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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wieder nach Weinen zumute, daher stieg ich aus dem Auto aus und schlug die Tür fest hinter mir zu, als könnte ich auf diese Weise die Traurigkeit drinnen einsperren.

Kapitel 8
    Buddy Jellison war tatsächlich ganz der alte - dieselbe schmutzige weiße Kochuniform und fleckige weiße Schürze, dasselbe schwarze Haar unter einer Papiermütze mit Flecken von Rinderblut oder Erdbeersaft. Wie es aussah, hatte er sogar noch dieselben Kekskrümel in seinem struppigen Schnurrbart. Er war vielleicht fünfundfünfzig, vielleicht siebzig, was bei einigen in genetischer Hinsicht bevorzugten Männern immer noch innerhalb der weitesten Grenzen mittleren Alters zu liegen scheint. Er war hünenhaft und ungeschlacht - wahrscheinlich einsneunzig groß und hundertvierzig Kilo schwer - und ganz genauso voller Anmut, Witz und joie de vivre wie vor vier Jahren.
    »Wollen Sie eine Speisekarte, oder erinnern Sie sich noch?« grunzte er, als wäre ich gestern zum letztenmal hier gewesen.
    »Machen Sie immer noch den Villageburger Deluxe?«
    »Scheißt ein Bär immer noch im Wald?« Blasse Augen sahen mich an. Keine Beileidsbekundung, was mir nur recht war.
    »Wahrscheinlich. Ich nehme einen mit allem - einen Villageburger, keinen Bären - und ein Schokoladenfrappé. Schön, Sie wiederzusehen.«
    Ich hielt ihm die Hand hin. Er sah überrascht aus, berührte sie aber mit seiner eigenen. Im Gegensatz zu Kochuniform, Schürze und Mütze war die Hand sauber. Sogar die Nägel waren sauber. »Jau«, sagte er und drehte sich zu der blassen Frau um, die neben dem Grill Zwiebeln schnitt. »Villageburger, Audrey«, sagte er. »Zieh ihn durch den Garten.«
    Normalerweise gehöre ich zu den Leuten, die am Tresen sitzen, aber an dem Tag belegte ich eine Nische beim Kühlschrank und wartete auf Buddys Ruf, daß das Essen fertig sei - Audrey bearbeitet die Bestellungen, bedient aber nicht. Ich wollte nachdenken, und Buddy’s war ein guter Platz dafür. Zwei Einheimische aßen Sandwiches und tranken alkoholfreie Getränke direkt aus der Dose, aber das war auch
schon alles; die Leute in den Sommerhäusern würden lieber verhungern, als im Village Café zu essen, und selbst dann würde man sie wahrscheinlich schreiend und strampelnd zur Tür hereinzerren müssen. Der Boden bestand aus verblichenem grünem Linoleum mit einer gewellten Topographie von Bergen und Tälern. Nicht allzu sauber, wie Buddys weiße Kleidung (die Sommergäste, die sich hierher verirrten, sahen seine Hände wahrscheinlich gar nicht). Die Holzbalken waren fettig und dunkel. Darüber, wo der Verputz anfing, befanden sich eine Reihe von Stoßstangenaufklebern - Buddys Vorstellung von Dekoration.
    HUPE KAPUTT - ACHTEN SIE AUF DEN FINGER.
    FRAU UND HUND ENTLAUFEN. FINDERLOHN FÜR DEN HUND.
    ES GIBT KEINEN STADTBEKANNTEN SÄUFER HIER, WIR WECHSELN UNS AB.
    Humor ist fast immer Wut mit Schminke darüber, finde ich, aber in Kleinstädten ist die Schminke mitunter ziemlich dünn. Drei Deckenventilatoren rührten apathisch die heiße Luft um, und links vom Kühlschrank mit den alkoholfreien Getränken hingen zwei Fliegenfänger, beide üppig mit Wildtieren überzogen, von denen einige noch kläglich zappelten. Wenn man sich das ansehen und trotzdem essen konnte, hatte man wahrscheinlich eine prima Verdauung.
    Ich dachte an die Ähnlichkeit der Namen, die gewiß Zufall war, Zufall sein mußte . Ich dachte an ein junges, hübsches Mädchen, das mit sechzehn oder siebzehn Mutter und mit neunzehn oder zwanzig Witwe geworden war. Ich dachte daran, wie ich aus Versehen ihre Brust berührt hatte und wie die Welt über Männer um die Vierzig urteilte, die plötzlich die faszinierende Welt junger Frauen und ihrer Accessoires entdeckten. Am meisten aber dachte ich über das merkwürdige Erlebnis nach, als Mattie mir den Namen des Mädchens gesagt hatte - dieses Gefühl, als wären mein Mund und Hals plötzlich mit kaltem, mineralhaltigem Wasser überflutet worden. Diesem Schwall .
    Als mein Burger fertig war, mußte Buddy zweimal rufen. Als ich ihn holen ging, sagte er: »Sind Sie hergekommen, um länger zu bleiben oder um Ihren Haushalt aufzulösen?«

    »Warum?« fragte ich. »Haben Sie mich vermißt, Buddy?«
    »Nö«, sagte er, »aber Sie stammen wenigstens aus dem Staat. Wußten Sie, daß ›Massachusetts‹ Piscataqua für ›Arschloch‹ ist?«
    »Sie sind so lustig wie immer«, sagte ich.
    »Jau. Ich werde beim Scheiß-Letterman auftreten. Ihm erklären, warum Gott den Möwen Flügel gegeben

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