Sarah Maclean
gehen."
„Woher wissen Sie das?"
„Ich weiß es einfach."
Er konnte in ihrer Stimme hören, wie wenig sie selbst von
ihren Reizen überzeugt war, ignorierte das aber. „Warum jetzt?
Warum warten Sie nicht darauf, dass ein Mann zu Ihnen kommt
und Sie ... im Sturm erobert?"
Sie lachte kurz auf. „Falls dieser Mann, von dem Sie spre-
chen, je die Absicht hatte, zu mir zu kommen, Mylord, dann hat
er sich unterwegs wohl verlaufen. Ich bin achtundzwanzig und
habe einfach keine Lust mehr zu warten."
„Vielleicht sollten Sie die Seiten Ihres Wesens, die Sie mir
heute Abend offenbart haben, auch in der Öffentlichkeit zei-
gen?", meinte er. „Ich muss zugeben, dass ich Sie weitaus in-
teressanter finde, als ich Ihnen aus der Ferne zugetraut hätte,
Mylady, und Interesse ist der Grundstein der Begierde."
Seine Worte trafen ins Schwarze, und ihr stieg erneut das
Blut in die Wangen. Ralston konnte nicht leugnen, dass er diese
unerwartete Wendung genoss. Tatsächlich war dies genau das,
was er brauchte, um sich von Julianas bevorstehender Einfüh-
rung in die Gesellschaft abzulenken.
Doch gleich darauf meldete sich ein anderer Gedanke.
Lady Calpurnia Hartwell war die Lösung seiner Probleme.
Und sie hatte sich an genau demselben Tag auf seiner Tür-
schwelle - nein, in seinem Schlafzimmer - präsentiert, an dem
seine Schwester bei ihm eingetroffen war. Das erfüllte ihn mit
großer Befriedigung.
Er würde sie küssen. Und dafür eine Gegenleistung verlan-
gen.
„Ich frage mich, ob Sie wohl bereit wären, einen kleinen Han-
del abzuschließen?"
Callie sah ihn skeptisch an. „Einen kleinen Handel?" Sie trat
einen Schritt zurück, um Abstand zu gewinnen. „Was für einen
Handel?"
„Nichts Schlimmes, auch wenn Sie das offenbar befürchten.
Wissen Sie, wie sich herausstellte, habe ich eine Schwester."
Sie machte große Augen. „Eine Schwester, Mylord?"
„Ja, mich hat das selbst ziemlich überrascht." Er erzählte
kurz, was sich an diesem Tag ereignet hatte - Julianas Ankunft,
seine Entscheidung, sie nicht als entfernte Verwandte auszuge-
ben, sondern als Schwester anzuerkennen, sein Entschluss, eine
Gönnerin mit makellosem Ruf für sie zu finden, die ihr den Weg
in die Gesellschaft ebnen würde.
„Wie Sie sehen, trifft es sich wirklich günstig, dass Sie heu-
te Abend hierhergekommen sind. Sie sind die perfekte Lösung.
Vorausgesetzt natürlich, Sie haben es sich nicht zur Gewohn-
heit gemacht, unverheiratete Gentlemen zu nachtschlafender
Stunde aufzusuchen."
Sie lachte verlegen. „Nein, Mylord. Sie waren der erste."
Er hatte schon gewusst, dass dies der Fall war, und nahm sich
insgeheim vor, noch herauszufinden, was diesen nächtlichen Be-
such veranlasst hatte. „Und auch der letzte, hoffe ich, zumindest
bis Juliana erfolgreich in die Gesellschaft eingeführt ist."
„Ich habe mich noch nicht bereit erklärt, Ihnen diesen Gefal-
len zu tun."
„Aber Sie werden es." Sein Ton war arrogant. „Und als Lohn
bekommen Sie Ihren Kuss."
„Verzeihen Sie", sagte sie amüsiert, „aber Sie scheinen eine
übertriebene Vorstellung vom Wert Ihrer Küsse zu haben."
Er legte den Kopf schief, zum Zeichen, dass er ihren Einwand
akzeptierte. „Also schön. Nennen Sie Ihren Preis."
Callie sah nachdenklich zur Decke hinauf, ehe sie erwiderte:
„Der Kuss reicht fürs Erste, aber ich habe dann noch einen Ge-
fallen bei Ihnen gut."
„Dann stehe ich in Ihrer Schuld?"
Sie lächelte. „Betrachten Sie es als Geschäftsabkommen."
Er hob eine Augenbraue. „Ein Geschäftsabkommen, das mit
einem Kuss beginnt."
„Als einzigartiges Geschäftsabkommen." Erneut wurde sie
rot.
„Sie scheinen über Ihre eigene Kühnheit erschrocken", sagte
er.
Sie nickte. „Ich bin mir nicht ganz sicher, was da über mich
gekommen ist."
Wieder einmal war er von ihrer Ehrlichkeit überrascht. „Also
schön, Mylady, ich nehme Ihre Bedingungen an. Sie sind eine
formidable Verhandlungspartnerin!" Er ging auf sie zu, seine
Stimme nahm ein verführerisches Timbre an. „Wollen wir es
also mit einem Kuss besiegeln?"
Callie hielt den Atem an und verkrampfte sich. Ralston lä-
chelte über diese offensichtliche Unruhe. Er strich mit einem
Finger an ihrem Haaransatz entlang, steckte ihr sanft eine
vorwitzige Locke hinter das Ohr. Aus großen, braunen Augen
sah sie ihn an, und er verspürte einen Stich Zärtlichkeit in der
Brust. Er beugte sich vor, langsam, wie um sie nicht zu
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