Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
Reaktion, die Conny wollte.
» Vor elf ist dort kaum etwas los. Ich treffe jetzt einen jungen Künstler, mache ein Interview mit ihm, und kurz vor Mitternacht brechen wir auf. «
Sie hatte ihren Satz noch nicht ganz beendet, als sie auch schon aufsprang und sich durch die Menge auf einen blonden Hünen zuschob.
» Wie der Kerl sie anstrahlt … Schau dir das an, Sarah! Der ist ja total verschossen in unsere Conny, der ist sicher mindestens zehn Jahre jünger als sie, was sagt man dazu? « , feixte Gabi und hob die Augenbrauen.
» Der kennt sie noch nicht gut genug « , lästerte Sarah. » Außerdem schreibt sie eine tolle Geschichte über ihn. Da würde ich auch strahlen, wenn ich ein junger unentdeckter Künstler wäre. Und solange er nur mit ihr reden muss und nicht … « Sie brach ab, weil sie beide laut kichern mussten.
» Dann würde er möglicherweise auf die Geschichte verzichten … « , prustete Gabi.
» … und sich denken, Augen zu und durch « , sagte Sarah. » Was sind wir nur für böse Weiber. Uns beide hätten sie früher womöglich als Hexen verfolgt. «
» Ja, dich ganz sicher, abergläubisch wie du bist. «
» Du musst grad reden! Wer hat mich denn gefragt, welche Schlüsse ich aus dunklen Wolken am Himmel ziehe? « , spielte Sarah auf eine Frage an, die ihr Gabi vor einiger Zeit gestellt hatte.
» Ein Mal. Ich habe dich nur ein einziges Mal gefragt. « Gabi grinste. » Immerhin bist du unsere Redaktionshexe. Hätte ja sein können, dass du dich da auskennst. «
Dann erzählte Sarah von dem Gespräch mit Romy Erlenberg.
» Irgendwie werde ich nicht ganz schlau aus ihr « , meinte sie abschließend. » Dass ein Unternehmer wie Brand seine Familie vernachlässigt, ist normal. Das tun ja die meisten in so einer Position, sonst wären sie wahrscheinlich nicht dort, wo sie sind. Was mir aber nicht eingeht, ist, dass sie so offen darüber gesprochen hat, mit mir, einer Fremden, die obendrein Journalistin ist. «
» Vielleicht ist es ihr ja wirklich egal. Vielleicht will sie ihre Familie sogar bloßstellen. So was soll’s geben. Wir könnten Conny fragen. Die kennt bestimmt irgendeine unschöne Geschichte über Philipp Brand oder Romy Erlenberg oder deren Mann « , sagte Gabi und betonte Connys Namen so, als spräche sie über Hekate, die Göttin der Hexen, persönlich.
» Hm, vielleicht werde ich das auch noch tun. Aber im Moment ist mir nicht danach « , blockte Sarah ab. Sie sah hinüber zum Tresen und gab ihrem Bruder ein Zeichen, zu ihnen zum Tisch zu kommen.
» Kennst du das Privat ? « , fragte sie ihn.
» Natürlich kenne ich das Privat. Wieso? «
» Weil wir heute da hingehen wollen. «
Er sah sie erstaunt an. » Ins Privat ? Du? Warum? Ich glaub nicht, dass es dir dort gefällt. «
» Warst du schon mal dort? «
Ihr Bruder zuckte die Achseln. » Wenn wir hier zusperren, hat ja nichts mehr offen. Ab und zu gehen wir noch auf einen Absacker hin. «
Sarah runzelte die Stirn. » Du gehst ins Privat ? Ich dachte … «
» Dass dort alle koksen? « Er lachte. » Keine Sorge, ich nehm’ kein Naserl, das ist nicht Pflicht, wenn man ins Privat geht. Man kommt auch so rein. Es ist eine ganz normale Nachtbar. «
» Hast du schon einmal gesehen, dass dort jemand kokst? «
» Ja, sicher. Ist ja ein offenes Geheimnis. Du musst nur aufs Klo gehen oder einen genauen Blick in die dunklen Nischen im hinteren Bereich des Lokals werfen. « Er grinste. » Manchmal wird da auch gefummelt oder geblasen, aber zumeist am Herrenklo, da kommst du ja nicht hin, Schwesterherz. «
Sie schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. » Du bist unmöglich, Chris. «
» Nein, ich mein’s ernst. Das kann im Privat durchaus vorkommen. Ist aber kein Puff, wenn du das jetzt glaubst. Kann auch sein, dass du gar nichts siehst. Stell dich einfach auf beides ein. Aber warum ist das so wichtig? «
» Ich bin da an einer Geschichte dran, von der ich noch nicht einmal weiß, ob es überhaupt eine Geschichte wird. Dass Oskar Brand tot ist, hast du sicher schon gehört oder gelesen … Irgendwie stimmt da etwas nicht. Ist aber nur so eine Ahnung. «
Chris legte besorgt die Stirn in Falten. » Du und deine Ahnungen. Hör bloß auf damit. Die haben dich schon öfter in Scheißsituationen geführt, Sarah. Bitte lass die Finger von irgendwelchen dubiosen Geschichten. Ich bitte dich. «
Ihr jüngerer Bruder hörte sich auf einmal wie ihr verstorbener Vater an.
» Sag mal, wer verkauft eigentlich das Kokain im
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