Sara
hat.«
»Warum denn, Buddy?«
»Damit sie es vor den Scheiß-Franzosen zur Müllkippe schaffen.«
Ich nahm eine Zeitung vom Halter und einen Strohhalm für mein Frappé. Dann machte ich einen Umweg zum Münztelefon, klemmte die Zeitung unter den Arm und schlug das Telefonbuch auf. Man konnte tatsächlich damit herumlaufen, es war nicht am Apparat festgebunden. Aber wer würde schließlich auch ein Telefonbuch von Castle County stehlen wollen?
Es gab über zwanzig Devores, was mich nicht sehr überraschte - es ist einer dieser Namen wie Pelkey oder Bowie oder Toothaker, über die man immer wieder stolperte, wenn man hier oben lebte. Ich schätze, es ist überall dasselbe - manche Familien vermehren sich stärker und kommen nicht so herum, das ist alles.
Ein Devore war mit dem Vermerk ›RD Wsp Hll Rd‹ eingetragen, aber keine Mattie, Mathilda, Martha oder M. Ein Lance. Ich studierte das Deckblatt des Telefonbuchs und sah, daß es sich um die Ausgabe 1997 handelte, gedruckt und verschickt, als Matties Mann noch unter den Lebenden weilte. Okay … aber da war noch etwas mit dem Namen. Devore, Devore, laßt uns die berühmten Devores preisen; wofür seid Ihr, Devore? Aber ich kam nicht darauf, was es war.
Ich aß meinen Hamburger, trank meine flüssige Eiscreme und versuchte nicht zu sehen, was am Fliegenfänger kleben geblieben war.
Während ich darauf wartete, daß die blasse, schweigsame Audrey mir mein Wechselgeld gab (im Village Café konnte man für fünfzig Dollar immer noch eine Woche lang essen … das heißt, wenn es die Blutgefäße aushielten), las ich den Aufkleber
an der Registrierkasse. Ein weiteres Buddy Jellison Special: DER CYBERSPACE HAT MIR SOLCHE ANGST GEMACHT, DASS MIR EIN DOWNLOAD IN DIE HOSE GING. Ich krümmte mich nicht gerade vor Heiterkeit, aber es lieferte immerhin den Schlüssel für ein Rätsel des Tages: warum der Name Devore mir nicht nur bekannt, sondern beziehungsvoll vorgekommen war.
Ich war finanziell gut gestellt, nach den Maßstäben vieler sogar reich. Aber es gab mindestens einen Menschen mit Beziehungen zum TR, der nach den Maßstäben aller reich war, nach den Maßstäben der meisten Einheimischen der Region um den See sogar unanständig reich. Das heißt, wenn er noch aß, atmete und auf Erden wandelte.
»Audrey, lebt Max Devore noch?«
Sie lächelte mir verhalten zu. »Oh, ja-ha. Aber wir sehen ihn nicht oft hier bei uns.«
Das brachte mich zum Lachen, was Buddys gesammelte Scherzaufkleber nicht geschafft hatten. Audrey, die immer einen gelblichen Teint gehabt hatte, inzwischen aber wie eine Anwärterin auf eine Lebertransplantation aussah, kicherte ebenfalls. Buddy warf uns vom anderen Ende der Theke, wo er ein Flugblatt über das NASCAR-Rennen in Oxford Plains las, den mißbilligenden Blick einer Bibliothekarin zu.
Ich fuhr in die Richtung zurück, aus der ich gekommen war. Ein großer Hamburger ist keine gute Mahlzeit mitten an einem heißen Tag; man wird schläfrig und geistig träge. Ich wollte nur nach Hause (ich war noch keine vierundzwanzig Stunden da und betrachtete es schon als mein Zuhause), mich im Schlafzimmer im Nordflügel unter dem kreisenden Ventilator auf das Bett werfen und zwei Stunden schlafen.
Als ich an der Wasp Hill Road vorbeikam, fuhr ich langsamer. Die Wäsche hing lustlos an der Leine, im Vorgarten lagen Spielsachen verstreut, aber der Scout war nicht mehr da. Mattie und Kyra hatten ihre Badehösis angezogen, vermutete ich, und waren zum öffentlichen Strändchen aufgebrochen. Ich mochte sie beide, sogar sehr. Matties kurzlebige Ehe hatte sie wahrscheinlich irgendwie mit Max Devore in Verbindung gebracht, aber wenn ich mir den rostigen Wohnwagen, die ungepflasterte Einfahrt und den vertrockneten Rasen im Vorgarten
ansah und an Matties ausgebeulte Shorts und das Woolworth-Top dachte, kam ich zu dem Schluß, daß es keine besonders innige Verbindung sein konnte.
Bevor er sich Ende der achtziger Jahre nach Palm Springs in den Ruhestand zurückgezogen hatte, war Maxwell William Devore eine treibende Kraft der Computerrevolution gewesen. Das ist vorwiegend eine Revolution junger Leute, aber Devore hatte sich als Golden Oldie nicht schlecht geschlagen - er kannte das Spielfeld und beherrschte die Regeln. Er hatte angefangen, als Informationen noch auf Magnetband gespeichert wurden statt auf Mikrochips und ein UNIVAC von der Größe einer Lagerhalle als neuester Stand der Technik galt. Er sprach COBOL fließend und FORTRAN wie ein
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