Sara Linton 01 - Tote Augen
diesem Zimmer spielen. Sie fragte sich, wo sie ihre Zeit verbrachten. Der Teil des Hauses, den sie gesehen hatte, war heiß und unbehaglich, obwohl es draußen kühl war. Faith spürte, dass ihr bald der Schweiß ausbrechen würde. Sonnenlicht strömte durch die Fenster, aber jede verfügbare Lampe brannte.
Darla fragte: » Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?«
Faith schaute wieder auf die Uhr und fragte sich, wo Will blieb. » Gerne.«
» Süß oder ungesüßt?«
Faiths Antwort kam nicht so automatisch, wie es hätte sein sollen. » Ungesüßt. Wohnen Sie schon lange hier?«
» Acht Jahre.«
Das Haus sah so bewohnt aus wie ein leeres Lagerhaus. » Sie haben zwei Kinder?«
» Einen Jungen und ein Mädchen.« Sie lächelte unsicher. » Haben Sie einen Partner?«
Bei dem Verlauf dieses Gesprächs wirkte die Frage unpassend. » Ich habe einen Sohn.«
Sie lächelte und hielt sich die Hand vor den Mund. Wahrscheinlich hatte sie diese Marotte von ihrer Schwiegermutter übernommen. » Nein, ich meine jemanden, mit dem Sie arbeiten.«
» Ja.« Faith schaute sich die Familienfotos auf dem Kaminsims an. Sie stammten aus derselben Serie wie die Aufnahmen, die Judith Coldfield ihnen in dem Heim gezeigt hatte. » Könnten Sie Tom vielleicht anrufen und fragen, was ihn aufhält?«
Ihr Lächeln verschwand. » O nein. Ich will ihn nicht belästigen.«
» Es geht um eine Polizeiangelegenheit, deshalb muss ich Sie bitten, ihn zu belästigen.«
Darla presste die Lippen zusammen. Faith konnte in ihrem Gesicht nichts lesen. Es war völlig ausdruckslos. » Mein Mann lässt sich nicht gern drängen.«
» Und ich warte nicht gern.«
Darla zeigte dasselbe schwache Lächeln wie zuvor. » Ich hole Ihnen jetzt den Tee.«
Sie wandte sich zum Gehen, aber Faith fragte: » Hätten Sie was dagegen, wenn ich Ihre Toilette benutze?«
Die Hände vor der Brust gefaltet, drehte Darla sich wieder um. Ihr Gesicht war noch immer ausdruckslos. » Den Gang runter auf der rechten Seite.«
» Danke.« Faith ging in die entsprechende Richtung, und ihre Absätze klapperten wie Soldatenstiefel auf den Fliesen, als sie an einer Vorratskammer und einer Tür vorbeikam, die offensichtlich in den Keller führte. Allmählich bekam sie ein ungutes Gefühl, aber sie wusste nicht so recht, warum. Vielleicht war es Faiths instinktiver Hass auf Frauen, die sich permanent ihren Männern fügten.
Im Bad ging sie direkt zum Waschbecken und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Das Licht war hier so intensiv wie im Wohnzimmer, und Faith legte die Schalter um, aber nichts passierte. Sie schaltete ein paar Mal ein und aus. Aber das Licht blieb an. Sie schaute hoch. In den Fassungen steckten offensichtlich Hundert-Watt-Birnen.
Faith blinzelte und dachte, dass es vielleicht nicht das Allerschlaueste war, direkt in eine brennende Glühbirne zu schauen. Sie umklammerte den Türknauf des Wäscheschranks, um sich abzustützen, bis das Schwindelgefühl wieder verging. Vielleicht sollte sie besser hier drinnen auf Will warten, anstatt auf dem Sofa zu sitzen, mit Darla Tee zu trinken und sich um Smalltalk zu bemühen. Das Bad war hübsch, aber karg eingerichtet. Der Raum war L-förmig, mit einem Wäscheschrank in dem Leerraum zwischen dem oberen und dem unteren Ende des L. Sie vermutete, dass die Waschküche hinter dieser Wand lag. Sie konnte das leise Rumpeln eines Wäschetrockners durch die Abtrennung hören.
Weil Faith ein neugieriger Mensch war, öffnete sie die Schranktür. Die Angeln quietschten leise, und sie stand da und wartete, dass Darla Coldfield käme und sie wegen ihrer Unhöflichkeit rügte. Als das nicht passierte, schaute Faith hinein. Der Hohlraum war tiefer, als sie erwartet hatte, aber die Regalbretter waren schmal und belegt mit Stapeln ordentlich zusammengefalteter Handtücher und Bettwäsche mit Rennautos darauf, die wahrscheinlich den Kindern gehörte.
Wo waren die Kinder? Vielleicht spielten sie draußen. Faith schloss die Schranktür und schaute zu dem schmalen Fenster hinaus. Der hintere Garten war leer – nicht einmal eine Schaukel oder ein Baumhaus war zu sehen. Vielleicht schliefen die Kinder, um ausgeruht zu sein für Opas und Omas Besuch. Faith hatte Jeremy nie schlafen lassen, bevor ihre Eltern zu Besuch kamen. Sie wollte, dass ihr Vater und ihre Mutter ihn so müde machten, dass er bis zum nächsten Morgen durchschlief.
Mit einem langen Stöhnen setzte sie sich auf den Toilettensitz neben dem Waschbecken. Ihr war immer noch
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