Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
glänzenden Haare sind zerzaust und unter ihren Augen liegen tiefe Ringe.
Trotz dieser kleinen Makel ist sie die schönste Ilyea, die ich jemals erblickt habe und Neid macht sich in meiner Brust breit.
Als sie sich verbeugt ist ihre Bewegung geschmeidig, wenn auch steif vor Schmerzen, die sich in ihrem verzerrten Gesicht widerspiegeln. Sofort hat sie sich wieder unter Kontrolle und entgegnet meinem neugierigen Blick mit unverhohlener Verachtung, gemischt mit leichter Neugier.
Es ist das erste Mal, dass ich einer leibhaftigen Meer-Ilyea gegenüberstehe.
„Niamh! Cedric! Wie schön, dass ihr noch wach seid und kommen konntet!“
Den Kommentar, dass Cedric mich wecken musste, verkneife ich mir mit einem bissigen Lächeln und nicke höflich. Die Anwesenheit der Meer-Ilyea ist mir unangenehm. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie mich nicht leiden kann.
„Setzt euch doch zu uns.“
Absichtlich setze ich mich Ciyan gegenüber und vermeide es, die Neue anzusehen. Auch sie starrt eisern auf das leere Besteck, das vor ihr steht.
„Ihr habt sicherlich schon unseren neuen Gast bemerkt. Das hier ist Enya, die Tochter von Niall.“
Mir sind beide Namen fremd, doch Cedric scheint sie zu kennen, denn ein erfreutes Lächeln huscht über sein Gesicht.
„Sehr erfreut, Enya.“
„Ganz meinerseits.“
Eine glockenklare, helle Stimme. Ich spüre wie die Eifersucht in meinem Herzen hämisch lacht und wünsche mir, dass Edan diese Meer-Ilyea niemals kennen lernen wird.
„Ich bin Niamh“, begrüße ich sie mit so viel Souveränität, wie ich aufbringen kann.
„Aha.“
Sie sieht mich nicht einmal an und ich balle die Hände unter dem Tisch wütend zu Fäusten.
„Enya ist gekommen, um uns das Saphirdiadem ihres Volkes anzuvertrauen.“
Sowohl Cedric als auch ich starren die Meer-Ilyea verblüfft an, welche ihrerseits unbehaglich und wütend dreinschaut. Offensichtlich ist es ihr nicht recht, dass wir wissen, welchen wertvollen Gegenstand sie bei sich trägt.
Innerlich kugele ich mich vor Schadenfreude auf den Boden, lasse mir aber nichts anmerken.
Mein nächster Gedanke gilt dem Diadem selbst. Dass es in greifbarer Nähe ist bedeutet, dass Edan und ich uns nicht die Mühe machen müssen, bis zu den weit entfernten Inseln der Meer-Ilyea zu reisen. Dass dieses perfekte Wesen es besitzt heißt allerdings, dass wir einen raffinierten Plan brauchen, um es an uns zu bringen.
Süffisant lächle ich sie an.
„Ach wirklich? Somit wären fast alle Schmuckstücke vereint.“
Damit bekomme ich ihre Aufmerksamkeit. Ihre türkisfarbenen Augen sind leicht geweitet und die vollen Lippen stehen einen Spalt offen.
Um meine Worte zu beweisen lege ich meine Hand auf den Tisch. Mit einem kurzen Blick stelle ich zufrieden fest, dass der grüne Smaragd leuchtet.
Die Kinnlade der Meerschönheit rutscht noch ein Stück weiter noch unten, ehe sie sich wieder fasst und ein ausdruckloses Gesicht aufsetzt.
„Was hat das zu bedeuten?“, flucht sie und starrt Ciyan wütend an.
„Davon habt Ihr nichts erzählt.“
„Ich hielt es nicht für nötig“, entgegnet er unbeeindruckt.
„Niamh bat mich, ihr den Armreif anzuvertrauen. Liege ich richtig in der Annahme, dass du danach die Meer-Ilyea aufsuchen wolltest, um ebenfalls das Diadem in Sicherheit zu bringen?“
Überrascht schlage ich die Augen nieder.
„Ja, so ist es.“
„Enya scheint dir diesen Weg erspart zu haben. Sie händigt dir sicher gerne ihr Schmuckstück aus.“
Mit einer müden Handbewegung gibt er Enya zu verstehen, dass er mir das Diadem übergeben soll. Meine Hände schwitzen und zittern.
Erst jetzt bemerke ich die zarte Melodie, die durch den Raum schwebt. Sie ist schwächer als die des Ringes, was vermutlich daran liegt, dass ich diesen direkt auf meiner Haut trage und er somit das Diadem übertönt.
Als ich die Augen schließe und seinem Lied lausche, sehe ich plötzlich unendliche Wassermengen vor mir.
„Das muss das Meer sein“, flüstere ich und Tränen schießen mir in die Augen. Noch nie zuvor habe ich den großen Ozean erblickt.
Cedric flüstert meinen Namen und stößt mich sanft am Knie. Ruckartig öffne ich meine Augen und die Illusion ist verschwunden. Entgeisterte Gesichter starren mich an.
Erst jetzt scheint Enya meine Augenfarbe zu bemerken, die ihrer so ähnlich ist.
„Ich dachte, sie wäre ein Wald-Berg-Ilyea-Mischling“, schimpft sie laut. Ihr Hass schlägt mir entgegen, denn wir beide wissen, dass ich mit meinem Meer-Erbe in der
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