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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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es zu tun hatten. Den Boden konnte er nicht erkennen. Was er jedoch sah, war eine Leiter, die etwa einen Meter unterhalb des Rands an der Lochwand lehnte, ein selbst gebasteltes Ding mit Sprossen, die schief an zwei verfaulende Kanthölzer genagelt waren.
    Ein Blitz zerriss den Himmel und zeigte die Szenerie in ganzer Pracht. Es war wie in einem Comic: die Höllenleiter.
    » Geben Sie mir die Lampe«, flüsterte er Fierro zu. Der Detective war jetzt mehr als hilfsbereit und drückte Will das Maglite in die ausgestreckte Hand. Will drehte sich kurz zu dem Mann um. Fierro stand breitbeinig da, die Waffe noch immer auf die Öffnung im Boden gerichtet, die Augen vor Angst weit aufgerissen.
    Will leuchtete mit der Lampe hinab. Die Kaverne schien L-förmig zu sein, ging etwa eineinhalb Meter direkt nach unten und knickte dann ab in einen Hohlraum, der offensichtlich der Hauptraum der Höhle sein musste. Bretterenden ragten in den senkrechten Gang, offenbar war die Decke des Hauptraums abgestützt. Am Fuß der Leiter lagen Vorräte. Konservendosen. Seile. Ketten. Haken. Wills Herz machte einen Satz, als er dort unten Bewegung hörte, ein Rascheln, und er musste sich zwingen, nicht zurückzuzucken.
    Fierro fragte: » Ist es …«
    Will hielt den Zeigefinger an die Lippen, obwohl er sich ziemlich sicher war, dass sie das Überraschungsmoment nicht auf ihrer Seite hatten. Wer da unten war, hatte den herumwandernden Strahl der Taschenlampe gesehen. Wie zur Bestätigung hörte Will von unten ein gutturales Geräusch, fast ein Stöhnen. War da unten noch ein Opfer? Er dachte an die Frau im Krankenhaus. Anna. Will wusste, wie Verbrennungen durch Stromschläge aussahen. Sie verfärbten die Haut zu dunklen, puderartigen Flecken, die nie mehr weggingen. Sie blieben einem für den Rest des Lebens – das heißt, wenn man noch ein Leben vor sich hatte.
    Will zog seine Anzugjacke aus und warf sie hinter sich. Er streckte die Hand zu Fierros Knöchel aus und zog den Revolver aus dem Halfter. Bevor er es sich anders überlegen konnte, schwang Will die Beine in das Loch.
    » O Gott«, zischte Fierro. Er schaute über die Schulter zu den Dutzenden von Polizisten, die nur gut dreißig Meter entfernt waren. Zweifellos war ihm bewusst, dass es für diese Situation eine bessere Vorgehensweise gab.
    Wieder hörte Will das Geräusch von unten. Vielleicht war es ein Tier, vielleicht ein menschliches Wesen. Er schaltete die Taschenlampe aus und steckte sie sich hinten in die Hose. Eigentlich hätte er jetzt sagen sollen: » Sagen Sie meiner Frau, ich liebe sie«, aber er wollte Angie diese Last nicht aufbürden – oder ihr die Befriedigung geben.
    » Warten Sie«, flüsterte Fierro. Er wollte Verstärkung rufen.
    Will ignorierte ihn und steckte sich den Revolver in die vordere Hosentasche. Vorsichtig prüfte er, ob die Leiter seinem Gewicht standhielt, und stellte die Absätze auf die Sprossen, damit er in die Kaverne sah, wenn er nach unten stieg. Die Höhlung war eng, seine Schultern zu breit. Er musste einen Arm über den Kopf ausstrecken, damit er in das Loch passte. Erdklumpen rieselten um ihn herum nach unten, und Wurzeln zerkratzten ihm Gesicht und Hals. Die Wand des Schachts war nur Zentimeter von seiner Nase entfernt, was bei Will ein Gefühl der Klaustrophobie auslöste, das er noch nie gehabt hatte. Bei jedem Einatmen schmeckte er Schlamm in seiner Kehle. Nach unten konnte er nicht schauen, weil dort nichts zu sehen war, und er befürchtete, wenn er nach oben schaute, würde er sofort wieder umkehren.
    Mit jedem Schritt wurde der Geruch schlimmer – Fäkalien, Urin, Schweiß, Angst. Vielleicht kam die Angst von Will. Anna war aus diesem Loch entkommen. Vielleicht hatte sie bei ihrer Flucht ihren Angreifer verletzt. Vielleicht war der Mann dort unten und lauerte mit einer Waffe oder einem Rasiermesser oder einem Dolch.
    Wills Herz schlug so heftig, dass ihm die Kehle eng wurde. Schweiß lief ihm in Strömen herab, als er endlos langsam Schritt um Schritt nach unten setzte. Schließlich spürte er weiche Erde unter seinem Fuß. Er tastete mit der Schuhspitze herum, spürte das Seil am Fuß der Leiter, hörte die Kette rasseln. Er würde sich tief bücken müssen, um hineinzukommen, und sich so zur Zielscheibe machen für den, der da unten wartete.
    Will konnte Keuchen hören und noch mehr Murmeln. Fierros Revolver war in seiner Hand. Er wusste nicht so recht, wie er dorthin gekommen war. Hier unten war es so eng, dass er nicht hinter

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