Sara
mit dem ›Rumtreiben im Wald‹, wie er sich ausdrückte, vorbei mit der Vaterschaft und vorbei mit der Liebe zu der wunderschönen Prinzessin. Ein jähes Ende von vielen, kein ›Und wenn sie nicht gestorben sind‹.
Bill Dean beschrieb ihre Begegnung nicht detailliert; er sagte nur: »Sie haben sich am Softballplatz kennengelernt - sie hat das Bier gebracht, und er hat ihr aus einer Schlammpfütze rausgeholfen, in der der Karren festgefahren war.«
Mattie sagte nie etwas über diesen Teil, daher weiß ich auch nicht viel. Nur weiß ich’s doch … manche Einzelheiten sind vielleicht falsch, aber ich mache jede Wette mit Ihnen, daß ich mir die meisten richtig zusammengereimt habe. Das war der Sommer, in dem ich Sachen wußte, die mich eigentlich nichts angingen.
Zunächst einmal ist es heiß -’94 ist der heißeste Sommer des Jahrzehnts und Juli der heißeste Monat des Sommers. Präsident Clinton wird von Newt und den Republikanern vorgeführt. Die Leute sagen, der alte Slick Willie kandidiert vielleicht
nicht einmal für eine zweite Amtszeit. Gerüchten zufolge liegt Boris Jelzin entweder mit einer Herzkrankheit im Sterben oder in einer Entziehungsklinik. Die Red Sox stehen besser da, als sie rechtmäßigerweise dürften. In Derry verspürt Johanna Arlen Noonan morgens vielleicht eine kleine Übelkeit. Wenn ja, spricht sie mit ihrem Mann nicht darüber.
Ich sehe Mattie in ihrem blauen Polohemd, das ihren Namen in weißer Schrift über der linken Brust eingestickt trägt. Ihre weißen Shorts bilden einen angenehmen Kontrast zu den braungebrannten Beinen. Ich sehe auch, daß sie eine blaue Mütze mit dem roten W für Warrington’s über dem langen Schirm trägt. Ihr hübsches dunkelblondes Haar ist durch die Öffnung hinten an der Mütze gezogen und fällt auf den Hemdkragen. Ich sehe, wie sie versucht, den Handkarren aus dem Schlamm zu ziehen, ohne das Faß Bier umzukippen. Sie hat den Kopf gesenkt; der Schatten der Schirmmütze verhüllt ihr ganzes Gesicht, ausgenommen den Mund und das spitze, entschlossene Kinn.
»L-l-laß m-m-mich d-d-dir helfen«, sagt Lance, und sie schaut auf. Der Schatten der Mütze verschwindet, er sieht ihre großen blauen Augen - die sie ihrer Tochter vererben wird. Ein Blick in diese Augen, und der Krieg ist vorbei, ohne daß ein einziger Schuß abgefeuert worden wäre; er gehört ihr, wie nur je irgendein junger Mann einer jungen Frau gehörte.
Der Rest war, wie sie hier in der Gegend sagen, reine Formsache.
Der alte Mann hatte drei Kinder, aber Lance war das einzige, an dem ihm etwas zu liegen schien (»Die Tochter ist verrückter als’ne Scheißhausratte«, sagte Bill nüchtern. »Sitzt in einer Klapsmühle in Kalifornien. Soweit ich gehört habe, hat sie auch Krebs.«) Die Tatsache, daß sich Lance nicht für Computer und Software interessierte, schien seinen Vater sogar zu freuen. Er hatte einen anderen Sohn, der imstande war, das Geschäft zu führen. Zu etwas anderem jedoch war Lance Devores älterer Halbbruder nicht imstande: Er würde dem Alten keine Enkel zeugen.
»Warmer Bruder«, sagte Bill. »Soweit ich weiß, gibt es davon eine ganze Menge in Kalifornien.«
Ich nahm an, daß es auch im TR eine nicht unerhebliche Anzahl davon gab, dachte mir aber, es wäre nicht meine Sache, meinen Hausmeister in sexuellen Fragen aufzuklären.
Lance Devore hatte das Reed College in Oregon besucht und seinen Abschluß in Waldwirtschaft gemacht - ein Typ, der sich in grüne Flanellhosen, rote Hosenträger und den Anblick eines Kondors bei Dämmerung verliebt. Ein Holzfäller aus einem Grimmschen Märchen, wenn man das akademische Kauderwelsch wegließ. Im Sommer zwischen seinem Grund- und Hauptstudium hatte sein Vater ihn auf das Anwesen der Familie in Palm Springs beordert und ihm einen prallvollen Aktenkoffer mit Karten, Luftbildern und Dokumenten vorgelegt. Lance konnte keine Ordnung darin erkennen, aber ich bezweifle, daß ihn das gestört hat. Stellen Sie sich einen Sammler von Comic-Heften vor, der eine ganze Kiste voll seltener alter Ausgaben von Donald Duck bekommt. Stellen Sie sich einen Filmsammler vor, der den Rohschnitt eines Films mit Humphrey Bogart und Marilyn Monroe bekommt, der nie in die Kinos gelangt ist. Und dann stellen Sie sich diesen begeisterten jungen Waldhüter vor, dem klar wird, daß sein Vater nicht nur Hektar oder Quadratmeilen der riesigen uneingemeindeten Wälder im westlichen Maine besaß, sondern ganze Landstriche .
Obwohl Max Devore das TR
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