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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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bedienen. Bitte, setzen Sie sich doch.«
    Aber kaum hatte ich mich auf einen Stuhl fallen lassen, ging die Tür wieder auf und Mr Whitman kam herein. Und direkt hinter ihm Gideon.
    Mein Herz setzte für einen Schlag aus.
    »Hallo, Gwendolyn«, sagte Mr Whitman mit seinem charmantesten Eichhörnchen-Lächeln. »Schön, dich zu sehen.« Er schob den Wandbehang zur Seite, hinter dem der Safe verborgen war. »Dann wollen wir dich mal zum Elapsieren schicken.«
    Ich hörte kaum, was er sagte. Gideon war immer noch sehr blass, aber er sah viel gesünder aus als gestern Abend. Das dicke weiße Pflaster war verschwunden und ich konnte die Wunde am Haaransatz sehen, die gut zehn Zentimeter lang und mit zahlreichen schmalen Pflasterstreifen geklammert worden war. Ich wartete darauf, dass er etwas sagte, aber er sah mich nur an.
    Xemerius sprang mit einem großen Satz direkt neben Gideon durch die Wand und ich schnappte erschrocken nach Luft.
    »Ups. Da isser ja schon!«, sagte Xemerius. »Ich wollte dich noch warnen, ehrlich, Schätzchen. Aber ich konnte mich nicht entscheiden, wem ich hinterherrennen sollte. Offenbar hat Charlotte für heute Nachmittag den Babysitterdienst für Gideons hübschen Bruder übernommen. Sie sind zusammen Eis essen. Und anschließend gehen sie ins Kino. Die Kinos sind die Heuhaufen der Neuzeit, würde ich mal sagen.«
    »Alles in Ordnung mit dir, Gwendolyn?«, fragte Gideon und zog eine Augenbraue hoch. »Du siehst nervös aus - hättest du gern eine Zigarette zur Beruhigung? Was war noch mal deine bevorzugte Marke? Lucky Strike?«
    Ich konnte ihn nur sprachlos anstarren.
    »Lass sie in Ruhe«, sagte Xemerius. »Merkst du denn nicht, dass sie Liebeskummer hat, du dumme Torfnase? Und zwar deinetwegen! Was machst du überhaupt hier?«
    Mr Whitman hatte den Chronografen aus dem Safe genommen und auf den Tisch gestellt. »Dann wollen wir doch mal sehen, wohin es heute geht. . .«
    »Madame Rossini wartet mit der Anprobe auf Sie, Sir«, wandte sich Mr Marley an Gideon.
    »Mist«, sagte Gideon, für einen Moment aus dem Konzept gebracht. Er blickte auf seine Uhr. »Das habe ich ja ganz vergessen. War sie sehr sauer?«
    »Sie machte einen ziemlich ungehaltenen Eindruck«, sagte Mr Marley. In diesem Augenblick ging die Tür erneut auf und Mr George trat ein. Er war vollkommen außer Atem, und wie immer, wenn er sich angestrengt hatte, war seine Stirnglatze mit winzigen Schweißperlen besetzt. »Was ist hier los?«
    Mr Whitman runzelte die Stirn. »Thomas? Gideon sagte, du wärst noch im Gespräch mit Falk und dem Innenminister.«
    »Das war ich auch. Bis ich einen Anruf von Madame Rossini bekam und erfuhr, dass Gwendolyn bereits zum Elapsieren abgeholt worden ist«, sagte Mr George. Zum ersten Mal erlebte ich ihn richtig zornig.
    »Aber - Gideon hat behauptet, du hättest uns beauftragt . . .«, sagte Mr Whitman ehrlich verwirrt.
    »Das habe ich nicht! Gideon - was geht hier vor?« Jegliche Gutmütigkeit war aus Mr Georges kleinen Äuglein verschwunden.
    Gideon hatte seine Arme vor der Brust verschränkt. »Ich dachte, Sie würden sich vielleicht freuen, wenn wir Ihnen diese Aufgabe abnehmen«, sagte er glatt.
    Mr George tupfte sich die Schweißperlen mit seinem Taschentuch ab. »Danke für deine Fürsorglichkeit«, erwiderte er mit einem deutlich sarkastischen Unterton. »Aber das wäre nicht nötig gewesen. Du gehst jetzt sofort hinauf zu Madame Rossini.«
    »Ich würde Gwendolyn gern begleiten«, sagte Gideon.
    »Nach den gestrigen Vorfällen ist es vielleicht besser, wenn sie nicht allein ist.«
    »Unsinn«, widersprach Mr George. »Es gibt keinen Grund zu der Annahme, es bestünde irgendeine Gefahr für sie, solange sie nicht zu weit zurückspringt.«
    »Das stimmt«, sagte Mr Whitman.
    »Zum Beispiel ins Jahr 1956?«, fragte Gideon gedehnt und sah Mr George dabei direkt in die Augen. »Ich habe heute Vormittag ein bisschen in den Annalen geblättert und ich muss sagen, das Jahr 1956 macht wirklich einen ausgesprochen ruhigen Eindruck. Der Satz, der sich dort am häufigsten findet, lautet:
keine besonderen Vorkommnisse.
So ein Satz ist doch Musik in unseren Ohren, nicht wahr?«
    Mir klopfte das Herz mittlerweile bis zum Hals. Gideons Verhalten war nur zu erklären, wenn er herausgefunden hatte, was ich gestern wirklich getan hatte. Aber wie zum Teufel konnte er das wissen? Schließlich hatte ich lediglich nach Zigaretten gerochen, was vielleicht verdächtig war, ihm aber noch längst nicht verraten

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