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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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eisigen Schauer über den Rücken. Faith war eine gute Polizistin. Sie konnte auf sich selbst achten, außer in Situationen, in denen sie nicht dazu in der Lage war. Vor ein paar Tagen war sie ohnmächtig geworden – war im Parkhaus des Gerichtsgebäudes einfach auf den Boden gesackt.
    Was, wenn sie wieder ohnmächtig wurde? Was, wenn sie ohnmächtig wurde und wieder aufwachte und sich dann in einer anderen Höhle befand, einer anderen Folterkammer, die von Tom Coldfield ausgehoben worden war?
    Judith wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. » Ich weiß nicht, was ich tun …«
    Will glaubte nicht, dass sie Vorschläge erwartete. » Pauline Seward verließ vor zwanzig Jahren Ann Harbor in Michigan. Sie war siebzehn Jahre alt.«
    Judith wandte den Blick ab.
    Er versuchte es mit einer naheliegenden Vermutung. » In der Vermisstenanzeige zu ihrer Person heißt es, sie lief von zu Hause weg, weil ihr Bruder sie misshandelte.«
    » Das stimmt nicht. Pauline hatte das … sie hatte das nur erfunden.«
    » Ich habe die Akte gelesen«, log er. » Ich habe gesehen, was er ihr angetan hatte.«
    » Er hat überhaupt nichts getan«, wiederholte Judith stur. » Pauline hat sich diese Sachen selbst angetan.«
    » Sie verletzte sich selbst?«
    » Sie verletzte sich selbst. Sie dachte sich Geschichten aus. Vom Augenblick ihrer Geburt an machte sie immer nur Schwierigkeiten.«
    Will hätte schon eher darauf kommen müssen. » Pauline ist Ihre Tochter.«
    Judith nickte, offensichtlich angewidert von dieser Tatsache.
    » Welche Schwierigkeiten waren das?«
    » Sie wollte nicht essen«, erwiderte Judith. » Sie zwang sich zu hungern. Wir gingen mit ihr von einem Arzt zum andern. Wir gaben jeden Cent aus, den wir hatten, um ihr zu helfen, und sie dankte es uns, indem sie zur Polizei ging und furchtbare Geschichten über Tom erzählte. Einfach furchtbare, furchtbare Sachen.«
    » Dass er ihr etwas antat?«
    Sie zögerte und nickte dann sehr knapp. » Tom hatte schon immer ein sanftes Wesen gehabt. Pauline war einfach zu …« Sie schüttelte den Kopf, offensichtlich fehlten ihr die Worte. » Sie erfand Sachen über ihn. Furchtbare Sachen. Ich wusste, dass sie nicht stimmen konnten.« Judith kehrte immer wieder zum selben Punkt zurück. » Auch als kleines Mädchen erzählte sie schon Lügen. Sie suchte immer nach Möglichkeiten, Menschen wehzutun. Tom wehzutun.«
    » Sein Name ist nicht wirklich Tom, oder?«
    Sie schaute zu irgendwas hinter seiner Schulter, wahrscheinlich zum Griff des Messers. » Tom ist sein zweiter Vorname. Sein erster ist …«
    » Matthias?«, vermutete er. Sie nickte wieder, und nur einen Augenblick lang gestattete Will sich einen Gedanken an Sara Linton. Sie hatte damals zwar nur einen Witz gemacht, aber sie hatte auch recht gehabt. Finden Sie einen Kerl namens Matthias, und Sie haben Ihren Mörder.
    » Nach Judas’ Verrat mussten die Apostel entscheiden, wer ihnen helfen sollte, die Geschichte von der Wiederauferstehung Jesu zu verbreiten.« Nun schaute sie ihn endlich wieder an. » Sie entschieden sich für Matthias. Er war ein heiliger Mann. Ein wahrer Jünger unseres Herrn.«
    Will blinzelte den Schweiß aus den Augen. Dann sagte er zu Judith: » Jede Frau, die vermisst oder tot ist, hat eine Verbindung zu Ihrem Heim. Jackie spendete die Sachen ihrer Mutter, Olivia Tanners Bank war ein Sponsor Ihrer Arbeit. Anna Lindseys Anwaltskanzlei gab Ihnen unentgeltlich juristischen Beistand. Tom muss sie alle dort getroffen haben.«
    » Das wissen Sie doch nicht.«
    » Dann sagen Sie mir eine andere Verbindung.«
    Judiths Augen suchten in den seinen, und er sah die Verzweiflung in ihrem Gesicht. » Pauline«, sagte sie. » Sie könnte …«
    » Pauline wird vermisst, Mrs Coldfield. Sie wurde vor zwei Tagen auf einem Parkplatz entführt. Ihr sechsjähriger Sohn wurde im Auto zurückgelassen.«
    » Sie hat ein Kind?« Judith öffnete schockiert den Mund. » Pauline hat ein Baby?«
    » Felix. Ihr Enkel.«
    Sie presste die Hand auf ihre Brust. » Die Ärzte sagten, sie könne nie – ich verstehe nicht. Wie konnte sie ein Baby bekommen? Sie sagten, sie könne nie ein Baby …« Immer wieder schüttelte sie ungläubig den Kopf.
    » Hatte Ihre Tochter eine Essstörung?«
    » Wir versuchten, ihr Hilfe zu besorgen, aber letztendlich …« Judith schüttelte den Kopf, als wäre alles sinnlos. » Tom zog sie wegen ihres Gewichts auf, aber alle kleinen Brüder ziehen ihre größeren Schwestern auf. Er wollte ihr nie

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