Saphirblau
time
stand er dann plötzlich neben dem Sofa.
Ich klappte den Mund zu und sah ihn vorwurfsvoll an. »Warum kommst du so spät?«
»Ich kann mir vorstellen, dass dir die Zeit lang vorkam.« Sein Blick war immer noch so kühl und seltsam wie vorhin. Er ging zur Tür und rüttelte an der Klinke. »Immerhin warst du so klug, den Raum nicht zu verlassen. Du konntest ja auch nicht wissen, wann ich nachkomme.«
»Haha«, sagte ich. »Soll das ein Witz sein?«
Gideon lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür. »Gwendolyn, bei mir kannst du dir dieses Unschuldsgetue sparen.«
Ich konnte die Kälte in seinem Blick kaum ertragen. Das Grün in seinen Augen, das ich sonst so mochte, hatte jetzt die Farbe von Götterspeise angenommen. Der widerlichen aus der Schulmensa, wohlgemerkt. »Warum bist du so ... gemein zu mir?« Die Glühbirne flackerte wieder. Sie vermisste vermutlich meine Abba-Gesänge. »Du hast nicht zufällig eine Glühbirne dabei?«
»Der Zigarettengeruch hat dich verraten.« Gideon spielte mit der Taschenlampe in seiner Hand. »Ich habe dann ein bisschen nachgeforscht und eins und eins zusammengezählt.«
Ich schluckte. »Was ist so schlimm daran, dass ich geraucht habe?«
»Du hast nicht geraucht. Und du kannst nur halb so gut lügen, wie du denkst. Wo ist der Schlüssel?« »Was für ein Schlüssel?«
»Der Schlüssel, den Mr George dir mitgegeben hat, damit du ihn und deinen Großvater im Jahr 1956 aufsuchen konntest.« Er machte einen Schritt auf mich zu. »Wenn du klug bist, hast du ihn hier irgendwo versteckt, wenn nicht, trägst du ihn noch bei dir.« Er trat ans Sofa, nahm die Kissen herunter und warf sie nacheinander auf den Boden. »Hier ist er schon mal nicht.«
Ich starrte ihn entsetzt an. »Mr George hat mir keinen Schlüssel gegeben. Wirklich nicht! Und das mit dem Zigarettengeruch ist total . . .«
»Es waren nicht nur Zigaretten. Du hast auch nach Zigarre gerochen«, sagte er ruhig. Sein Blick glitt durch den Raum und blieb an den aufgestapelten Stühlen vor der Wand hängen.
Ich fing wieder an zu frieren und passend dazu wurde auch die Glühbirne irgendwie noch zittriger. »Ich ...«, begann ich unschlüssig.
»Ja?«, sagte Gideon betont freundlich. »Du hast auch noch eine Zigarre geraucht? Zusätzlich zu den drei Lucky Strike? Wolltest du das sagen?«
Ich schwieg.
Gideon bückte sich und leuchtete mit seiner Taschenlampe unter das Sofa. »Hat Mr George dir die Parole auf einen Zettel geschrieben oder hast du sie auswendig gelernt? Und wie bist du auf dem Rückweg wieder an der Zerberuswache vorbeigekommen, ohne dass sie es im Protokoll erwähnt haben?«
»Wovon zum Teufel redest du überhaupt?«, sagte ich. Es sollte empört klingen, aber es kam leider ein bisschen eingeschüchtert rüber.
»Violet Purpleplum - was für ein merkwürdiger Name, findest du nicht? Schon mal gehört?« Gideon hatte sich wieder aufgerichtet und sah mich an. Nein, Götterspeise war nicht der richtige Vergleich für seine Augen. Eher funkelten sie jetzt giftmüllgrün.
Ich schüttelte langsam den Kopf.
»Komisch«, sagte er. »Dabei ist sie doch eine Freundin eurer Familie. Als ich den Namen zufällig Charlotte gegenüber erwähnte, meinte sie, die gute Mrs Purpleplum würde euch immer kratzige Schals stricken.«
Oh. Die verdammte Charlotte! Konnte sie nicht einfach mal ihre Klappe halten? »Nein, das stimmt nicht«, sagte ich trotzig. »Nur die für Charlotte kratzen. Unsere sind immer ganz weich.«
Gideon lehnte sich gegen das Sofa und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Taschenlampe leuchtete an die Decke, wo die Glühbirne immer noch nervös vor sich hin flackerte. »Zum letzten Mal. Wo ist der Schlüssel, Gwendolyn?«
»Ich schwöre dir, dass Mr George mir keinen Schlüssel gegeben hat«, sagte ich, verzweifelt um Katastrophenbegrenzung bemüht. »Er hat überhaupt nichts damit zu tun.«
»Ach nein? Wie gesagt, ich finde nicht, dass du besonders gut lügst.« Er leuchtete mit der Taschenlampe zu den Stühlen hinüber. »Wenn ich du wäre, hätte ich den Schlüssel irgendwo unter ein Polster geschoben.«
Okay. Sollte er doch die Polster durchsuchen. Dann hatte er wenigstens was zu tun, bis wir zurücksprangen. So lange konnte es jetzt nicht mehr dauern.
»Andererseits ...« Gideon schwenkte die Taschenlampe so, dass der Lichtkegel genau auf mein Gesicht zeigte. »Andererseits wäre das eine ziemliche Sisyphusarbeit.«
Ich machte einen Schritt zur Seite und sagte ärgerlich: »Lass
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