Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
sind, können wir auf das Pferd verzichten.“
Kritisch ziehe ich eine Augenbraue hoch.
„Damit wir noch mehr Zeit benötigen?“
Als Antwort schüttelt Edan den Kopf.
„Vertrau mir. Auch Dämonen haben ihre Tricks. Oder glaubst du, wir haben zehn Tage gebraucht, um dich ins Schloss zu bringen?“
Bei der Vorstellung, dass ich so lange bewusstlos gewesen sein soll, läuft ein Schauer über meinen Rücken.
„Keine Sorge. Wir haben für die Strecke nur knapp einen halben Tag gebraucht.“
Erschrocken sehe ich ihn an.
„Wie lang ist die Strecke?“
Ich gebe mir Mühe, meine Stimme betont gelangweilt klingen zu lassen. Vergeblich. Sie zittert und verrät meine ängstlichen Gedanken.
„Vier bis fünf Tagesreisen mit dem Pferd“, entgegnet Edan nur lächelnd.
„Das ist keine Antwort.“
„Die willst du nicht, glaub mir.“
Mein Herz setzt einen Schlag aus.
„Wie lange brauchen wir bis zum Waldrand?“
„Noch ein oder zwei Tage. Je nachdem, wie schnell wir reiten.“
Er schweigt für einen Augenblick und zieht spöttisch eine Augenbraue hoch, ehe er fortfährt:
„Und wie lange du es am Tag auf dem Pferd aushältst.“
Beleidigt straffe ich meine Schultern und ziehe den braungebrannten Teig aus dem Feuer.
„So lange es nötig ist.“
Noch während die Worte meine Lippen verlassen, jagen Gedanken durch meinen Kopf. Eigentlich will ich fliehen, Edan entkommen und die Schmuckstücke in Sicherheit bringen, doch zuerst möchte ich noch etwas über Magie in Erfahrung bringen, denn das geheimnisvolle fünfte Element verfolgte mich sogar in meinen Träumen.
„Im Wald, Niamh“, schießt es mir durch den Kopf. Ja, sobald ich wieder in meiner vertrauten Umgebung bin, werde ich abhauen. Diese Aussicht macht mir ein wenig Mut. Zwischen den Bäumen werde ich mich hervorragend verstecken können. Süffisant lächle ich den Halbdämon an. Soll er mich doch für klein und schwach halten. Umso größer wird für ihn die Überraschung sein, wenn ich mein überlebensstarkes Ich zeige.
„Wir sollten gleich weiterreiten.“
Edans Stimme reißt mich aus meinen erheiternden Tagträumen. Schnell stopfe ich mir das leicht abgekühlte Brot in den Mund, erhebe mich und klopfe den Schmutz von meinem grünen Kleid. Als es halbwegs sauber ist, hebe ich meinen schwarzen Mantel auf und schleudere ihn ein wenig aus, damit sich die Grashalme vom Stoff lösen. Leblos fallen sie auf die Erde.
„Ich bin bereit.“
Mit meinem Fuß streife ich noch einmal über den Fleck Boden, auf dem ich genächtigt habe. Das Gras ist flach niedergedrückt und ich versuche, es mit meiner Fußspitze ein wenig aufzurichten, um Spuren zu verwischen. Vergeblich. Der Abdruck meines Körpers ist nach wie vor gut sichtbar.
Frustriert seufze ich und gebe auf. Wer uns finden will, wird es tun. Flachgedrücktes Gras hin oder her. Edan hat bereits das Feuer gelöscht, die Asche mit Erde bedeckt und sitzt wartend auf dem Pferd. Meine Finger zittern, als ich den Umhang schließe. Der Halbdämon lenkt das Reittier neben mich und hält mir eine Hand entgegen. Unwillig nehme ich seine Hilfestellung an und lasse mich nach oben ziehen.
„Fertig?“
„Ja“, hauche ich und schon setzt er das Pferd in Bewegung. Die Böschung nach oben, zurück auf offenes Gelände. Die pralle Sonne scheint auf uns nieder, der Himmel ist azurblau. Mit einer Hand schlage ich die Kapuze über meinen Kopf, während ich mich mit der anderen an Edan festklammere.
Vom gestrigen Ritt schmerzen meine Schenkel noch immer, aber ich beiße die Zähne zusammen. Kein Gejammer, keine Schwäche. Nach einiger Zeit zügelt Edan das Pferd und wir reiten langsamer, um unsere Mahlzeit reitend einnehmen zu können. Mein Begleiter reicht mir einen Apfel und eine Flasche Wasser. Gierig stürze ich die kühle Flüssigkeit hinunter und koste die süße Frucht.
Als wir an einem Bach vorbeikommen, sitzt Edan ab, um das Tier zur Quelle zu führen. Sein Körper bebt, während es das Lebenselixier in unfassbaren Mengen zu sich nimmt.
„Niamh steige ab, es braucht eine Pause.“
Gehorsam lasse ich mich von seinem Rücken gleiten und tätschele die bebenden Flanken des Pferdes. Es schaut uns dankbar aus seinen großen braunen Augen an und trinkt anschließend weiter.
„Schau dort hinter.“
Ich folge seinem Finger und erblicke den Horizont. Als ich die Augen zusammenkneife, hüpft mein Herz vor Freude. Zwischen dem blauen Himmel und dem goldgelben Weizen erstreckt sich ein schmaler Streifen
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