Santa Clause - Eine Unglaubliche Geschichte
verändert. Du kannst froh sein, daß du sie nicht bereisen mußt.« Er schüttelte den Kopf. »Es sind die Menschen. Sie scheinen sich nichts mehr daraus zu machen, andere zu beschenken, damit sie das Licht der Freude in den Augen eines Freundes sehen können. Es . . .«Er brach ab und mühte sich, die Worte zu finden, mit denen er dieser formlosen Trauer Ausdruck geben konnte, die ihn so sehr bedrückte. »Weihnachten . . . das ist kein Fest mehr, sondern ein Rummel. Vielleicht bin ich nur ein alter Narr und empfinde es so.«
Anya trat rasch an seine Seite, umarmte ihn und hielt ihn fest an ihr Herz gedrückt, während sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten. »Vielleicht bist du altmodisch, doch bestimmt kein Narr. Niemals.«
Aber ihr Mann gab ihr keine Antwort, sondern schüttelte nur betrübt den Kopf.
Fleck saß hinter seinem Schaltpult und überwachte den endlosen Metallwald aus Roboterarmen und Automaten, die mehr Spazierstöcke aus Bonbonmasse in einer Stunde produzierten, als er in einem ganzen Jahr hätte herstellen können. Und hier brauchte er nicht mehr zu improvisieren, um Fließbänder aus Spielzeugersatzteilen zusammenzubasteln. B.Z. geizte nicht, wenn er sich einen Profit versprach. Er hatte ihm nur erstklassiges Material zur Verfügung gestellt.
Fleck sah die Bonbon-Spazierstöcke auf dem Transportband an sich vorbeiziehen wie einen leuchtenden rotbraunen Fluß. Sie glänzten so hell von der Extradosis Sternenstaub, der in der Bonbonmasse steckte, daß er
fast geblendet die Augen schließen mußte. Die Maschinen dröhnten fort — ratta-ta-ta –, und das war ein traurigeres und deprimierenderes Geräusch als die Musik, die er als Arbeitsanreiz für die Elfen erfunden hatte. Aber schließlich arbeiteten ja hier keine Elfen. Nicht einmal ein menschliches Wesen war in dieser Halle zu sehen. Er hatte allen Maschinen helle Farben gegeben, wie sie am Nordpol vorherrschten, und sogar den Automaten seinen privaten Stempel aufgedrückt: »Fleck & Co — Spielzeugfabrik. Doch trotz seiner Bemühungen, diese Fabrikhalle so heimelig zu gestalten wie eine Werkstätte am Nordpol, war sie so seelenlos geblieben wie der menschliche Geier, der sie eingerichtet hatte, und das konnte Fleck, dem der Glaube an die Gutherzigkeit anderer Wesen angeboren war, nicht recht begreifen.
Er wußte nur, daß er sehr unglücklich war — daß er Santa und seine Freunde so sehr entbehrte, wie er das früher nicht für möglich gehalten hätte, und daß er sie und das wunderbare Dorf, in dem sie lebten, nie richtig geschätzt hatte. Nun bereute er, daß er zu elfoistisch gewesen war, daß er nur an seinen persönlichen Ruhm gedacht und darüber den eigentlichen Sinn ihres Gemeinwesens vergessen hatte, nämlich in selbstloser Zusammenarbeit die bestmöglichen Spielzeuge herzustellen, um anderen eine Freude zu machen.
Er suchte seine freudlose Umgebung zu vergessen, indem er sich voller Sehnsucht an die Vorweihnachtssaison am Nordpol erinnerte, an die fröhliche Betriebsamkeit und vor allem an Santa Claus, diesen großartigen, gutmütigen Mann, der an den Werkbänken entlangging und dafür sorgte, daß alles so war, wie es sein sollte, und wo sie sich alle auch wohl fühlen konnten, wenn sie fleißig ihre Arbeit taten.
Hätte er sehen können, wie sehr sich Santa Claus inzwischen verändert hatte und wie ernüchtert er war, hätte er auch nur ein Zehntel von dem Kummer gespürt, den er Santa Claus und seinen Freunden zugefügt hatte, wäre er wohl selbst vor Kummer ganz krank geworden. Es war nie seine Absicht gewesen, jemandem weh zu tun. Er war viel zu elfozentrisch, um die Folgen seiner Handlungsweise zu überdenken. Er sah die Dinge nur aus dem Blickwinkel seines eigenen verletzten Stolzes . . . und wollte so rasch wie möglich nach Hause zurückzukehren.
Da schrillte plötzlich eine Alarmsirene in der Fabrikhalle, die Fleck schmerzlich aus seinen Tagträumen weckte. Die Automaten und Roboter blieben stehen, während die Anzeige eines wichtigen Instruments auf seiner Schalttafel auf Leer stand.
Fleck sah auf den Monitor, der vor ihm rot aufflackerte. »Verflixt«, murmelte er, »höchste Zeit, daß ich die Trichter nachlade.« Je früher er mit diesem Projekt fertig wurde, um so eher konnte er auf die Heimreise gehen. Er stieg von seinem Hocker vor dem Kontrollpult herunter und lief zu einer Tür in seiner Nähe. Eigentlich war ihm diese Panne ganz recht, weil er sich die Beine vertreten konnte. Er öffnete die
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