Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
leuchten.
Sie nimmt das kostbare Stück entgegen und drückt es fest an ihre Brust.
„Ich danke dir, Undine.“
„Nein, ich danke dir, Enya. Beschütze es mit deinem Leben und lass mich meine Entscheidung nicht bereuen.“
Das Licht flackernder Fackeln huscht über die sonst kahlen Steinwände. In der Mitte des viereckigen Raumes steht ein schwarzer Steinblock, auf dessen Oberfläche eine Vertiefung eingelassen ist.
Die schwarz gekleidete Gestalt, die vor dem Altar kniet, stößt einen wütenden Zischlaut aus, als sich die schwere Holztür öffnet.
„Verzeiht die Störung, Meister. Aber ich muss Euch dringend sprechen.“
Der Fettleibige tritt ein, ohne eine Antwort abzuwarten. Ein Fehler. Wütend wirbelt der Angesprochene herum, das Feuer der Fackeln leuchtet bedrohlich auf.
„Wieso unterbrichst du mein Ritual?“
„M-Meister, ich...“
„Beeile dich!“
Die Flammen werden noch größer, ehe sie sich bedrohlich flimmernd zurückziehen und ihr Licht mit sich nehmen.
Nur noch Umrisse sind erkennbar.
Sichtlich panisch schluckt der Mensch seine Angst hinunter.
„Ich... ich glaube nicht, dass wir Eurem Sohn trauen können, Meister.“
Die Worte, die er so lange übte, klingen zittrig und schwach.
„So... Und was gibt dir Anlass, ihm zu misstrauen?“
Diese Frage überrascht den Diener. Er kam mit all seinem Mut hierher, um das seiner Meinung nach einzig richtige zu tun: Seine Bedenken mitzuteilen. Dass sie ernst genommen werden, hatte er nicht erwartet.
„Ich habe gesehen, wie er sie beobachtet hat, Meister“, ereifert er sich, froh über die Gelegenheit, seinem Meister einen Dienst zu erweisen und in dessen Gunst zu steigen.
„Sehr oft hat er das getan. Ich denke, er will sie. Aber nicht auf die gute, sondern auf die verweichlichte, menschliche Art“, grunzt er spöttisch über seinen eigenen Witz.
Lachen. Ein eiskaltes Lachen, das sogar dem Hartgesonnen die Haare zu Berge stehen lässt.
„Hast du mich jemals Gefühle für jemand hegen sehen?“
„N-Nein, Meister“, stottert er, überrumpelt von der plötzlichen Wende.
„Wieso sollte er es dann tun? Er ist mein eigen Fleisch und Blut. Geh! Und vergiss deine absurden Gedanken.“
„Jawohl, Meister.“
Mit einer Verbeugung zieht sich der Diener gedemütigt und unzufrieden zurück.
Als die Tür ins Schloss fällt, dreht sich die vermummte Gestalt wieder zum Altar.
„Bringt mir das Kind!“
An der Rückseite des Raumes öffnet sich eine kleine, unscheinbare Tür. Eine junge Frau tritt ein, in ihren Armen hält sie ein sich windendes Bündel fest umklammert. Tränen laufen über ihr kantiges Gesicht.
„Oh, bitte.“
Ihre zerfetzte Kleidung und die verfilzten braunen Locken weisen darauf hin, dass sie von niederem Stand ist. Flehend blickt sie den Mann an, der auf sie zukommt und die Hände nach dem Kind ausstreckt.
Reflexartig drückt sie es enger an ihre Brust.
„Du willst doch, dass deine Familie weiterhin in den schützenden Mauern Varlla’e bleiben darf, nicht wahr?“
Bedrohlich kommt er näher und legt eine Hand auf ihre Wange.
„Oder möchtest du von hier fort?“
Sie weiß, dass das die größte Drohung ist, die der Herrscher aussprechen kann. Niemand kommt von hier fort – Zumindest nicht lebend.
Zitternd vor Trauer und Wut schüttelt sie den Kopf.
„Aber warum er? Warum mein Sohn?“
„Weil mir danach ist“, erwidert er knapp und gefühlslos. Mit einer einzigen Bewegung hat er ihr das Kind aus dem Arm genommen und es auf den kalten Stein gelegt.
Der Säugling fängt an zu wimmern, als ahne er, was gleich geschieht.
Das Messer, welches der Gebieter aus seinem Umhang zieht, blitzt im Flammenlicht gefährlich auf. Als rotes Blut den schwarzen Stein hinabläuft, bricht die Frau schluchzend zusammen. Das Kind weint nicht mehr.
Ein klein wenig entspannter und viel sauberer als vor dem Bad sitze ich auf dem Rücken des Lith. Es ist offensichtlich, dass Edan mir keine Chance zum Entkommen lässt. Sogar während ich mich wusch, waren stets die misstrauischen Augen seines Schoßtierchens auf mich gerichtet, danach trieb er mich zur äußersten Eile an. Auch wenn er mir gegenüber erzählt, dass der Grund hierfür seine wachsende Nervosität ist. Er fühlt sich verfolgt – sagt er zumindest.
Sein Grinsen und die lockere Art, mit der er auf dem breiten Sattel liegt und in die Baumkronen schaut, die Arme lässig hinter dem Kopf verschränkt, reichen mir, um an seinen Worten zu zweifeln.
Zu
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