Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
ein wenig anstrengen würdest, dann müssten deine Augen langsam auch in der Dunkelheit sehen können. Aber ich denke bei deinem Willen, dauert das alles noch eine kleine Weile.“
Er griff in seine Jackentasche und kramte Marys alte Taschenlampe heraus.
„Verdammt, du klaust also auch noch.“
Ich schnaubte, er hätte sie wenigstens fragen können, anstatt sich an ihrem Eigentum zu bereichern.
„Ich klaue nicht, ich habe sie mir lediglich in weiser Voraussicht geliehen“, erwiderte er mit einem schelmischen Grinsen und mit einem Satz verschwand er in der Tiefe, die vor uns lag.
„Komm schon, du Angsthase.“
Mir bleibt aber auch nichts erspart.
Dem Lichterkegel der kleinen Lampe folgend, tapste ich mal wieder unsicher hinterher. Der modrige Geruch des Erdreichs stieg mir unangenehm in die Nase und meine Lungenflügel meldeten Atemnot. Je tiefer wir die Stufen hinab stiegen, desto dünner wurde die Luft.
„Und was ist, wenn sie uns nicht sehen will?“ hechelte ich und zupfte an Lionels Jacke.
„Konzentriere dich auf deine Atmung. Du hast die Macht über deinen Körper, lass dich nicht ständig von anderen Dingen ablenken. Deine Gedanken haben mehr Macht über dich, als du ahnst. Ändere sie!
Denk an einen klaren Bergsee, das schenkt deinen Lungen mehr Kapazität und atme ruhig und flach.“
Wenn meine Gedanken Macht hätten, wäre ich längst Lottomillionär oder läge in diesem Moment auf Bora Bora und würde mir die Sonne auf den Pelz brutzeln lassen.
Lionel blieb abrupt stehen und hielt mir die Lampe direkt ins Gesicht.
„Um eines klar zu stellen, wenn wir unten sind, dann tu, was ich dir sage. Reiß dich zusammen und beherrsche dich.“
„Ist ja gut“, blinzelnd schob ich seinen Arm von mir.
„Du hast wirklich einen Knall. Durchgeknallter Vampir, ich hab mir den ganzen Mist hier doch nicht ausgedacht und ich habe auch nicht darum gebettelt mit hier hinunter zu klettern. Langsam nervst du mich gewaltig.“
In meiner Stimme kämpften Wut und Vernunft miteinander und ich boxte ihm gegen die Schulter, um mich zu entladen.
Ein knurrender Laut drang aus seiner Kehle und ich zog schnell meinen Arm wieder zurück.
„Okay, lassen wir das, ist ein wenig zu eng, um sich hier zu prügeln.“
Bevor ich weiter sprechen konnte, hatte er meine Hüften gepackt und presste seine Lippen auf meine. Kalter Atem floss in mich hinein und zwei harte Spitze Gegenstände drückten meine Lippen gegen meine eigenen Zähne. Ich starrte in zwei golden leuchtende Augen und spürte seine ausgefahrenen Eckzähne.
„Oh oh, du bist aber heute leicht reizbar“, entwich es mir mit zitternder und flüsternder Stimme.
„Lass gut sein und geh doch einfach weiter“, ich schob seinen Brustkorb sachte von mir.
Er drehte sich um und lief die letzten Stufen hinab.
„Ich werde immer besser, ich kann mich beherrschen, ich bin ja doch der Größte.“ triumphierte er leise.
Von wegen, Größenwahn beschreibt dein Verhalten eher, ich lösch irgendwann dein letztes Lichtlein aus.
Nachdem wir die Treppe hinter uns gelassen hatten und der Boden unter meinen Füßen wieder eben wurde, nahm ich erste, künstliche Lichtstrahlen wahr.
Je mehr wir uns dieser Quelle näherten, desto besser konnte man die dünnen Neonlampen erkennen, die an den blanken Wänden angebracht waren. Ich blickte mich erstaunt um. Wir standen in einer Art Bunker, umgeben von dicken Betonwänden. Die Decke wurde von großen, stählernen Balken abgestützt.
Was in Gottes Namen ist das hier?
Vor uns lag eine weitere Wand in der eine Eisentüre eingefasst war.
„Das ist doch jetzt nicht mehr wahr, oder? Was zum Kuckuck geschieht hier?“
Lionel schritt auf die Türe zu und tastete mit seinen Blicken Decke und Wände ab. Mit dem Kopf deutete er auf einen schwarzen Punkt schräg über uns.
„Siehst du die Linse? Helene beobachtet uns.“
Dann blickte er sich noch einmal suchend um und flüsterte: „Alles hat sich hier verändert. Seltsam….“
Ich schüttelte angenervt mit dem Kopf.
„Ihr seid doch alle krank, jeder auf seine Weise. Wir sind doch hier nicht in Hollywood und vor was fürchtet sie sich denn in diesem Loch?“
Lionel legte seine Hand auf meine Schulter, ignorierte meine Frage und ging lediglich auf meine Aussage ein: „Wir? Nicht jeder ist neurotisch, aber du hast davon zumindest einige Züge, die hast du sicher von deinem Erzeuger geerbt.“
Von irgendwo her erklang ein Summen und die Lichter wurden langsam schwächer. Neben
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