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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Art Spleen«, sagte ich. »Etwas, weswegen man ausgelacht wird - was einem ohnehin niemand glaubt.«
    »Gwenny, es ist kein Spleen, wenn jemand übersinnliche Wahrnehmungen hat. Es ist vielmehr eine Gabe. Du kannst Geister sehen und mit ihnen sprechen.«
    »Und Dämonen«, ergänzte Xemerius.
    »Der Rabe steht in der Mythologie für die Verbindung der Menschen mit der Götterwelt. Die Raben sind die Mittler zwischen den Lebenden und Toten.« Leslie drehte ihren Ordner so, dass ich lesen konnte, was sie über den Raben im Internet gefunden hatte. »Du musst zugeben, dass das außerordentlich gut zu deinen Fähigkeiten passt.«
    »Und zur Haarfarbe«, sagte Xemerius. »Schwarz wie Rabengefieder . . .«
    Ich kaute an meiner Unterlippe. »Aber in den Prophezeiungen klingt es immer so, ach, keine Ahnung, so wichtig und mächtig und so. Als ob die Magie des Raben eine Art Geheimwaffe wäre.«
    »Aber das kann sie doch auch sein«, sagte Leslie. »Wenn du aufhörst zu denken, es sei nur eine Art seltsamer Spleen, der dich dazu befähigt, Geister zu sehen.«
    »Und Dämonen«, sagte Xemerius wieder.
    »Ich würde so gern diese Texte mit den Prophezeiungen haben«, sagte Leslie. »Es würde mich brennend interessieren, wie der Text nun genau lautet.«
    »Charlotte kann die sicher alle auswendig runterrasseln«, sagte ich. »Ich denke, sie hat das alles in ihrem Mysterienunterricht gelernt. Überhaupt sprechen die da ständig in Reimen. Die Wächter. Selbst meine Mum. Und
Gideon.«
    Ich wandte mich schnell ab, damit Leslie nicht bemerkte, dass sich meine Augen urplötzlich mit Tränen gefüllt hatten, aber es war schon zu spät.
    »Ach, Süße! Nicht schon wieder weinen!« Sie reichte mir ein Taschentuch. »Du übertreibst wirklich.«
    »Nein, das tu ich nicht. Weißt du noch, als du wegen Max drei Tage lang am Stück geheult hast?«, schniefte ich.
    »Klar weiß ich das noch«, sagte Leslie. »Ist ja erst ein halbes Jahr her.«
    »Jetzt kann ich mir vorstellen, wie du dich damals gefühlt hast. Und ich verstehe auch plötzlich, warum du dir gewünscht hast, du wärst tot.«
    »Ich war ja so blöd! Du hast die ganze Zeit bei mir gesessen und gesagt, dass Max es nicht wert sei, an ihn auch nur einen Gedanken zu verschwenden, weil er sich wie ein Arschloch verhalten hätte. Und dass ich mir die Zähne putzen solle . . .«
    »Ja, und dabei lief in Endlosschleife
The winner takes it all

    »Das kann ich holen«, bot Leslie an. »Wenn du dich dabei besser fühlst.«
    »Nein. Aber du kannst mir das japanische Gemüsemesser reichen, dann kann ich Harakiri begehen.« Ich ließ mich hintenüber auf mein Bett fallen und schloss die Augen.
    »Dass Mädchen immer so dramatisch sein müssen«, sagte Xemerius. »Da hat der Junge mal schlechte Laune und guckt mürrisch, weil er was gegen den Kopf gekriegt hat, und schon bricht für dich die Welt zusammen.«
    »Weil er mich nicht
liebt«,
sagte ich verzweifelt.
    »Das kannst du doch gar nicht wissen«, sagte Leslie. »Bei Max war ich da leider ganz sicher, weil er genau eine halbe Stunde, nachdem er mit mir Schluss gemacht hat, knutschend mit dieser Anna im Kino gesichtet wurde. Aber so was kann man Gideon wirklich nicht vorwerfen. Er ist halt nur ein wenig . . . wankelmütig.«
    »Aber warum? Du hättest sehen sollen, wie er mich angeguckt hat! Irgendwie angeekelt. Als ob ich... eine Kellerassel wäre. Ich halte das einfach nicht aus.«
    »Vorhin war es noch ein Stuhl.« Leslie schüttelte den Kopf. »Jetzt nimm dich gefälligst zusammen. Mr George hat recht: Sobald Liebe im Spiel ist, verabschiedet sich der gesunde Menschenverstand. Dabei sind wir doch unmittelbar davor, einen bahnbrechenden Durchbruch zu erzielen!«
    Am Morgen nämlich, als Leslie gerade bei uns angekommen war und wir es uns zusammen auf meinem Bett bequem gemacht hatten, hatte Mr Bernhard an meine Zimmertür geklopft - etwas, was er sonst niemals tat - und ein Tablett mit Tee auf meinem Schreibtisch abgestellt.
    »Eine kleine Erfrischung für die jungen Ladys«, hatte er gesagt.
    Ich hatte ihn nur verblüfft anstarren können, denn ich konnte mich nicht erinnern, dass er dieses Stockwerk überhaupt jemals betreten hatte.
    »Nun, da Sie neulich danach fragten, habe ich mir die Freiheit genommen, ein wenig Ausschau zu halten«, war Mr Bernhard fortgefahren und seine Eulenaugen hatten uns über den Rand seiner Brille ernst angeblickt. »Und, wie ich mir schon dachte, habe ich es auch gefunden.«
    »Was denn?«, hatte ich

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