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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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vietnamesische Wort für höchstes Glück.
    Bevor ich noch ein Wort sagen konnte, hatte sie die Tür mit dem Dreirad darauf aufgestoßen und trat ein. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß, und dabei sah ich das Band ihres Huts. Es hing aus der Brusttasche des Overalls, den ich anhatte. Ich sah es einen Moment an und versuchte die Tür zu öffnen, durch die sie gerade gegangen war. Der Knauf ließ sich nicht drehen, und als ich mit der Hand gegen das Holz schlug, war es, als würde ich gegen hartes und unglaublich dichtes Metall schlagen.
Ich wich zurück und legte den Kopf in die Richtung schief, aus der wir gekommen waren. Nichts. Vollkommene Stille.
    Das ist die Zwischenzeit , dachte ich. Wenn die Leute davon reden, ›zwischen den Ritzen durchzuschlüpfen‹, dann meinen sie eigentlich das hier. Das hier ist der Ort, wo sie tatsächlich hingehen .
    Du solltest dich besser auf den Weg machen , sagte Jo zu mir. Wenn du nicht hier gefangen sein willst, möglicherweise für immer, solltest du dich besser auf den Weg machen .
    Ich versuchte es am Knauf der Tür mit der aufgemalten Schreibmaschine. Er ließ sich mühelos drehen. Hinter dieser Tür lag ein weiterer schmaler Korridor - wieder Holzwände und süßlicher Kiefernduft. Ich wollte da nicht rein, irgendwie mußte ich an einen langen Sarg denken, aber mir blieb nichts anderes übrig, es gab keinen anderen Weg. Ich trat ein, und die Tür fiel hinter mir zu.
    Herrgott , dachte ich. Ich bin in der Dunkelheit, in einem abgeschlossenen Raum … es wird Zeit für einen von Michael Noonans weltberühmten Panikanfällen.
    Aber keine Bänder legten sich um meine Brust, und auch wenn mein Herzschlag beschleunigt und meine Muskeln immer noch von Adrenalin aufgeputscht waren, hatte ich mich durchaus im Griff. Außerdem war es nicht vollkommen dunkel. Ich konnte nur wenig sehen, aber genug, um Wände und den Dielenboden zu erkennen. Ich wickelte das dunkelblaue Band von Kis Hut um mein Handgelenk und steckte ein Ende darunter, damit es sich nicht wieder löste. Dann setzte ich mich in Bewegung.
    Ich ging lange Zeit, der Flur verlief scheinbar willkürlich hierhin und dorthin. Ich kam mir vor wie eine Mikrobe, die durch einen Darm wandert. Schließlich gelangte ich zu zwei Torbögen aus Holz. Ich stand davor und fragte mich, welcher der richtige war, als ich feststellte, daß ich durch den linken ganz leise Bunters Glöckchen hören konnte. Ich entschied mich dafür, und je weiter ich ging, desto lauter wurde das Glöckchen. Irgendwann gesellte sich Donnergrollen zu dem Läuten. Die Luft war nicht mehr herbstlich kühl, sondern wieder heiß - schwül. Ich sah nach unten und stellte fest, daß
Overall und Holzfällerschuhe verschwunden waren. Ich trug Angoraunterwäsche und juckende Socken.
    Noch zweimal wurde ich vor die Wahl gestellt, und jedesmal entschied ich mich für die Öffnung, durch die ich Bunters Glöckchen hören konnte. Als ich vor dem zweiten Paar Torbögen stand, hörte ich irgendwo in der Dunkelheit eine Stimme ganz deutlich sagen: »Nein, die Frau des Präsidenten wurde nicht getroffen. Das ist sein Blut auf ihren Strümpfen.«
    Ich ging weiter und blieb stehen, als ich merkte, daß meine Füße und Knöchel nicht mehr juckten und meine Oberschenkel nicht mehr in langen Unterhosen schwitzten. Ich trug die Boxershorts, in denen ich für gewöhnlich schlief. Ich schaute auf und stellte fest, daß ich mich in meinem eigenen Wohnzimmer befand und ganz vorsichtig um die Möbel herumging, wie man es im Dunkeln tut, wenn man wie verrückt versucht, sich seine dummen Zehen nicht zu stoßen. Ich konnte etwas besser sehen; schwaches milchiges Licht schien durch die Fenster. Ich kam an dem Tresen an, der das Wohnzimmer von der Küche trennt, und sah zur Katzenuhr mit dem wedelnden Schwanz. Es war fünf nach fünf.
    Ich ging zur Spüle und drehte das Wasser auf. Als ich nach einem Glas griff, stellte ich fest, daß ich immer noch das Band von Kis Strohhut am Handgelenk trug. Ich wickelte es auf und legte es zwischen Kaffeemaschine und Küchenfernseher auf den Tresen. Dann ließ ich mir kaltes Wasser ein, trank es und tastete mich im fahlgelben Licht aus dem Badezimmer vorsichtig durch den Flur zum Nordflügel. Ich pinkelte ( juhu -rinierte, konnte ich Ki sagen hören), dann ging ich ins Schlafzimmer. Die Laken sahen zerwühlt aus, aber das Bett hatte nicht das orgiastische Aussehen des Morgens nach meinem Traum von Sara, Mattie und Jo. Warum sollte es? Ich war

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