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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Plötzlich machte mir sein Herumgekreische nichts mehr aus. Ganz im Gegenteil, es war eigentlich recht amüsant zu beobachten, wie die Hautfarbe zwischen seinen Bartlinien von Dunkelrosa ins Violette wechselte.
    Mr George kam gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass die Plusterlippe mich vor lauter Zorn ohrfeigte.
    »Heute war es, wenn möglich, noch schlimmer.« Giordano ließ sich auf einen zierlichen Stuhl sinken und tupfte sich mit einem Taschentuch in seiner derzeitigen Hautfarbe den Schweiß ab. »Sie hat die ganze Zeit mit glasigen Augen vor sich hin gestiert - wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich auf Drogen tippen!«
    »Giordano, bitte . . .«, sagte Mr George. »Wir haben heute alle keinen besonders guten Tag . . .«
    »Wie geht es ... ihm denn?«, fragte Charlotte leise, mit einem Seitenblick zu mir.
    »Den Umständen entsprechend«, erwiderte Mr George ernst.
    Wieder warf Charlotte mir einen kurzen, prüfenden Blick zu. Ich starrte finster zurück. Gab es ihr irgendeine kranke Art von Befriedigung, dass sie etwas wusste, von dem sie dachte, dass es mich brennend interessieren würde?
    »Ach, papperlapapp«, sagte Xemerius. »Dem geht es super, glaub mir, Schätzchen! Er hat vorhin ein Riesenkalbsschnitzel mit Bratkartoffeln und Grünzeug vertilgt. Klingt das nach
den Umständen entsprechend?«
    Giordano ärgerte sich, dass niemand ihm zuhörte. »Ich möchte nur nicht, dass es am Ende auf mich zurückfällt«, sagte er schrill und schob sein Stühlchen beiseite. »Ich habe mit unbekannten Talenten und den ganz Großen dieser Welt gearbeitet, aber noch nie, niemals ist mir dabei etwas untergekommen wie
das hier.«
    »Mein lieber Giordano, Sie wissen, wie sehr wir Sie hier schätzen. Und niemand wäre besser geeignet, Gwendolyn auf ihre . . .« Mr George verstummte, weil Giordano schmollend seine Unterlippe vorgeschoben und den Kopf mit der Betonfrisur in den Nacken geworfen hatte.
    »Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt«, schnappte er. »Das ist alles, was ich fordere.«
    »In Ordnung«, sagte Mr George seufzend. »Ich . . . ja, nun gut. Ich werde das so weitergeben. Kommst du, Gwendolyn?«
    Ich hatte bereits den Reifrock abgeschnallt und hängte ihn ordentlich über den Klavierhocker. »Wiedersehen«, sagte ich zu Giordano.
    Der hatte immer noch sein Schmollgesicht aufgesetzt. »Ich fürchte, das wird sich wohl nicht vermeiden lassen.«
     
    Auf dem Weg hinunter zum alten Alchemielabor, den ich inzwischen fast schon mit verbundenen Augen kannte, erzählte mir Mr George, was am Morgen passiert war. Er war ein bisschen erstaunt, dass Mr Marley mich noch nicht über die Ereignisse informiert hatte, und ich machte mir nicht die Mühe zu erklären, wie es dazu gekommen war.
    Man hatte Gideon für eine kleinere Aufgabe (was für eine Aufgabe das war, wollte Mr George mir nicht verraten) mit dem Chronografen in die Vergangenheit geschickt (das Jahr wollte Mr George mir ebenfalls nicht verraten) und ihn zwei Stunden später ohnmächtig in einem Gang unweit vom Chronografenraum wiedergefunden. Mit einer Platzwunde an der Stirn, die offensichtlich von einem keulenähnlichen Gegenstand stammte. Gideon konnte sich an nichts erinnern, der Angreifer musste im Hinterhalt gelauert und zugeschlagen haben.
    »Aber wer . . .?«
    »Wir wissen es nicht. Eine bedrückende Situation, gerade in unserer jetzigen Lage. Wir haben ihn gründlich untersucht, es gibt nirgendwo eine Einstichstelle, aus der sich schließen ließe, dass man ihm Blut abgenommen haben könnte . . .«
    »Hätte nicht das Blut aus der Stirnwunde ausgereicht?«, fragte ich mit einem leisen Schaudern.
    »Möglich«, gab Mr George zu. »Aber wenn . . . jemand auf Nummer sicher hätte gehen wollen, hätte er das Blut auf andere Weise entnommen. Nun ja, es gibt unzählige Erklärungsmöglichkeiten. Niemand wusste, dass Gideon an diesem Abend dort auftauchen würde, es ist also unwahrscheinlich, dass jemand speziell auf ihn gewartet hat. Viel wahrscheinlicher ist es, dass es sich um eine zufällige Begegnung handelt. Es ... in bestimmten Jahren wimmelte es hier unten nur so von subversiven Objekten, Schmugglern, Verbrechern, Unterweltlern im wahrsten Sinne des Wortes. Ich persönlich glaube an einen ärgerlichen Zufall. . .« Er räusperte sich. »Nun ja, auf jeden Fall scheint Gideon das Abenteuer gut überstanden zu haben, jedenfalls konnte Dr. White keine ernsthafte Verletzung feststellen. Und so werdet ihr wie geplant Sonntagmittag zu der

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