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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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bisschen peinlich.«
    »Na los, wir haben keine Zeit zu verlieren, nun komm schon.«
    Sie saßen dicht nebeneinander auf dem Sofa. Sarahs Mutter sah wie betäubt aus, als hätten sie ihr was zur Beruhigung gegeben. Und dunkle Augenringe hatte sie, mit denen sie älter aussah. Aber bis auf die Augenringe war sie immer noch hübsch. Dasselbe sanfte Lächeln wie Sarah auf dem Foto, schulterlange blonde Haare, und sie war schlank, die Jahre hatten sie nicht aus der Form gehen lassen. Ihr Mann war dagegen dicker und hatte einen harten Gesichtsausdruck, als würde er versuchen, einen Schmerz zu verbergen. Er redete ruhig, aber ab und zu zuckte seine Schulter, ein Tick.
    Wir saßen ihnen gegenüber auf einem kleineren Sofa. Der Commissario erklärte ihnen das mit der Autopsie, hektisch, weil wir wenig Zeit hatten. Der Vater fragte, ob wir was rausgefunden hatten, aber der Commissario blieb vage. Ich hab dann, nur um irgendwas zu sagen, gesagt, dass ich Sarah unten im Flur gefunden habe, aber meine Stimme zitterte, ich kam durcheinander und hielt lieber den Mund.
    Als wir aufstehen wollten, um uns zu verabschieden, gab uns die Mutter ein Zeichen, dass sie noch was sagen wollte, deshalb blieben wir sitzen und warteten.
    »Als die Nachricht kam«, sagte sie leise, »dachte ich, dass das ein Fehler sein müsste. Ich konnte es nicht glauben. Es kam mir vor …«
    Sie schwieg. Als ob sie vergessen hätte, was sie sagen wollte. Ihr Mann nahm ihre Hand und drückte sie.
    Wie ich sie so auf dem Sofa sah, so unglücklich, dachte ich, dass du kapierst, dass nichts auf der Welt logisch ist, wenn dein Kind stirbt. Du musst dich eh anstrengen, um das Leben zu begreifen, aber ein Kind auf diese Art zu verlieren, macht alles kaputt.
    »Sie war unser einziges Kind, unser einziges Kind«, sagte der Vater.
    Zuhause sind wir fünf, wenn da was passiert, hätte Mamma noch vier andere. Hier war nichts mehr zu machen. Gar nichts mehr.
    Der Commissario warf einen Blick auf die Uhr und wollte unbedingt verschwinden, wusste aber nicht, wie.
    »Sie war so schön«, sagte die Mutter lächelnd.
    Der Commissario schaute wieder auf die Uhr und entschloss sich aufzustehen.
    »Und jetzt schneiden sie sie uns auch noch in Stücke«, fügte die Mutter hinzu.
    »Sie ist nun mal tot«, sagte der Commissario.
    Ich zuckte zusammen und starrte ihn an. Was war denn mit dem los? Ich dachte, dass er vielleicht vor lauter Ungeduld, hier wegzukommen, das Erstbeste gesagt hatte, was ihm einfiel. Aber der Ton war barsch, als wäre es ihm egal. Sarahs Mutter verzog das Gesicht.
    »Es stimmt, sie ist tot«, murmelte sie.
    Einen Augenblick später stand sie auf und ging in die Küche. Der Vater blieb schweigend sitzen. Ich wurde rot. Damit es keiner merkte, senkte ich den Kopf und starrte auf meine Stiefel.
    »Ich wollte sagen«, korrigierte sich der Commissario etwas sanfter, »dass man später nichts mehr davon sieht. Und es hilft uns, zu verstehen, wer es war.«
    »Ja«, sagte der Vater kalt, »wir haben ein Recht darauf, das zu erfahren. So kann man nicht sterben, völlig sinnlos.«
    »Wir tun alles, was in unserer Macht steht, Herr Oberstleutnant«, sagte der Commissario. »Aber jetzt entschuldigen Sie uns bitte, wir müssen wirklich weiter.«
    Ich stand auch auf und folgte ihm zur Tür. Ich war so durcheinander, dass ich vergaß, mich zu verabschieden.

11.
    Im Auto sagte keiner ein Wort. Cipriani, weil er nervös war wegen dem, was uns bevorstand, der Commissario, weil er sowieso wenig redete, und ich grübelte immer noch über Sarahs Eltern.
    Auf der Autobahn war wenig Verkehr, und wir kamen gut voran, die weißen Streifen auf der Fahrbahn schossen schnell unter den Rädern hervor. Nach dem Vomero schlängelte sich die Straße durch den Zement der Hochhäuser, fast konnte man die Leute in ihren Wohnungen sehen. Ab und zu sah es so aus, als wäre auf der Straße vor uns eine Pfütze. Aber das war die Hitze, wie eine Fata Morgana in der Wüste. Das hatte ich mal im Fernsehen gesehen, aber vergessen, wie es funktioniert.
    Bei Casoria fuhren wir runter von der Autobahn. Wir folgten immer noch dem Wagen von Lo Masto, Scarano und Cardillo. Nach Afragola bog er ein paar Mal ab, plötzlich waren wir raus aus der Stadt. Wir wirbelten so viel Staub auf, dass wir die Fenster zumachen mussten, um nicht alles total einzusauen. Um uns rum überall Müll, Kühlschränke, Waschmaschinen und kaputte Fernseher. Ab und zu sah man ein Feld und Leute in der Sonne bei der Ernte. Sogar

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