Sarah Maclean
einen verärgerten Blick zu. „Ich
habe vor, im Übungsraum zu fechten. Mit einem Sandsack."
Lag es an ihr, oder sah Mariana wirklich enttäuscht aus? „Zum
Dinner bin ich zurück."
„Wenn nicht...", begann Mariana.
„Ich werde da sein." Callie strich ihren Überrock glatt. „Wenn
du mir jetzt helfen würdest, aus dem Haus zu kommen. Ich habe
eine Verabredung mit dem Fechtclub."
Mariana klatschte wieder in die Hände, ganz aufgeregt über
Callies Abenteuer. Sie sprang vom Bett und drückte Callie an
sich. „Ich bin so stolz auf dich, Schwesterherz. Ich kann es gar
nicht erwarten, bis du wieder zurück bist mit Geschichten vom
Fechten!" Sie trat einen Schritt zurück und nahm kichernd die
en-garde-Haltung ein. „Oh, Callie! Wie ich dich beneide!", sag-
te sie träumerisch.
Callie schüttelte den Kopf über diese Bemerkung und nahm
dann von Anne Stock und Handschuhe entgegen. Ja, ich bin
wirklich beneidenswert. Eine alte Jungfer mit neu gefundenem
Hang, ihren Ruf zu ruinieren.
Allerdings hatte es den Anschein, als betrachtete Mariana sie
nicht länger als jemand, der sein ganzes Leben nur abwartete.
Das war immerhin etwas.
Callie atmete tief durch, um sich Mut zu machen, als die
Kutsche vor Benedicks Fechtclub zum Stehen kam.
Nachdem sie einige Augenblicke vergeblich darauf
gewartet hatte, dass der Kutscher den Schlag öffnete und ihr
heraushalf, wurde ihr klar, dass er dergleichen für einen Mann
nicht tun würde, und so kletterte sie aus der Droschke und lan-
dete unbeholfen auf der Straße. Verstohlen blickte Callie sich
nach den anderen Gentlemen vor dem Club um. Sie erkannte
den Earl of Sunderland, der direkt auf sie zuhielt, und wand-
te rasch den Kopf ab, voll Furcht, dass er sie erkennen könnte.
Doch er ging einfach an ihr vorüber, ohne auf sie zu achten,
und so stieß sie den Atem aus, den sie unwillkürlich angehal-
ten hatte.
Während sie sich dem Clubeingang näherte, dachte sie daran,
mit dem Stöckchen zu wirbeln, als wäre er eine Verlängerung
ihres Arms und nicht irgendein lästiges Ding, das sie tragen
musste. Die Tür ging auf, innen stand ein Lakai und betrachtete
sie desinteressiert. Die Verkleidung funktionierte!
Sie betrat die Eingangshalle, sprach ein kurzes Dankesge-
bet, sobald sie sah, dass sie bis auf den Verwalter des Fecht-
clubs leer war. Der Mann sprach sie sofort an. „Sir, kann ich
Ihnen helfen?"
Nun kam das Schwierigste.
Sie räusperte sich, schlug den tiefen Ton an, in dem sie sich
geübt hatte. „Das können Sie." Jetzt gab es kein Zurück mehr.
„Ich bin Sir Marcus Breton aus Borrowdale. Bis vor Kurzem
war ich in Cambridge. Ich bin neu in der Stadt und suche einen
geeigneten Fechtclub."
„Tatsächlich, Sir?" Der Verwalter schien zu erwarten, dass
sie fortfuhr.
„Ich liebe das Florett", platzte sie heraus, da sie nicht recht
wusste, was sie sonst sagen sollte.
„Wir dürfen uns rühmen, über die besten Fechträume in ganz
London zu verfügen, Sir."
„Das habe ich von Freunden auch gehört." Der Blick des Ver-
walters verriet höfliche Neugierde, und Callie erkannte, dass sie
das weiter ausführen musste. „Von Allendale zum Beispiel."
Benedick zu erwähnen öffnete ihr Tür und Tor. Der Verwal-
ter neigte freundlich den Kopf und sagte dann: „Wir heißen
natürlich jeden Freund des Earls bei uns willkommen. Möch-
ten Sie den Übungsraum aufsuchen und unsere Anlage aus-
probieren?"
Gott sei Dank. Callie stürzte sich auf das Angebot. „Das wür-
de ich sehr gern."
Der Verwalter verneigte sich und wies ihr mit einer Geste
den Weg durch eine Mahagonitür. Jenseits der Tür lag ein lan-
ger, schmaler Flur, von dem zu beiden Seiten nummerierte Tü-
ren abgingen. „Das sind die Übungsräume", erklärte der Ver-
walter. Dann bog er um eine Ecke und zeigte auf eine große
Tür. „Das ist der Clubraum. Wenn Sie Ihre Fechtkleidung an-
gezogen haben, können Sie dort auf ein anderes Mitglied zum
Üben warten."
Callies Augen weiteten sich bei der Vorstellung, einen Raum
voller Männer zu betreten, von denen eine ganze Reihe sie er-
kennen könnten. Sie unterdrückte ihre Furcht und gab sich
Mühe, so ruhig wie möglich zu antworten. „Und wenn ich kei-
nen Partner möchte? Haben Sie auch einen Raum, in dem man
am Sandsack üben könnte?"
Der Verwalter warf ihr einen fragenden Blick zu und sagte:
„Aber ja, Sir. Sie können Raum sechzehn benutzen. Wenn Sie
Ihr Einzeltraining beendet haben
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