Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
Marie mit hoch erhobenem Schwanz entgegen. Sie ging in die Knie und streichelte die schwarze Halbangora, die schnurrend um ihre Beine strich.
» Und? Wem hast du heute wieder Glück gebracht, meine Schöne? «
Schwarze Katzen brachten Glück, war Sarah überzeugt. Dabei hatte Marie selbst Glück gehabt, dass Sarah sie als kleines Kätzchen im Müll gefunden und mit nach Hause genommen hatte. Damals war sie ein halbtotes verschmutztes Etwas gewesen, heute war sie eine stolze Schönheit.
Chris’ Zimmertür stand offen. Er zog sich gerade ein T-Shirt über. Sarah ging in die Küche, gab Marie zu fressen, öffnete eine Flasche Weißwein und begann, fürs Abendessen zu kochen.
» Hast du noch Zeit? « , rief sie aus der Küche. » Ich war einkaufen. Es gibt Safran-Risotto. «
Chris rief ein » Ja « zurück, und Sarah deckte den Tisch.
Während des Essens besprachen sie, ob sie zu Allerheiligen gemeinsam ans Grab ihrer Eltern gehen sollten oder ob sie das Gesteck lieber vor dem Feiertag hinbringen und sich den Rummel ersparen sollten.
» Ich mag den Menschenauflauf auf dem Friedhof nicht. Dieser Feiertag macht mich immer ganz krank « , erklärte Chris und sprach Sarah damit aus der Seele. Sie beschlossen, das Grab schon am kommenden Wochenende zu besuchen und mit winterhartem Heidekraut zu bepflanzen.
» Hast du dir eigentlich schon überlegt, wie du deinen dreißigsten Geburtstag feiern willst? « , fragte Chris.
Sarah hob die Hand. » Fang du nicht auch noch damit an, Chris. Ich weiß nicht mal, ob ich ihn feiern will. «
» Du musst ihn feiern. Ich verlass’ mich darauf. Schenkt David dir dieses Jahr rote Unterwäsche? « , wechselte er das Thema.
» Bis Silvester sind’s noch über zwei Monate. «
» Ich weiß. Aber wenn David sie dir nicht schenkt, muss ich welche kaufen, und ich wüsste das ganz gerne, bevor der Weihnachtswahnsinn ausbricht. «
» Du kannst sie noch immer zwischen Weihnachten und Neujahr kaufen. Müssen wir das jetzt besprechen? «
» Ich will’s ja nur rechtzeitig wissen. «
» Seit wann planst du so weit vor? Früher bist du am 31. morgens nach deiner Schicht in den nächstbesten Laden gegangen und hast dir irgendeine Unterwäsche geschnappt. «
Chris druckste verlegen herum und gab sich schließlich einen Ruck.
» Ich werde dieses Jahr Silvester nicht hier sein. «
Sarah sah ihn überrascht an.
» Ich fahre mit ein paar Freunden nach Tirol, Skilaufen. «
» Wann? « Sarah schluckte. Das wäre das erste Silvester ohne ihn seit dem Tod ihrer Eltern.
» Nach den Weihnachtsfeiertagen. «
Sarah lächelte tapfer. » Gut. Dann kauf die Unterwäsche bald, ich leg’ sie dann bis Silvester in den Schrank. «
Nachdem Chris gegangen war, räumte Sarah ein wenig auf, stopfte Wäsche in die Maschine, säuberte das Katzenklo, duschte, hängte die saubere Wäsche auf die ausziehbare Leine über der Badewanne. Die Hausarbeit machte ihr den Kopf frei. Dann zog sie sich frische Kleidung an und verließ kurz vor neun Uhr ihre Wohnung.
Das Panorama war für einen Dienstagabend gut besucht. Sarah und Gabi bekamen von Chris den letzten freien Tisch zugewiesen. Sie saßen gegenüber der Bar. Dadurch hatten sie das ganze Lokal im Blick, denn hinter der Bar hing ein großer Spiegel.
Chris wartete ihre Bestellung erst gar nicht ab, sondern stellte zwei Gläser Chardonnay auf den Tisch und schenkte ihnen ein charmantes Lächeln.
» Geht aufs Haus, Schwesterherz. «
Gabi lächelte zurück. Vielleicht aus Höflichkeit, vielleicht in Erinnerung an die eine Nacht, die sie und Chris miteinander verbracht hatten. Sarah wollte es nicht so genau wissen.
» Kommt David auch? « , fragte Gabi, nachdem Chris wieder hinter der Bar verschwunden war.
» Nein. «
» Warum nicht? «
» Warum soll er kommen, Gabi? Ich wollte heute mit dir fortgehen. Außerdem weißt du doch, dass David und ich nicht gemeinsam ins Panorama gehen. «
» Ich verstehe dich nicht. Warum diese Geheimnistuerei? «
» Es gibt gute Gründe dafür « , erwiderte Sarah. » Manche reagieren allergisch, wenn eine Kollegin was mit dem Chef hat. «
» Ich würde euer Verhältnis, wie du es nennst, eher als Beziehung bezeichnen. «
» Trotzdem. Glaub mir, im Moment ist es besser so « , sagte Sarah und spürte gleichzeitig einen diffusen Knoten im Magen, der ihr sagte, dass sie sich selber etwas vormachte.
Wie aufs Stichwort ging in dem Moment die Eingangstür auf, und Conny Soe schwebte in High Heels herein. Sissi folgte ihr auf
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