Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
und während Hilda letzte Habseligkeiten im Kofferraum verstaute, mußte sich Carla an ein Spielzeug oder eine Puppe erinnert haben und in die Hütte zurückgekehrt sein, um sie zu holen. Während sie das tat, war ihre Mutter in den alten De-Soto eingestiegen und weggefahren, ohne noch einmal nach den Babys zu sehen. Carla Dean befand sich entweder noch in der Hütte in Halo Bay oder zu Fuß auf der Straße unterwegs. Wie auch immer, das Feuer würde sie einholen.
    Die Straße war zu schmal, um ein Fahrzeug zu wenden, und zu verstopft, um eines, das in die richtige Richtung zeigte, durch den Stau zu bekommen. Und so setzte sich Fred Dean, Held, der er war, im Laufschritt in Richtung des rauchschwarzen Horizonts in Bewegung, wo man bereits erste orangerote Streifen sehen konnte. Das vom Wind getriebene
Feuer loderte in den Baumwipfeln und raste ihm entgegen wie eine Geliebte.
    Ich kniete auf den Paletten, las das alles im Licht meiner Laterne, und auf einmal wurde der Geruch des Feuers intensiver. Ich hustete … und dann wurde das Husten durch den mineralischen Geschmack von Wasser in meinem Mund und Hals erstickt. Wieder einmal, diesmal unter dem Atelier meiner Frau auf den Knien, kam ich mir vor, als würde ich ertrinken. Wieder beugte ich mich nach vorne und würgte und brachte nichts außer einem bißchen Spucke heraus.
    Ich drehte mich um und sah den See. Eistaucher kreischten über seiner dunstigen Oberfläche, kamen in einer Reihe auf mich zu und schlugen dabei mit den Flügeln gegen das Wasser. Das Blau des Himmels war ausgelöscht. Die Luft roch nach Holzkohle und Schießpulver. Asche regnete vom Himmel herab. Das Ostufer des Dark Score stand in Flammen, und ich konnte vereinzeltes gedämpftes Knallen hören, wenn hohle Bäume explodierten. Es hörte sich an wie Sprengladungen.
    Ich sah nach unten und wollte mich von dieser Vision befreien, weil ich wußte, daß es nach einem oder zwei weiteren Augenblicken nichts so Fernes wie eine Vision mehr sein würde, sondern so real wie der Ausflug zum Jahrmarkt von Fryeburg, den Kyra und ich unternommen hatten. Anstatt einer Eule mit goldumrandeten Augen sah ich ein Kind mit hellblauen. Das Mädchen saß auf einem Picknicktisch, hielt sich die pummeligen Ärmchen und weinte. Ich sah sie so deutlich, wie ich jeden Morgen beim Rasieren mein eigenes Gesicht im Spiegel sah. Ich sah, sie war etwa in
    Kyras Alter, aber viel dicker, und ihr Haar ist schwarz, nicht blond. Ihre Haarfarbe ist dieselbe wie die ihres Bruders, die so bleibt, bis es im unmöglich fernen Sommer des Jahres 1998 schließlich grau wird, eines Jahres, das sie nie erleben wird, wenn sie niemand aus dieser Hölle herausholt. Sie trägt ein weißes Kleid und rote Kniestrümpfe, streckt mir die Arme entgegen und ruft Daddy, Daddy.
    Ich gehe auf sie zu, doch dann erfolgt ein Windstrom solider Hitze, der mich einen Moment lang entzwei reißt - ich bin der Geist hier, wird mir klar, und Fred Dean ist gerade durch mich hindurch
gelaufen. Daddy, ruft sie, aber zu ihm, nicht zu mir. Daddy! und sie umarmt ihn, ohne auf den Ruß zu achten, der ihr weißes Seidenkleid und ihr pausbäckiges Gesicht verschmiert, während er sie küßt und noch mehr Ruß vom Himmel fällt und die Eistaucher auf das Ufer zufliegen und ein schrilles Klagelied anzustimmen scheinen.
    Daddy - das Feuer kommt! ruft sie, als er sie in die Arme nimmt.
    Ich weiß, sei tapfer, sagt er . Es wird alles gut, Zuckerpfläumchen, aber du mußt tapfer sein.
    Das Feuer kommt nicht nur; es ist schon da. Das gesamte östliche Ende von Halo Bay steht in Flammen, die sich nun in unsere Richtung bewegen und nacheinander die kleinen Hütten verzehren, wo die Männer während der Jagdsaison und der Zeit des Eisangelns gern ihre Räusche ausschliefen. Hinter Al LeRoux’s Hütte brennt die Wäsche, die Marguerite heute morgen aufgehängt hat, Hosen und Kleider und Unterwäsche brennen an Leinen, die selbst Feuerschnüre sind. Blätter und Rinde regnen herab; brennende Glut fällt auf Carlas Nacken, und sie schreit vor Schmerzen. Fred schlägt die Glut weg, während er sie den Hang hinunter zum Wasser trägt.
    Tu das nicht! kreische ich. Ich weiß, daß es nicht in meiner Macht steht, etwas zu verändern, aber ich schreie trotzdem und versuche trotzdem, es zu ändern. Kämpf dagegen an! Um Himmels willen, kämpf dagegen an!
    Daddy, wer ist der Mann? fragt Carla und zeigt auf mich, während das grüne Schindeldach des Deanschen Hauses Feuer fängt.
    Fred schaut

Weitere Kostenlose Bücher