagte er. Sascha stand auf, und spürte schon im Voraus …
»Ich werde dich jetzt genau hierhin …« – er stupste Sascha mit seinem Wurstfinger gegen die Brust. »Bereit?«
Sascha schaute ihn direkt an, ohne zu antworten.
Der Falsche packte Sascha an der Schulter und schlug heftig zu. Sascha wäre wahrscheinlich umgefallen, aber sie hielten ihn fest.
Sascha stand mit offenem Mund da – rang nach Luft.
Der Falsche spreizte die linke Hand und Sascha bemerkte, dass er eine Zigarette zwischen den Fingern hielt. Der Falsche fuchtelte mit ihr aus irgendeinem Grund vor Saschas Augen herum, inhalierte und blies dann den Rauch in Saschas geöffneten Mund, der Atem schöpfte.
Sie setzten Sascha auf den Stuhl, banden ihn mit dem »Armband« an der Sessellehne fest, sodass er sich nur noch gemeinsam mit diesem bewegen konnte.
»Also gut«, sagte der Graue, »die Namen der Organisatoren nenne ich dir selbst. Matwej. Jana. Krücke.«
»Ich kenne keinen Krücke«.
»Richtig. Deshalb – Matwej und Jana.«
»Das hab ich nicht gesagt.«
»Was heißt, du hast das nicht gesagt? Gerade hast du’s gesagt.«
Sascha schaute in die Ecke des Zimmers, versuchte die Bewegung seiner Gedanken einzudämmen, mit Willenskraft zu verblöden, zu einem Tölpel zu werden, schweigsam, nicht reflektiert. Um den Mund zu versiegeln und nicht zu denken. Und dann würde sich früher oder später alles entscheiden.
»Mehr als das, Jana hat das schon gestanden. Sie sitzt hier, im Nebenzimmer. Gegen dich hat niemand etwas, da winkt nicht einmal eine Verwaltungsstrafe. Jetzt schreiben wir in fünf Minuten rasch auf, was du sagst. Und du gehst nach Hause. Also?«
»Ich weiß nichts, ich habe das schon gesagt.«
»Verficktes Arschloch«, explodierte der Falsche plötzlich, »ihr habt es schon verfickt, Milchkinder! Uns ficken sie ins Hirn wegen euch, stinkende Hundsfötter. Mir reicht’s jetzt wirklich, du Wanze. Oder ich fick dich jetzt gleich selbst. Wo ist das Werkzeug?« Die Frage richtete sich an den Grauen. Der deutete zum Kästchen an der Tür.
Der Graue nahm einen dicken Gummiknüppel und stieß mit dessen Ende Sascha gegen die Stirn.
»Wir stecken ihn dir in den Arsch, kapiert? Bis zur Schlaufe. Und du wirst mit dieser Schlaufe herumlaufen, wie Christbaumschmuck. Und in der Zelle werden dich die Kriminellen an dieser Schlaufe zu sich herziehen. Wie gefällt dir das?«
Sascha schwieg.
»Also?«, fragte der Graue abermals.
»Ich schwöre, dass ich mit der Sache nichts zu tun habe!
Wenn Sie auf dem Laufenden sind, müssten Sie das auch wissen. Darf ich auf die Toilette gehen?«, fragte er, ohne zu unterbrechen.
Sascha spürte im Genick, dass ihn der Falsche nicht davonkommen lassen wollte.
»Du erzählst jetzt alles und dann kannst du gehen«, sagte der Graue.
»Ich piss mich gleich an.«
»Wenn du zurückkommst, sprechen wir dann?«, fragte der Graue, der mit der Handfläche über das am Tisch stehende Telefon strich.
Sascha nickte – weshalb auch immer.
»Also, geh schon«, stimmte der Grauen unverhofft zu. »Sammle deine Gedanken. Es wird sich nicht auszahlen, zu bocken.«
Und er griff sofort zum Hörer.
»Er muss nur ohne mich telefonieren«, verstand Sascha – »sonst hätte er mich nicht hinausgelassen …«
Der Falsche begleitete Sascha zur Toilette am Ende des Korridors. Eine kleine verwahrloste Kammer, ohne Spiegel, überhaupt ohne alles. Nur eine Kloschüssel.
Sascha ließ Wasser und blieb einige Sekunden stehen, nachdenklich. Es fiel ihm nichts ein.
»Jetzt werden sie mich hier begraben … Was steht jetzt wohl in meiner Visage geschrieben … Dass ich Angst habe oder …?«
Sascha hob – für sich selbst überraschend – den Deckel des Spülkastens und schaut sich im Wasser an. Im aufgewirbelten Wasser spiegelte sich sein Gesicht. Eigentlich gar kein Gesicht – weder verschreckt, noch stolz. Bloß ein Gesicht.
Und er ging hinaus …
»Wann bist du nach Moskau gekommen?« Der Graue blickte aufmerksam und klopfte mit den Fingerknöcheln gegen den Tisch.
»Vor vier Tagen.«
»Wozu?«
»Ich fahre ständig hierher. Spazierengehen. Eine schöne Stadt.«
»Als du spazieren warst, hast du Jana und Matwej getroffen. Und ihr habt begonnen, eine
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