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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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in steifer Brise. Überall ringsum auf der Straße schlenderten die lebenden Toten - Mumienmütter, die Babyleichen an den Händen führten oder in teuren Kinderwagen spazierenfuhren, Zombietürsteher, wiederbelebte Skateboardfahrer. Hier führte ein großer Schwarzer, dem die letzten Streifen Fleisch vom Gesicht hingen wie gegerbte Hirschhaut, das Skelett seines Schäferhunds spazieren. Taxifahrer verwesten zu den Klängen von Raga-Musik. Gesichter von Totenschädeln, jeder mit seiner eigenen Version von Harolds Grinsen - He, wie geht’s, was machen Frau und Kinder, in letzter Zeit wieder gute Bücher geschrieben? -, schauten aus den vorbeifahrenden Bussen herab. Die Erdnußverkäufer waren am Verfaulen. Aber nichts von alledem konnte mich löschen. Ich brannte. Ich schob die Hände unter ihre Pobacken, hob sie an und schlug
die Zähne in das Laken (das Muster, sah ich, nicht im geringsten überrascht, waren blaue Rosen), bis ich es unter der Matratze hervorgezogen hatte, damit ich nicht Mattie in den Hals, die Schultern, die Brüste biß, wo immer ich mit den Zähnen hinkam. »Sag mir, wer er war!« brüllte ich sie an. »Du weißt es, das weiß ich genau!« Meine Stimme klang durch den Stoff der Bettdecke im Mund so gedämpft, daß es außer mir wahrscheinlich niemand verstehen konnte. »Sag es mir, du Biest!«
    Auf dem Pfad zwischen Jos Atelier und dem Haus stand ich mit der Schreibmaschine auf den Armen und der traumübergreifenden pochenden Erektion unter der Metallmasse - alles dermaßen bereit und nichts willig. Abgesehen vielleicht von der nächtlichen Brise. Dann stellte ich fest, daß ich nicht mehr allein war. Das Ding im Leichentuch war hinter mir, weil es wie die Falter zu den Lampions gezogen wurde. Es lachte - ein gellendes, rauchiges Lachen, das nur zu einer Frau gehören konnte. Ich sah die Hand nicht, die sich von hinten um meine Hüfte wand und nach mir griff - die Schreibmaschine war im Weg -, aber ich mußte sie nicht sehen, um zu wissen, daß es eine braune Hand war. Sie drückte langsam fester zu und bewegte die Finger dabei.
    »Was willst du wissen, Sugar? « fragte sie hinter mir. Immer noch lachend. Immer noch spöttisch. »Möchtest du wirklich alles wissen? Möchtest du es wissen oder spüren?«
    »Oh, du bringst mich um!« schrie ich. Die Schreibmaschine - die IBM Selectric mit ihren fast dreißig Pfund - schaukelte auf meinen Armen. Ich spürte, daß meine Muskeln klangen wie Gitarrensaiten.
    »Willst du wissen, wer er war, Sugar? Der böse Mann?«
    » Besorg es mir einfach, du Biest! « schrie ich. Sie lachte wieder - dieses schroffe Lachen, fast wie ein Husten - und drückte mich da, wo das Drücken am schönsten ist.
    »Halt jetzt still«, sagte sie. »Halt nur still, hübscher Junge, wenn du mich nicht erschrecken willst, so daß ich dein Ding hier einfach rausreiße …« Den Rest bekam ich nicht mehr mit, weil die ganze Welt in einem Orgasmus explodierte, der so gewaltig und heftig war, daß ich glaubte, er würde mich schlichtweg
zerreißen. Ich kippte den Kopf nach hinten wie ein Mann, der gehängt wird, und ejakulierte mit Blick auf die Sterne. Ich schrie - ich mußte einfach -, und auf dem See antworteten zwei Eistaucher.
    Gleichzeitig war ich auf dem Floß. Jo war nicht mehr da, aber ich konnte leise die Band hören - Sara und Sonny und die Red-Top Boys jagten durch den ›Black Mountain Rag‹. Ich richtete mich benommen und ausgelaugt auf, hohlgefickt. Ich konnte den Weg nicht sehen, der zum Haus führte, sah aber im Licht der Papierlampions seinen verschlungenen Verlauf. Meine Unterhose lag als nasses Bündelchen neben mir. Ich hob sie hoch und zog sie an, weil ich nicht mit ihr in der Hand ans Ufer schwimmen wollte. Die Hose spannte an meinen Knien, da hielt ich inne und betrachtete meine Finger. Glibberiges verwesendes Fleisch klebte daran. Unter mehreren Nägeln ragten Büschel herausgerissener Haare hervor. Leichenhaare.
    »Großer Gott«, stöhnte ich. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich sackte auf etwas Feuchtem zusammen. Ich befand mich im Schlafzimmer im Nordflügel. Ich war in etwas Warmem gelandet und dachte zuerst, es wäre Sperma. Aber das schwache Mondlicht zeigte mir etwas Dunkleres. Mattie war fort, das Bett voller Blut. Mitten in dieser Lache lag etwas, das ich auf den ersten Blick für einen Klumpen Fleisch oder das Stück eines Organs hielt. Als ich genauer hinsah, entpuppte es sich als Plüschtier, ein Ding aus schwarzem Filz, blutverschmiert. Ich lag auf

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